Milch bald so teuer wie Benzin und Diesel? – VIDEO

Milchkonzerne schlagen Alarm: Kostet Milch bald mehr als zwei Euro?

Montag, 05. September 2022 | 08:05 Uhr

Rom – Zwei große italienische Milchverarbeitungsunternehmen – Granarolo und Lactalis – schlagen Alarm.

Aufgrund der stark gestiegenen Preise für Energie und Futtermittel könnte der Preis für einen Liter Milch innerhalb der nächsten Wochen auf zwei Euro ansteigen. Aus denselben Gründen dürften alle Milchprodukte – darunter auch die in Italien so beliebte Mozzarella – in nächster Zeit wesentlich teurer werden. Granarolo und Lactalis fordern die Regierenden zum Handeln auf, bevor die Lage für die gesamte Produktionskette – vom Bauern bis zur Verarbeitung der Milch – untragbar wird.

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Nach fast allen anderen Lebensmitteln wird auch eines, das für die italienische Ernährung eine ganz besonders große Rolle spielt, immer teurer. Laut zwei großen italienischen Milchverarbeitungsunternehmen – Granarolo und Lactalis – könnte der Preis für einen Liter Milch innerhalb der nächsten Wochen auf zwei Euro ansteigen. In der Folge dürften auch einige für die italienische Küche symbolträchtige Milchprodukte wie die Mozzarella und der Grano Parmigiano in nächster Zeit wesentlich teurer werden.

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Die Gründe für diesen massiven Preisanstieg sind vielfältiger Natur. Der Hauptgrund ist zweifelsohne der übermäßige Anstieg der Energiekosten, wobei sich die hohen Stromrechnungen am stärksten auf die gesamte Produktionskette auswirken. Die Erhöhung der Stromkosten trifft sowohl die Bauern als auch die Verarbeitung der Milch zu den einzelnen Endprodukten wie Butter, Jogurt, Käse oder zu haltbarer Milch. Da die Verarbeitung der Milch sehr energieaufwendig ist und bereits beim Melken der Kühe höhere Kosten anfallen, leidet diese Sparte der lebensmittelverarbeitenden Industrie gleich doppelt unter den massiv erhöhten Energiepreisen.

Allerdings ist die Inflation quer durch die ganze Produktionskette zu spüren. Dazu gehören zum Beispiel die Erhöhung der Transportkosten der Milch vom Bauern bis zum milchverarbeitenden Betrieb oder auch die erhöhten Kosten, die bei der Reinigung der Geräte und der Maschinen – zum Beispiel beim Wechsel der Joghurtsorte – anfallen. Unter anderem legten die Kosten für Reinigungsmittel dieser Art innerhalb eines Jahres um rund 23 Prozent zu.

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Auch der massive Preisanstieg bei den Futtermitteln trifft die Bauern und damit auch die Milchbetriebe hart. Infolge des Krieges in der Ukraine kletterte der Preis für Mais innerhalb weniger Monate um 41 Prozent nach oben. Zu allem Unglück zwang der trockene Sommer, der praktisch italienweit eine geringere Produktion von Gras und Heu verursachte, die Bauern dazu verstärkt auf die teureren Futtermittel zurückzugreifen. Durch die monatelange Trockenheit verminderte sich die italienische Milchproduktion um zehn Prozent.

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Granarolo und Lactalis teilten mit, dass sie den bisherigen Anstieg der Inflation von etwa 25 bis 30 Prozent abfedern konnten, sodass sie imstande waren, den Preis für einen Liter Milch unter 1,8 Euro zu halten. Da der Anstieg der Gesamtkosten der gesamten Produktionskette von der Kuh bis zur Literpackung im Supermarkt aber inzwischen bei 50 Prozent liegt, sehen sich die Milchriesen dazu gezwungen, die Kosten an die Verbraucher weiterzureichen.

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Die Lage des italienischen Milchsektors – so der Präsident des italienischen Bauernverbandes Coldiretti, Ettore Prandini – sei dermaßen prekär, dass nicht auf die Einsetzung der neuen Regierung gewartet werden könne, sondern geeignete Maßnahmen sofort zu ergreifen seien.

Als Sofortmaßnahmen fordert Ettore Prandini die geschäftsführende Regierung von Mario Draghi dazu auf, für die Kunden die Mehrwertsteuer auf Milch abzuschaffen und die Energiekonzerne dazu zu zwingen, für die Unternehmen die Energiekosten zu deckeln. Die bisherigen Maßnahmen der Regierung wie etwa Steuergutschriften bezeichnet der Präsident der Coldiretti hingegen als ungenügend.

Sollte nicht hart gegengesteuert werden, zeichnet Ettore Prandini ein düsteres Bild. Einer von zehn bäuerlichen Betrieben könnte schließen, wodurch auch die Zukunft der milchverarbeitenden Lebensmittelindustrie gefährdet werden wird. Zudem bestehe laut dem Präsidenten des italienischen Bauernverbandes die Gefahr, dass ausländische Konzerne die sich in Schwierigkeiten befindlichen einheimischen Betriebe aufkaufen.

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In der Tat ist es sehr wichtig zu wissen, dass sich die Milchproduktionskette von allen anderen unterscheidet. Andere produzierende Gewerbe besitzen beispielsweise die Möglichkeit, die Produktion stillzulegen und sie nach einigen Wochen wieder aufzunehmen. Im Falle der Milchproduktion ist es aber unmöglich, die Kühe „anzuhalten“, sodass keine Kosten verursacht werden. Vielmehr besteht sogar die Gefahr, dass die Tiere geschlachtet werden müssen, wodurch die Milchproduktion vollkommen zum Stillstand kommt. In Italien werden in 24.000 Ställen jährlich rund 2,7 Millionen Tonnen Milch produziert. Im italienischen Milchsektor, der Schätzungen zufolge mehr als 16 Milliarden Euro wert ist, finden mehr als 200.000 Menschen Arbeit.

Werden keine Maßnahmen getroffen, die Energiekosten zu senken, wird die Milch bald so teuer sein wie Diesel oder Benzin.

Von: ka