Situation im Kosovo nach Zusammenstößen angespannt

Erste US-Sanktionen nach Ausschreitungen im Kosovo

Mittwoch, 31. Mai 2023 | 17:13 Uhr

Nach heftigen Zusammenstößen wegen der Einsetzung von ethnisch-albanischen Bürgermeistern im Kosovo haben die USA eine erste Sanktion gegen das Land verhängt und es von einer Militärübung ausgeschlossen. Der Kosovo werde von dem gemeinsamen Manöver namens Defender 23 ausgeschlossen, an der von April bis Juni 20 Länder teilnehmen, teilte der US-Botschafter in Pristina, Jeffrey Hovenier, Dienstag mit. “Für den Kosovo ist diese Übung vorbei”, sagte er gegenüber örtlichen Medien.

“Die Maßnahmen der kosovarischen Regierung (…) haben diese Krisenatmosphäre im Norden geschaffen”, erklärte der Botschafter. Die gewaltsamen Zusammenstöße im Norden des Kosovo waren ausgebrochen, als die Regierung in Pristina mit Polizeieinsatz versuchte, ethnisch-albanische Bürgermeister einzusetzen.

Hovenier drohte weiter, die diplomatische Unterstützung der USA für die internationale Anerkennung des kleinen Balkanlandes einzustellen: “Man findet nicht viel Enthusiasmus seitens der Vereinigten Staaten, auf die anderen Interessen des Kosovo einzugehen, etwa sich bei Nichtanerkennungsfällen zu engagieren oder aktiv daran zu arbeiten, den europäischen oder euro-atlantischen Weg des Kosovo voranzutreiben”, sagte Hovenier. Russland, China und auch einige europäische Staaten erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an.

Im April hatten die kosovarischen Behörden in vier mehrheitlich von Serben bewohnten Orten Kommunalwahlen abgehalten. Die Serben boykottierten die Wahlen jedoch weitgehend, so dass die albanische Minderheit trotz einer Wahlbeteiligung von insgesamt weniger als 3,5 Prozent die Kontrolle über die Gemeinderäte übernahm.

Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti setzte in der vergangenen Woche die Bürgermeister formell ein – entgegen Forderungen der EU und der USA. Vor Ort kam es zu vehementen Protesten. Die Demonstrierenden fordern den Abzug der kosovarischen Sicherheitskräfte aus der Region und verlangen die Absetzung der ethnisch-albanischen Bürgermeister.

Bei Protesten am Montag in Zvecan war es zu Angriffen auf Soldaten der internationalen Schutztruppe KFOR gekommen. Sie hatten sich serbischen Demonstrierenden entgegengestellt, welche die Stadtverwaltung stürmen wollten. Die Soldaten wurden mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen angegriffen, 30 von ihnen wurden verletzt. USA, EU und Deutschland verurteilten die Gewalt scharf, die NATO reagierte mit einer Verstärkung der internationalen Schutztruppe KFOR.

Am Mittwoch schützten NATO-Soldaten in mehreren Orten Stadtverwaltungsgebäude. Ethnische Serben versammelten sich wie an den Tagen zuvor dort zu Demonstrationen. Örtlichen Medienberichten zufolge wurden zunächst einige Autos beschädigt, die Lage blieb jedoch weitgehend friedlich.

Das 1,8-Millionen-Einwohner-Land Kosovo mit seiner mehrheitlich ethnisch-albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als serbische Provinz betrachtet. Rund 120.000 Serben leben im Kosovo, vor allem im Norden des Landes.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warf den kosovarischen Behörden vor, eine Verantwortung für die Verschlechterung der Lage zu tragen. “Es gibt ganz klar eine Verantwortung der kosovarischen Behörden für die derzeitige Situation” und die Nichteinhaltung eines erst vor wenigen Wochen geschlossenen Abkommens, sagte er am Mittwoch auf einer Pressekonferenz im slowakischen Bratislava.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Macron treffen am Donnerstag mit den Spitzen der Konflikparteien im Kosovo zusammen. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit teilte am Mittwoch in Berlin mit, Scholz und Macron würden am Rande des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Chisinau mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und der Präsidentin des Kosovo, Vjosa Osmani, über die aktuelle Lage in dem Westbalkan-Staat beraten.

Im Kosovo-Konflikt stellt sich Russland hinter Serbien. “Wir unterstützen Serbien und die Serben bedingungslos”, sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes Dmitri Peskow am Mittwoch. Die Rechte und Interessen der Kosovo-Serben müssten gewahrt werden. Russland sei besorgt wegen der gewaltsamen Proteste im Kosovo.

Von: APA/AFP/Reuters