Verfassungsministerin Edtstadler (ÖVP)

Lücken im Verbotsgesetz werden geschlossen

Mittwoch, 07. Juni 2023 | 11:01 Uhr

Die Bundesregierung hat am Mittwoch im Ministerrat die bereits im November angekündigte Verschärfung des Verbotsgesetzes präsentiert. Die entsprechende Novelle wurde nun für sechs Wochen in Begutachtung geschickt. Den Plänen zufolge wird etwa auch strafbar, wenn einschlägige Inhalte vom Ausland aus mit Zielrichtung Österreich gepostet werden. Zudem erfolgt bei einer Verurteilung nach dem Verbotsgesetz automatisch der Jobverlust im öffentlichen Dienst.

Präsentiert wurde die Novelle von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Um in Zukunft noch besser und treffsicherer vorgehen zu können, habe eine vom Justizministerium beauftragte Arbeitsgruppe evaluiert, welche Nachschärfungen und Verbesserungen es im Verbotsgesetz braucht, hieß es seitens der Regierung. Teil der Arbeitsgruppe waren u.a. das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, die Israelitische Kultusgemeinde Wien, die Zentrale Österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, das Mauthausen Komitee Österreich und Vertreter der Wissenschaft, der juristischen Berufe sowie von Justiz- und Innenministerium und dem Bundeskanzleramt.

Bei der Novelle handelt es sich um eine Zweidrittel-Materie. Das Paket ist also von der derzeitigen generellen Blockade der SPÖ betroffen, die eine Zustimmung zu Vorhaben von Türkis-Grün mit Schritten gegen die aktuelle Teuerung verknüpft. Edtstadler appellierte im Pressefoyer daher an die SPÖ, diese generelle Blockade zu beenden. “Es wäre ein gefährliches Spiel am Rücken der Gesellschaft”, sagte sie. Auch Zadic bat die SPÖ, sich “einen Ruck zu geben” – eine derartiges Gesetz müsse über jeglichem parteipolitischem Taktieren stehen. Auf Journalistenfragen, dass ja auch die FPÖ die notwendige Verfassungsmehrheit liefern könnte, wünschte sich Zadic überhaupt einen einstimmigen Beschluss, Edtstadler wiederum verwies darauf, dass es auch bei den Freiheitlichen konstruktive Kräfte gebe.

Inhaltlich soll die Novelle wie schon im November angekündigt mehrere Verschärfungen bringen. Für Beamte soll jede rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz zum Amtsverlust führen. So hatte ein Bundesheer-Soldat für Aufsehen gesorgt, der sein Amt nicht verlor, obwohl er sogar in einer SS-Uniform posierte. Darüber hinaus soll es auch strafbar werden, wenn Verstöße aus dem Ausland im Internet begangen werden. Derzeit habe man keine Handhabe, wenn jemand den Nationalsozialismus verherrliche, aber der Server im Ausland liegt, erläuterte Zadic. Mit der Neuregelung bringe man das Gesetz auf die Höhe des 21. Jahrhunderts, so Edtstadler.

Durch eine neue Regelung im Verbotsgesetz soll es Behörden künftig ermöglicht werden, NS-Devotionalien – wie etwa einen Ehrenring der SS – auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr zu ziehen. Derzeit ist es so, dass Gegenstände nur eingezogen werden können, wenn Wiederbetätigung vorliegt. Bloßer Besitz ist nicht strafbar.

Auch soll durch eine Anpassung der Kampf gegen die Verharmlosung von NS-Terror verschärft werden. So soll etwa gegen das Tragen von u.a. gelben modifizierten Judensternen, wie es im Zuge der “Corona-Demonstrationen” stattfand, effektiver vorgegangen werden können. Dazu soll aus dem Begriff “gröbliche Verharmlosung” im Verbotsgesetz “gröblich” herausgestrichen werden. Ein weiteres Ziel ist es, die Verurteilungsquote bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz zu erhöhen.

Ermöglicht werden soll auch die Diversion bei Erwachsenen. Man wolle versuchen, mit Tätern, die einen Fehler eingestehen, in einen Dialog zu kommen, “damit sie sehen, dass sie auf dem Holzweg sind”, erklärte Edtstadler.

Es gebe “null Toleranz bei Antisemitismus, null Toleranz bei Rechtsextremismus und null Toleranz bei Verschwörungstheorien”, betonte Zadic. Bei Wiederbetätigung müsse die volle Härte des Rechtsstaates zur Anwendung kommen, unterstrich Edtstadler.

Was die noch offenen Regierungsvorhaben wie die Reform des Amtsgeheimnisses (“Informationsfreiheitsgesetz”) oder den Bundesstaatsanwalt betrifft, zeigten sich beide Ministerinnen auf Nachfrage einmal mehr zuversichtlich. Beim Informationsfreiheitsgesetz sei man “auf den letzten Metern”, versicherte Edtstadler, aber “wer schon einmal einen Marathon gelaufen ist, weiß, die letzten Kilometer sind die härtesten”. Auch beim Bundesstaatsanwalt gehe sie von einer Lösung aus. Man beweise regelmäßig, dass man schwierige Projekte zusammen umsetze, meinte auch Zadic.

Die Zahl der Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz sind laut Statistik Austria in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Während es 2010 noch 40 Verurteilungen waren, stieg die Zahl 2015 auf 67, im Jahr 2020 dann auf 128. Im Jahr 2021 waren es 207 Verurteilungen, 2022 dann 215.

Von: apa