Präsident Selenskyi vor Ort

Selenskyj sichert Menschen nach Dammbruch Hilfe zu

Donnerstag, 08. Juni 2023 | 18:21 Uhr

Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Menschen im gefluteten Kriegsgebiet im Süden des Landes Hilfe zugesichert. “Wir werden Ihnen helfen und alles aufbauen, was aufgebaut werden muss”, sagte er bei einem Besuch in der Hochwasserregion. Selenskyj informierte sich in den Gebieten Mykolajiw und Cherson über die Evakuierung überschwemmter Ortschaften. Helfer brachten dort Tausende Menschen in Sicherheit.

Der ukrainische Botschafter in Wien, Wassyl Chymynez, bedankte sich, dass Österreich “eines der ersten Länder war, das Hilfe zur Bewältigung dieser Katastrophe bereits geschickt hat”. Jedoch sei das Ausmaß der Katastrophe so groß, dass weitere Hilfe dringend erforderlich sei, so der Botschafter in einem der APA übermitteltem Aufruf. Konkret nannte Chymynez Wasseraufbereitungsanlagen, Wassertanks, haltbare Nahrungsmittel, insbesondere Konserven und Medikamente. Für die Evakuierung von Menschen und Tieren würden dringend Schlauchboote und Schwimmausrüstung, Geländewagen, Kleinbusse und Wasserpumpen gebraucht, meinte der Botschafter weiter.

Selenskyjs Delegation beklagte, dass auch während der laufenden Evakuierungen von russischer Seite aus dem besetzten Teil des Gebiets Cherson geschossen worden sei. Ein Mann wurde auf einem Rettungsboot durch den Beschuss schwer am Kopf verletzt, wie das ukrainische Fernsehen zeigte.

Trotzdem sollen die Hilfsmaßnahmen noch deutlich ausgebaut werden, wie Selenskyj meinte. In Snihuriwka im Gebiet Mykolajiw solle ein Krisenstab gebildet werden, der sich rund um die Uhr um die Beseitigung der Folgen der Flut kümmert. Zuvor hatte der Präsident in Cherson, wo er eine Notaufnahme von Flutopfern besuchte, den betroffenen Menschen Unterstützung versprochen.

“Es ist wichtig, den Schaden zu berechnen und Mittel bereitzustellen, um die Bürger, die von dem Desaster betroffen sind, zu entschädigen”, sagte er. Nötig sei auch ein Programm für die Entschädigung von Unternehmen und ihre Neuansiedlung an anderer Stelle in der Region Cherson. Laut der Militärverwaltung in Cherson wollen viele Menschen trotz der Flutkatastrophe in der umkämpften Region bleiben.

Nach ukrainischen Angaben sind derzeit 600 Quadratkilometer unter Wasser, darunter 32 Prozent auf von Kiew kontrolliertem Gebiet, 68 Prozent auf von Moskau besetztem Territorium. 80 Ortschaften liegen in dem Krisengebiet.

Die Vereinten Nationen bemühten sich unterdessen um Zugang zu den Überschwemmungsgebieten unter russischer Besatzung. Bisher sei das UNO-Nothilfebüro OCHA nicht in der Lage, einen Einsatz in der Region zu bestätigen, sagte OCHA-Sprecher Jens Laerke in Genf. “Wir setzen unsere prinzipiellen Bemühungen fort, die von Russland kontrollierten Gebiete der Ukraine zu erreichen.” Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bemüht sich um Zugang, wie WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan in Genf sagte. Das sei aber nur über Vereinbarungen mit beiden Konfliktparteien möglich.

Der Staudamm wurde in der Nacht auf Dienstag zerstört. Die Ukraine beschuldigt russische Truppen, das Wasserkraftwerk vermint und dann gesprengt zu haben. Dagegen behauptet Russland, der Staudamm sei durch ukrainischen Beschuss zerstört worden. Experten halten es auch für möglich, dass der von Russland seit langem kontrollierte Staudamm schlecht gewartet und unter dem Druck der Wassermassen zerstört wurde. Diskutiert wird international die Möglichkeit, die Hintergründen der Katastrophe zu untersuchen.

Von: APA/dpa