Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat am Mittwoch, dem Internationalen Frauentag, gemeinsam mit sieben europäischen Amtskolleginnen die Republik Moldau besucht. Sie trafen die moldauische Präsidentin Maia Sandu in Chisinau, die sagte, dass sie ihr Land am liebsten schon “morgen in der EU” sehen würde. “Aber wir müssen realistisch bleiben.” Der moldauische Außenminister Nicu Popescu betonte den Wunsch Moldaus, möglichst bald EU-Beitrittsverhandlungen zu beginnen.
Popescu erklärte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Europaministerinnen: “Unsere Ziele für das kommende Jahr sind ganz klar: Wir wollen Verhandlungen über den Beitritt zur EU aufnehmen.” Die “brutale Aggression” Russlands gegen die Ukraine habe “enorme Auswirkungen” auf sein Land, die Gesellschaft, die Wirtschaft und politische Situation in der Republik Moldau. Mit europäischer Hilfe sei es gelungen, trotz hybrider Attacken, Flüchtlings- und Energiekrise “Frieden, Stabilität und Ruhe” auf dem Territorium zu bewahren.
Schwedens EU-Ministerin Jessika Roswall betonte als Vertreterin des EU-Ratsvorsitzlandes die “Großzügigkeit” Moldaus, das im Verhältnis zu seiner Bevölkerung die meisten ukrainischen Flüchtlinge aufgenommen hat. Moldau sei “ein kleines Land mit einem großen Herz”, das Verantwortung zeige. 101.000 Vertriebene befinden sich weiterhin im Land, das rund 2,6 Millionen Einwohner zählt. Auf die Journalisten-Frage, ob heuer noch Beitrittsverhandlungen mit Moldau starten könnten, gab sich Roswall zurückhaltend. “So bald wie möglich, das hoffen wir alle”, sagte sie. Sie verwies darauf, dass das Thema im Oktober auf EU-Ebene verhandelt werde.
Weitere Teilnehmerinnen der Reise wie etwa die deutsche und französische Europa-Staatssekretärinnen Anna Lührmann und Laurence Boone sagten, dass Moldau “der europäischen Familie angehört” und bekundeten die europäische Solidarität mit Chisinau. Allerdings, so schränkte Edtstadler ein, müssten die Voraussetzungen für einen Beitritt erfüllt sein: “Es gibt keine Abkürzungen zur EU-Mitgliedschaft.” Die litauische Vizeaußenministerin Jovita Neliupšienė betonte, dass der Weg dahin schmerzhaft sein könne. Es bedürfe “Reformen, Reformen und noch einmal Reformen”. Insbesondere der Kampf gegen Korruption wurde von den Teilnehmerinnen hervorgehoben, zu denen auch die liechtensteinische Außenministerin Dominique Hasler, die bulgarische Vizeaußenministerin Velislava Petrova und die Generalsekretärin des rumänischen Außenministeriums, Daniela-Mihaela Cămărăşan, gehörte. Sandu sagte zu, dass Moldau sich den Reformen verpflichtet sehe und diese auch in eigenem Interesse seien. Chisinau habe “sehr gute Freunde” in Europa, erklärte die Präsidentin. Moldau habe Anfang März 2022 den EU-Beitrittsantrag gestellt und bereits im Juni den Kandidatenstatus erhalten.
Der gemeinsame Arbeitsbesuch der Spitzenpolitikerinnen fand unter dem Motto “The next generation is female” statt, ein Format, das Edtstadler im August des Vorjahres initiiert hatte. Das Motto sei nicht als Kampfansage an Männer gedacht. Es gehe darum, am Internationalen Frauentag die wichtige Rolle von Frauen in der Gesellschaft, aber auch in der Friedenssicherung “sichtbar zu machen”, erklärte Edtstadler, die sich selbst als Feministin bezeichnete. “Auch wenn wir noch 100 Jahre hinten liegen”, ihr gehe es um Gleichberechtigung. Und: Die Ergebnisse ihrer Gespräche in Chisinau werden die Ministerinnen “mit all unseren männlichen Kollegen teilen – selbst wenn es Frauentag ist”.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wachsen in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldawien die Sorgen, Russland wolle das Land destabilisieren. Sandu wirft Moskau vor, einen Umsturz der pro-europäischen Regierung zu planen. Demonstrationen gegen die Regierung finden regelmäßig statt. Dabei wird vermutet, dass diese aus dem Ausland gesteuert werden. Auch Cyberangriffe und Fake News gelten als großes Problem. Russland weist die Vorwürfe zurück und beschuldigt seinerseits Moldau und die Ukraine, in der von Moldau abtrünnigen, pro-russischen Region Transnistrien für Unruhe zu sorgen. Der russische Präsident Wladimir Putin annullierte unlängst ein Dekret, in dem die langjährige Zusicherung Moskaus aufgehoben wurde, die “Transnistrien-Frage” friedlich und unter Wahrung der “Souveränität und territorialen Integrität” Moldaus zu lösen. Transnistrien wird von pro-russischen Separatisten beherrscht, tausende russische Soldaten sind dort stationiert.
Seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 unterstützt die EU Moldau laut Diplomatenangaben mit etwa einer Milliarde Euro. Die österreichische Hilfe für Moldau beträgt 18,2 Millionen. Das Land zählt zu den ärmsten in Europa.
Von: apa
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