Von: apa
Rumänien, Bulgarien und Österreich haben laut den Regierungen in Bukarest und Sofia ein “politisches Übereinkommen” über die Schengen-Erweiterung erzielt. Demnach würden Bulgarien und Rumänien ab März 2024 den Schengen-Rechtsbestand an ihren Luft- und Seegrenzen anwenden, teilte das rumänische Innenministerium am Mittwoch mit. Aus dem Innenministerium in Wien hieß es am Donnerstag lediglich, dass man derzeit weiter verhandle.
Die österreichischen Bedingungen für ein “Schengen-Air” seien die Aufstockung des Frontex-Einsatzes in Bulgarien und Geld von der EU-Kommission für einen robusten Außengrenzschutz. Außerdem fordere man eine Verstärkung der Kontrollen an den Landgrenzen sowie eine Übernahme von Asylwerbern, insbesondere aus Afghanistan und Syrien, durch Rumänien und Bulgarien, hieß es aus dem Innenministerium in Wien gegenüber der APA weiter.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte Anfang Dezember angeboten, dass im Flugverkehr mit Bulgarien und Rumänien die Schengen-Grenzen fallen könnten, wenn es im Gegenzug dafür schärfere Grenzkontrollen gebe. “Schengen-Air” bedeutet, dass Flugpassagiere aus Rumänien und Bulgarien künftig nicht mehr über die Auslandsterminals nach Europa fliegen müssen, der Reisepass wird wie üblich am Gate von den Fluggesellschaften kontrolliert. Über einen Beitritt zu “Schengen-Land” gebe es derzeit keine Verhandlungen und damit auch keinen Termin, betonte man im österreichischen Innenministerium am Donnerstag.
Die Vereinbarung sei am 23. Dezember zwischen den Innenministerien in Wien, Sofia und Bukarest getroffen und danach auf diplomatischen Kanälen, der Ebene der Außenministerien sowie der EU-Vertretungen erörtert worden, damit es juristisch in Beschlüsse des Ausschusses der Ständigen Vertreter (COREPER) eingebaut werden könne, hieß es indes vom rumänischen Innenministerium weiter. Demnach sollen die Verhandlungen über eine Schengen-Vollmitgliedschaft im kommenden Jahr “auf Hochtouren” weitergeführt werden, und zwar eingedenk der österreichischen Forderungen für einen verstärkten Außengrenzschutz und der Dublin-III-Verordnung.
In seiner Aussendung dankte das Innenressort in Bukarest sowohl der Europäischen Kommission und der spanischen EU-Ratspräsidentschaft als auch den Innenministerien in Wien und Sofia für die “konstruktiven Gespräche”, die dieses Übereinkommen letztlich möglich gemacht hätten. Das rumänische Außenministerium ergänzte laut der amtlichen Agentur Agerpres: Die Übereinkunft sei am 23. Dezember auf Ebene der Außenämter Österreichs, Rumäniens und Bulgarien erzielt worden. Am 26. und 27. Dezember seien Diskussionen über diplomatische Kanäle unter den drei Innenministerien, den drei Außenministerien sowie den Vertretungen der drei Länder bei der EU in Brüssel erfolgt. Dabei sei es um Entwürfe gegangen, wie die politische Übereinkunft rechtlich in einen Ratsbeschluss eingefügt werde. “Die Diskussionen darüber gehen am 28. Dezember weiter”, hieß es.
Der bulgarische Ministerpräsident Nikolaj Denkow erklärte am Donnerstag, Österreich habe sich verpflichtet, die Verhandlungen über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum grenzfreien Schengen-Raum auf dem Landweg fortzusetzen. Nach komplizierten Verhandlungen hätten die beiden Länder mit Österreich eine grundsätzliche Einigung über den Schengen-Beitritt auf dem Luft- und Seeweg erzielt, sagte Denkow laut der bulgarischen Nachrichtenagentur BTA. Diese Verhandlungen werden mit erheblicher Unterstützung der Europäischen Kommission einhergehen, um die EU-Außengrenzen zur Türkei und zu Serbien zu schützen und so den Strom illegaler Migranten nach Europa zu verringern, so Denkow weiter.
Der rumänische Regierungschef Marcel Ciolacu schrieb in einem Facebook-Posting: “Nach 13 Jahren wird Rumänien endlich Schengen-Mitglied! Wir haben eine politische Übereinkunft! Vom März nächsten Jahres an werden die Rumänen von den Vorteilen des Schengen-Raumes in der Luft und auf See profitieren.” Ciolacu strich hervor, dass insbesondere der Schwarzmeer-Hafen Constanța dadurch an Gewicht gewinnen werde. Der Sozialist Ciolacu zeigte sich “überzeugt”, dass 2024 auch eine Einigung mit Österreich bezüglich der Landgrenzen erzielt werde.
Als “falsche und prekäre Entscheidung” bezeichnete unterdessen der FPÖ-Delegationsleiter im Europäischen Parlament Harald Vilimsky das Übereinkommen zwischen Rumänien, Bulgarien und Österreich hinsichtlich der Schengen-Erweiterung beider Länder. “Was man den Menschen als ‘schrittweisen Schengen-Beitritt’ verkauft, ist nichts anderes als ein weiterer Türöffner für eine ungebändigte illegale Migration nach Österreich und damit ein deutliches Sicherheitsrisiko für unser Land”, kommentierte Vilimsky das Übereinkommen. Diese Entscheidung würde zu einem weiteren Kontrollverlust führen und für Schlepper und illegale Migranten weitere Möglichkeiten bieten, sich den Weg nach Österreich zu bahnen, so Vilimsky.
“Die FPÖ verbreitet beim Thema Schengen abermals Unwahrheiten. Die Öffnung der Schengenlandgrenzen wird erst dann erfolgen, wenn ein verlässlicher Außengrenzschutz gewährleistet ist”, erwiderte indes ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Das sei die unveränderte Position der österreichischen Bundesregierung und von Innenminister Karner immer wieder betont worden. “Es ist traurig, dass die FPÖ der erfolgreichen Reduktion der Asylzahlen und dem Paradigmenwechsel im europäischen Asylrecht nur mit Unwahrheiten begegnet”, so Stocker weiter. “Denn wie wohl allen außer dem Herrn Abgeordneten Vilimsky aufgefallen ist, verlaufen die Schlepperrouten nach Österreich nicht über den Luftweg, sondern über die Landgrenzen, die nach wie vor kontrolliert werden”, so der ÖVP-Generalsekretär.
Als “Erleichterung maximal für Manager und Managerinnen” bezeichnete die außenpolitische Sprecherin der SPÖ, Petra Bayr, die Einigung zwischen Österreich, Rumänien und Bulgarien das Schengen-Abkommen ab März per Luft und See umzusetzen. “Die nach Österreich einreisenden Pflegekräfte aus Rumänien und Bulgarien kommen nicht mit dem Flugzeug, sondern über den Landweg. Gerade für diese so wichtigen Fachkräfte brauchen wir dringend Erleichterungen – in ihrem Sinne und im Sinne der pflegebedürftigen Menschen in Österreich”, so Bayr. Die Regierung habe die Bedürfnisse und Sorgen der Österreicher und Österreicherinnen nicht im Blick, ansonsten würde sie nicht die massiven Hürden für Pfleger und Pflegerinnen aufrechterhalten, betonte die SPÖ-Nationalratsabgeordnete weiters.