Selenskyj und Biden bei Treffen in Hiroshima

Biden kündigt weitere Militärhilfe für die Ukraine an

Sonntag, 21. Mai 2023 | 14:01 Uhr

US-Präsident Joe Biden hat neue Militärhilfe für die Ukraine angekündigt. Das Paket umfasse Munition, Artillerie und gepanzerte Fahrzeuge, sagte Biden am Sonntag zum Abschluss des G7-Gipfels in Hiroshima. Nach Angaben des Weißen Hauses haben die Hilfen einen Umfang von etwa 375 Millionen US-Dollar. Außerdem habe der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Biden nach Angaben des US-Präsidenten zugesagt, Kampfjets des Typs F-16 nicht für einen Vorstoß nach Russland zu nutzen.

Er habe eine “eindeutige Zusage von Selenskyj”, die F-16 nicht zu nutzen, um “in russisches geografisches Territorium” vorzustoßen, sagte Biden in Hiroshima. Biden hatte am Rande des Gipfels führender demokratischer Wirtschaftsmächte grundsätzlich den Weg dafür freigemacht, im Rahmen einer Koalition von Verbündeten Jets des US-amerikanischen Typs F-16 an die Ukraine zu liefern.

Biden begründete seine Kehrtwende bei den Kampfjets mit einer veränderten Situation. So machte er deutlich, dass es bei Fortschritten der Ukrainer zu einer Situation kommen könnte, wo diese Waffen größerer Reichweiten brauchen, als ihnen bisher zur Verfügung stehen. Er argumentierte zudem, dass die Kampfjets der Ukraine im Fall einer künftigen Friedensvereinbarung auch die Zuversicht geben könnten, den Russen bei einem erneuten Angriff Widerstand leisten zu können. “Also ist es ein anderer Bedarf. So wie die Panzer anfangs nicht gebraucht wurden, aber jetzt gebraucht werden.”

Zuvor erklärte Biden, dass er Selenskyj bei einem Gespräch am Rande des Gipfels versichert habe, dass die USA alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland zu stärken. “Zusammen mit der gesamten G7 stehen wir hinter der Ukraine, und ich verspreche, dass wir uns nicht abwenden werden”, sagte Biden zu Selenskyj. Der russische Präsident Wladimir Putin werde diese Entschlossenheit nicht brechen. Selenskyj war am Samstag überraschend zu dem Gipfel der Gruppe führender Wirtschaftsnationen gereist, nachdem sich die USA am Freitag erstmals offen für eine Lieferung der F-16 an die Ukraine gezeigt hatten.

Einem US-Regierungsvertreter zufolge sagte Biden beim G7-Gipfel, dass die USA eine Ausbildung ukrainischer Piloten an “Kampfjets der vierten Generation einschließlich (des US-Kampfjets) F-16” in Zusammenarbeit mit “Verbündeten und Partnern” unterstützen würden. Selenskyj hatte erfreut darauf reagiert. Er begrüßte “die historische Entscheidung” und sagte, er hoffe auf eine “praktische Umsetzung”.

Nach dem Einlenken der US-Regierung in der Kampfjet-Debatte rechnet die Ukraine nun mit Dutzenden Maschinen aus dem Westen. “Die Flugzeuge werden nicht stückweise übergeben, sondern in Einheiten. Eine Lufteinheit ist mindestens ein Geschwader, in unserem Fall sind es derzeit mehr als zwölf Flugzeuge, bei unseren westlichen Partnern bis zu 18 Flugzeugen”, sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat, am Sonntag im ukrainischen Fernsehen. Auf diese Weise könnten der Ukraine “anfangs mehrere Dutzend Kampfjets zur Lösung anstehender Aufgaben” übergeben werden.

Der britische Premierminister Rishi Sunak kündigte an, sein Land werde im Sommer mit der Ausbildung ukrainischer Kampfpiloten beginnen. Großbritannien verfügt allerdings ebenso wenig wie Deutschland über F-16-Kampfjets. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz rechnete nicht mit einer baldigen Lieferung moderner Kampfjets an die Ukraine. “Das, was mit der Ausbildung von Piloten verbunden ist, ist ja ein längerfristiges Projekt”, sagte er am Sonntag am Rande des G7-Gipfels. Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol seinerseits sagte Selenskyj Ausrüstung zur Minenräumung und Krankenwagen für das Militär zu. Trotz entsprechender Bitten Kiews schickt das ostasiatische Land aber keine Kriegswaffen dorthin.

Das neue US-Hilfspaket für die Ukraine ist bereits das 38. seit August 2021. “Es umfasst zusätzliche Munition für die von den USA bereitgestellten HIMARS, Artilleriegeschoße, Panzerabwehrwaffen und wichtige Hilfsmittel im Wert von bis zu 375 Millionen US-Dollar” (346,97 Mio. Euro), erklärte das ukrainische Verteidigungsministerium. Die Lieferung umfasse zusätzliche Munition für die US-Mehrfachraketenwerfer HIMARS, 155-mm- und 105-mm-Artilleriegeschoße, Raketen für TOW-Panzerabwehrraketensysteme sowie zusätzliche Javelin-Panzerabwehrraketen und AT-4- Panzerabwehrwaffen.

Russland nutzt zur Vorbereitung seiner Luftangriffe auf die Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste zunehmend Überwachungsdrohnen. Es handle sich meist um von Russland produzierte Fluggeräte namens Supercam, die relativ günstig seien und über ausreichend Reichweite verfügten, um potenzielle Angriffsziele zu überfliegen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mit. Experten schätzen, dass die Drohnen rund vier bis fünf Stunden in der Luft bleiben und bis zu fünf Kilometer hoch fliegen können.

Diese Taktik solle Russland helfen, Kampfschäden schneller einzuschätzen und die Zielgenauigkeit zu verbessern. “Allerdings sind langsame Überwachungsdrohnen sehr anfällig für die ukrainische Luftabwehr”, hieß es aus London. Die russischen Raketenangriffe würden sich mittlerweile auf Schläge gegen die ukrainische Flugabwehr konzentrieren.

Von: APA/Reuters/AFP/dpa/Ukrinform