Bozen – Nach dem Bekanntwerden der fürchterlichen Gräueltaten und Kriegsverbrechen, die mutmaßlich von Angehörigen der russischen Streitkräfte verübt wurden, schaut die weltweite Öffentlichkeit mit Abscheu und Entsetzen auf den Krieg in der Ukraine. Durch die kaum erträglichen Zeugenaussagen, Bilder und Videos wird den Europäern und Amerikanern, die bisher in ihrer heilen Welt gelebt haben, auf dramatische Art und Weise bewusst, wie schrecklich und grausam dieser Krieg ist.
Aber abgesehen von Forderungen, die Verantwortlichen für diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor ein Tribunal zu stellen, führen diese Gräueltaten und Kriegsverbrechen dazu, die Fronten zwischen den Konfliktparteien weiter zu verhärten.
Der seidene Faden, an dem die Friedensgespräche hängen, wird immer dünner. Nach diesen Verbrechen, der Zerstörung ganzer Städte, den ukrainischen Erfolgen um Kiew und der russischen Besetzung des Südens scheinen sich auf beiden Seiten die Hardliner durchzusetzen, die den Krieg bis zur Niederlage des Gegners fortsetzen wollen.
Das wird leider zur Folge haben, dass in diesem Krieg noch viele Soldaten und Zivilisten ihr Leben verlieren werden. Dieser Konflikt birgt aber auch die Gefahr, sich auf andere Länder auszuweiten und im schlimmsten Fall in eine nukleare Eskalation zu münden. Dass der grausamste Krieg seit Jahrzehnten durch Sanktionen, durch gestiegene Energie- und Aufrüstungskosten sowie durch allgemeine wirtschaftliche Einbußen uns alle ärmer machen wird, ist dabei noch die kleinste aller Sorgen.
Die Stimmen jener, die zur Mäßigung der Worte aufrufen, die Vermittlung anbieten und zum Verhandlungstisch bitten – und sei es auch nur für einen humanitären Korridor oder einen Waffenstillstand – sind leise geworden. Es ist unbedingt notwendig, den Faden des Dialogs wieder aufzugreifen.
Beiden Seiten sollte klar werden, dass es bei einer Fortsetzung oder gar Ausweitung des Konflikts nur mehr Verlierer geben wird. Während Russlands Jugend in der Ukraine verblutet, ist Putins Reich international längst zum Paria geworden. Auf der anderen Seite vermögen der Hype um Präsident Selenskyj und einige militärische Verteidigungserfolge nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele ukrainische Städte weitgehend zerstört sind.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb scheint heute der Frieden ferner denn je. Wer kann dafür sorgen, dass die Tauben über die Falken wieder die Oberhand gewinnen?
Von: ka