Hunderte Häuser im Grenzgebiet eingestürzt

Zahl der Beben-Toten in Türkei und Syrien bei über 4.200

Dienstag, 07. Februar 2023 | 09:23 Uhr

Die Zahl der Todesopfer der verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist auf mehr als 4.200 gestiegen. Der Vorsitzende der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad, Yunus Sezer, gab in der Nacht zum Dienstag die Zahl der Toten im eigenen Land mit 2.921 an. Außerdem seien 15.834 “unserer Bürger” verletzt. In Syrien kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums sowie der Rettungsorganisation Weißhelme von Montagabend mindestens 1.300 Menschen ums Leben.

Afad warnte unterdessen vor weiteren Nachbeben. Ein Vertreter der Rettungsorganisation forderte Menschen in den betroffenen Regionen dazu auf, von beschädigten Gebäuden fernzubleiben, wie der Sender CNN Türk berichtete. Mehr als 5.600 Gebäude seien bei dem Beben bereits eingestürzt. Auch in Syrien stürzten mehr als 200 Häuser ein.

Dem türkischen Katastrophendienst zufolge hatte das Hauptbeben am Morgen mit Epizentrum im südtürkischen Kahramanmaras eine Stärke von 7,7. Mittags erschütterte ein Beben der Stärke 7,5 dieselbe Region, wie in Istanbul die Erdbebenwarte Kandilli meldete. Afad verzeichnete insgesamt 185 Nachbeben.

Bei den Erschütterungen stürzten allein in der Südosttürkei Tausende Gebäude ein. Auf Videos aus mehreren Städten in dem Gebiet waren teilweise völlig zerstörte Straßenzüge zu sehen. Unter den eingestürzten Gebäuden war neben Wohnhäusern auch ein Krankenhaus in der Stadt Iskenderun. In der Stadt Gaziantep wurde laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu auch die Burg stark beschädigt. Sie ist UNESCO-Weltkulturerbe. Im türkischen Fernsehen waren Bilder von Helfern zu sehen, die teilweise mit bloßen Händen in den Trümmern nach Verschütteten suchten. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach vom schwersten Beben seit 1939.

Syrien wandte sich an die UN-Mitgliedstaaten, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und andere Hilfsorganisationen und bat sie darum, “die Bemühungen der syrischen Regierung zur Bewältigung des verheerenden Erdbebens zu unterstützen”, wie es in einer Erklärung des syrischen Außenministeriums hieß. Der staatlichen Nachrichtenagentur SANA zufolge stürzten in zahlreichen Städten Gebäude ein. Rettungsteams versuchten in der Nacht und im Morgengrauen, Menschen aus den Trümmern zu ziehen. Präsident Bashar al-Assad rief sein Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Videos zeigten Trümmerberge unter anderem aus der Provinz Idlib, teils kollabierten ganze Häuserreihen.

Mehrere Flughäfen in besonders von dem Erdbeben betroffen Regionen der Türkei blieben vorerst für zivile Flüge geschlossen. Dabei gehe es um die Flughäfen in Hatay, Kahramanmaras und Gaziantep, sagte Vizepräsident Oktay. Der Sender CNN Türk zeigte Bilder von einem tiefen Riss in einer Landebahn am Flughafen Hatay.

Um 11.24 Uhr MEZ erschütterte ein schweres Nachbeben der Magnitude 7,5 die Südosttürkei. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul. Auch in Syrien und im Libanon bebte die Erde dadurch wieder. Das Epizentrum lag etwa 100 km nordöstlich von jenem des Hauptbebens, das um 02.17 Uhr MEZ stattfand, teilte der Österreichische Erdbebendienst von Geosphere Austria (ehemals ZAMG) der APA mit. Die betroffene Region um Ekinözü ist weniger dicht besiedelt. Es sei aber mit weiteren schweren Schäden zu rechnen.

Als Reaktion auf die verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet wird auf EU-Ebene noch enger zusammengearbeitet. Der Krisenreaktionsmechanismus (IPCR) der Staatengemeinschaft sei durch die schwedische EU-Ratspräsidentschaft ausgelöst worden, hieß es in einer Mitteilung vom Montagabend. Dadurch sollen etwa Informationen schneller ausgetauscht werden.

Auch Russland hat beiden Ländern Hilfe zugesagt. In den kommenden Stunden sollen Rettungskräfte vom russischen Zivilschutz nach Syrien geflogen werden, wie der Kreml am Montag mitteilte. Auch US-Präsident Joe Biden sagte Hilfe zu. “Ich bin zutiefst traurig über den Verlust an Menschenleben und die Zerstörung durch das Erdbeben in der Türkei und in Syrien”, erklärte Biden am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter. “Ich habe mein Team angewiesen, die Situation in Koordination mit der Türkei weiterhin genau zu beobachten und jede notwendige Hilfe zu leisten.”

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bot der Türkei Hilfe seines Landes bei der Bewältigung der Folgen des schweren Erdbebens an. In seiner täglichen Videoansprache sagte Selenskyj am Montagabend, dass die Ukraine bei den Rettungs-und Bergungsarbeiten helfen wolle. Er sprach von “traurigen Nachrichten” aus der Türkei und Syrien. Gleichzeitig sprach Selenskyj dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan angesichts der vielen Todesopfer sein Beileid aus. Dies gelte auch “für die Menschen in der syrischen Gesellschaft”.

Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet zu schicken. Auch Israel will der Türkei und Syrien humanitäre Hilfe leisten. Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Krieg. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb auf Twitter, die NATO-Partner der Türkei seien bereit, Unterstützung zu mobilisieren.

“Das Ausmaß des Erdbebens ist verheerend. Österreich wird mit drei Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für Hilfsorganisationen vor Ort und ab morgen mit mehr als 80 Soldatinnen & Soldaten des Bundesheeres bei Rettungseinsätzen im Erdbebengebiet unterstützen”, twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Montagnachmittag. Die Meldungen von dem Erdbeben “machen mich betroffen. Meine Gedanken sind bei den Opfern & Helfer:innen”, ergänzte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Das Bundesheer wird am Dienstag 85 Soldaten des Katastrophenhilfeelements “Austrian Forces Disaster Relief Unit” (AFDRU) in die Türkei entsenden, um den Rette- und Bergeinsatz im Erdbebengebiet zu unterstützen. Die Soldaten sollen gemeinsam mit sechs Hunden bei der Bergung unterstützen. Der Katastrophenhilfeeinsatz des Bundesheeres ist nach derzeitigen Planungen für etwa zehn Tage anberaumt, bestätigten auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) in einer Aussendung des Bundeskanzleramts die Hilfeleistungen Österreichs.

Neben den Bundesheerkräften wird Österreich nach einer Anfrage der Türkei nach entsprechenden Kräfte beim Zivilschutzmechanismus der Europäischen Union ein Team aus Vorarlberg in das Gebiet schicken. Bei den 25 Spezialisten handelt es sich um Feuerwehrleute, vier Hundeführer der Bergrettung mit speziell ausgebildeten Hunden, sowie um drei Notärzte. Derzeit wird der Transport in die Türkei organisiert. “Hier zählt jede Stunde, um Überlebende aus den Trümmern zu retten”, wurde Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Nach derzeitigen Kenntnisstand sind keine österreichischen Staatsbürger unter den Opfern oder den Vermissten, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Außenministerium in Wien. Mittlerweile haben sich einige betroffenen österreichischen Staatsbürger an das Außenministerium gewandt, die jedoch unversehrt waren. Eine verschüttete österreichische Staatsbürgerin konnte mit leichten Verletzungen geborgen werden. Das Außenministerium sowie die österreichischen Vertretungen vor Ort stehen mit allen Betroffenen in Kontakt und unterstützen diese dabei, eine ehestmögliche Rückflugmöglichkeit nach Österreich zu finden.

In der Türkei sind derzeit rund 2.000 Auslandsösterreicher, davon rund 120 in den von den Erdbeben betroffenen Regionen, sowie rund 70 österreichische Reisende registriert, wurde erläutert. Da der genaue Aufenthaltsort bei Reiseregistrierungen sowie bei der Registrierung als Auslandsösterreicher nicht verpflichtend anzuführen ist, könnten die Informationen jedoch abweichen. In Syrien sind rund 65 Auslandsösterreicher registriert, davon knapp 50 in den betroffenen Erdbebenregionen. Die registrierten Personen aus Österreich wurden per E-Mail sowie per SMS kontaktiert und ihnen wurde Hilfe der zuständigen österreichischen Vertretungen vor Ort angeboten, berichtete eine Sprecherin des Außenministeriums.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York hielt am Montag eine Schweigeminute für die Opfer des schweren Erdbebens in Syrien und der Türkei ab. UN-Mitarbeiter seien bereits vor Ort, um den Hilfsbedarf abzuschätzen und Hilfe zu leisten, erklärte UN-Generalsekretär Antonio Guterres. “Wir zählen auf die internationale Gemeinschaft, um den tausenden von Familien zu helfen, die von dieser Katastrophe betroffen sind, von denen viele in schwer zugänglichen Regionen bereits dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen waren”, fügte Guterres hinzu.

Die Türkei ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr. Im Jahr 1999 war die Türkei von einer der schwersten Naturkatastrophen in ihrer Geschichte getroffen worden: Ein Beben der Stärke 7,4 in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit kostete mehr als 17.000 Menschen das Leben. Für die größte türkische Stadt Istanbul erwarten Experten in naher Zukunft ebenfalls ein starkes Beben.

Von: APA/Reuters/dpa/AFP

Kommentare

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19 Kommentare auf "Zahl der Beben-Toten in Türkei und Syrien bei über 4.200"


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N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 18 Tage

Hauptsache das türkische Vorzeigeprojekt Akkuyu wird fertig gebaut. Am Meer, im Erdbeben Gebiet..!

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
1 Monat 18 Tage

NG
Was das KKW mit dem unsäglichen Leid der Bevölkerung durch das Erdbeben zu tun hat wird bis in alle Ewigkeit dein Geheimnis bleiben! Widerlich

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 18 Tage

Frage an die Minus Drücker : baut man in Erdbeben Gebiet Atomkraftwerke? Japan hats vorgemacht! Wie dumm muss man sein!

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 18 Tage

@OrtlerNord Ein AKW im Erdbeben Gebiet Türkei zu bauen, könnte unter Umständen viel mehr Opfer fordern und hunderttausende ihre Heimat kosten.
Das hat sehr wohl mit Erdbeben zu tun. Wenn du dem nicht folgen kannst, hast du ein Problem bei dem dir nicht zu helfen ist!

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 18 Tage

@OrtlerNord Rricht es nicht schon wenn durch Erdbeben unzählige sterben? Muss man dann da noch zusätzlich ein AKW hin stellen? Was laut Experten, einhellige Meinung, extrem gefährlich ist und nur dem Sultan sein Projekt ist. Fukushima lässt grüßen! Das wirst wohl auch nur du dann verstehen oder wie?

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
1 Monat 18 Tage

@ortler:
Da muss ich ausnahmsweise mal NG recht geben, ein nuklearer Zwischenfall am Bosporus wo Erdbeben dieser Stärke mit einer gewissen Verlässlichkeit auftreten würde, hätte unabsehbare Folgen nicht nur die Türkei sondern für alle EU Länder und darüber hinaus. Aber Weitsicht ist bei den Verfechtern der Kernkraft leider nur spärlich vorhanden.

Look_at_Yourself
Look_at_Yourself
Universalgelehrter
1 Monat 17 Tage

N. G.
als Prinzipienreiter hast du natürlich recht, ein AKW im Erdbebengebiet ist nicht die beste Idee.
Aber was hat das jetzt mit dem Erdbeben und den verschütteten Menschen im Süden der Türkei zu tun?

Septimus
Septimus
Universalgelehrter
1 Monat 18 Tage

…und immer wieder in der Türkei ..die einfachen Menschen leiden darunter,während dessen will Erdogan aus dem Nato-Bündnis aussteigen..na ja vielleicht auch besser,dann könnte er diese gezahlten Gelder an die Nato zum Wiederaufbau der Erdbeben Opfer verwenden.

info
info
Superredner
1 Monat 18 Tage

Erdogan blockiert zwar die Aufnahme Schwedens, aber, dass die Türkei aus der NATO austreten möchte, sind Fake News.

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
1 Monat 17 Tage

Septi……
Zum einen bin ich kein Befürworter von KKW sondern genau das Gegenteil, aber ich finde bei solch einer Naturkatastrophe mit den Folgen einen so Vergleich zu bringen einfach nur zum 🤢🤮

Neumi
Neumi
Kinig
1 Monat 17 Tage

Glaubst du ernsthaft, der macht durch die Nato Verlust …

Nein, die Nato ist sehr daran interessiert, in der Türkei zu bleiben, wegen ihrer strategisch günstigen Lage und sie investieren einiges darin, dass es so bleibt.
Mal vom Druckmittel abgesehen brauchen ihre Basen Zulieferer, Wartung, Unterhaltung usw.
Die Grundstücke kriegen die Streitkräfte auch nicht umsonst.

jack
jack
Universalgelehrter
1 Monat 17 Tage

@info
aber um geld von der ganzen welt betteln da hat er nix dagegen

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 17 Tage

@OrtlerNord Das war KEIN Vergleich! Wenn du diese meune Ausage nicht einordnen kannst dann lass wenigstens das kommentieren meiner Kommentare!
Nochmal, es war KEIN Vergleich, wer lesen znd verstehen kann ist klar im Vorteil!
Worin besteht der Vergleich, erklär das doch mal! Wo steht der?

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
1 Monat 17 Tage

@N. G.
oh entschuldige ,Verbindung statt Vergleich!
Du tust mir nur leid!

Sara Lea
Sara Lea
Tratscher
1 Monat 18 Tage

R.I.P. Baruch Dayan Ha’met. Den Familien wünsche ich viel Kraft.
Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung. Inshalla

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
1 Monat 18 Tage

Ja es gibt tatsächlich noch schlimme Ereignisse die niemandes, auch nicht Erdogans, Schuld sind, nicht politisierbar sind und nichts mit dem Klimawandel zu tun haben. Dieses ständige Urteilen vermittelt uns das Gefühl man müsste sich nur richtig verhalten und dann kann einem nichts geschehen. Was für eine Katastrophe…

Staenkerer
1 Monat 17 Tage

i hoff das de rettungs- und hilfskette ohne der üblichen longwieriger, schwerfälliger EU bürokratieprozedur unrollt und ohne das es dafür sautuire gippeltreffn braucht wo eh nix außerkimmt!

Tigre.di.montana
Tigre.di.montana
Superredner
1 Monat 18 Tage

Die Menschen dort sind gebeutelt durch Bürgerkrieg, politische Bevormundung und religiösen Hass. Es ist eine der ältesten Kulturlandschaften der Welt. Und jetzt wieder eine Katastrophe, etwas das das private Glück der Menschen zerstört.

moler
moler
Superredner
1 Monat 17 Tage

Alle paar Stunden neue Schlagzeile mit mehr Toten.
Solchen Journalisten sollte man das Handwerk legen bzw. den Stift nehmen.
Null Pietät, nur die Auflage zählt.

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