Angesichts der starken Ausbreitung der südafrikanischen Corona-Mutation wird Tirol ab Freitag für zehn Tage zur Testpflichtzone. Wer das Bundesland verlassen will, muss dann einen negativen Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Das hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Ausgenommen davon wird Osttirol. Auch Kinder bis 10 Jahren brauchen keinen negativen Test. Ansonsten gilt die Test-Pflicht auch bei der Durchreise.
Kurz begründete die Maßnahme Dienstagnachmittag damit, dass vor allem der Impfstoff von Astra Zeneca bei der südafrikanischen Variante eine deutlich geringere Wirksamkeit zeige. Es müsse alles getan werden, um die Ausbreitung dieser vor allem im Bezirk Schwaz auftretenden Variante in Tirol und auf andere Teile Österreichs zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Die Maßnahme sei mit Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und der Tiroler Landesregierung abgesprochen, so Kurz.
Kontrolliert wird das Vorhandensein der Tests an den Landesgrenzen von Polizei und Bundesheer. Circa 1.000 Beamte werden im Einsatz sein, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Wer ohne Test erwischt wird, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 1.450 Euro rechnen.
Kurz betonte, in Österreich gebe es außerhalb Tirols derzeit nur einzelne Fälle der südafrikanischen Mutation. In Tirol bestehe aber eine “besondere Situation”: “Bisher gibt es 400 Verdachtsfälle, 293 sind bestätigt” – und mehr als 120 seien derzeit aktiv – “die Masse davon im Bezirk Schwaz”. Daher könne es nur zwei Ziele geben: Erstens die Ausbreitung in Tirol selbst zu verhindern und zweitens “alles zu tun, die Ausbreitung auf andere Teile Österreichs zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen”.
Denn wenn sich die südafrikanische Variante durchsetzen sollte, dann wäre das ein “Horrorszenario”, “weil dann ein Gutteil des Impfstoffes nur sehr eingeschränkt wirkt”. Denn die Hälfte der bis zum Sommer in Österreich erwarteten Impfstoff-Dosen werde von Astra Zeneca kommen. “Wenn das passiert, wirft uns das um Monate zurück.” Dem Argument, dass die Impfstoffe ohnehin adaptiert werden, um auch gegen die Mutationen wirksam zu werden, hielt Kurz entgegen, dass dies Monate dauern werde: “Wenn sich die Mutationen wie die südafrikanische schnell und stark ausbreiten, kostet das vielen Menschen ihr Leben – und der Weg zur Normalität wird sich noch einmal um Monate verzögern.”
Am Abend wurde mit einer gemeinsamen Aussendung von Kurz, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) demonstriert, dass man diesmal an einem Strang zieht. Oberstes Ziel sowohl von Bundes- als auch Landesregierung sei es, die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu schützen und eine weitere Verbreitung der gefährlicheren Corona-Mutation so gut wie möglich zu verhindern, hieß es in der gemeinsamen Stellungnahme.
Die Testpflicht bei der Ausreise aus Tirol gilt auch bei der reinen Durchreise durch das Bundesland, wie es auf Nachfrage aus dem Kanzleramt zur APA hieß; auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bestätigte diese Vorgabe und die ÖBB teilten diese ihren Fahrgästen bereits mit. Das heißt, wer beispielsweise von Linz nach Dornbirn will, muss ein negatives Attest mitführen, auch wenn er gar nicht plant, in Tirol auszusteigen.
Kurz sagte angesichts der “emotionalen Debatte” der letzten Tage, es sei “niemand schuld daran, dass es Mutationen gibt”. Tirol liege bei der 7-Tages-Inzidenz insgesamt unter dem Österreich-Schnitt, betonte der Kanzler. “Aber der Ausbruch der südafrikanischen Variante ist der größte derzeit bekannte in der Europäischen Union und dementsprechend muss er auch bekämpft werden in Tirol – und darüber hinaus auch in Österreich.” Und der Regierungschef verwies auch auf die möglichen Auswirkungen auf den Tourismus: Urlauber würden dann nicht kommen können, denn ein Gutteil der Europäer werde mit Astra Zeneca geimpft werden.
Gesundheitsminister Anschober sagte zu den Mutationen, die Situation ist “tatsächlich eine ernste”. “Je größer der Anteil der Mutanten am Infektionsgeschehen ist, desto stärker drückt das auch auf den Reproduktionsfaktor”, man sehe bei diesem bereits jetzt eine leichte Steigerung. Dann sei es zu erwarten, dass es auch zu einer Steigerung bei der Zahl der Neuinfektionen insgesamt komme.
Der “Tipping Point” liege bei einem Anteil von rund 50 Prozent der Mutante am gesamten Infektionsgeschehen. “Wenn das eine dominante Mutation ist, die sich durchgesetzt hat, dann heißt das, dass es auch eine verstärkte Infektionssituation im Land gibt. Deswegen müssen wir begrenzen, alles tun, was möglich ist” – auch wenn sich derzeit die Zahl der aktiven Fälle insgesamt reduziere. Insgesamt sprach Anschober von einem “guten Paket” – und verwies auch auf die bereits verkündeten Pläne, etwa Zugangstests zu den Seilbahnen in Tirol vorzuschreiben.
Angesprochen auf die Überlegungen in Bayern, die Grenzen zu Österreich zu schließen, sagte Kurz, es bestehe eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Nehammer und dem deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU). “Es braucht ein gutes Miteinander”, so Kurz.
Dass die Kontrollen erst ab Freitag stattfinden, begründet der ÖVP-Chef damit, dass es eine entsprechend Vorbereitungszeit brauche. “Entschlossenheit ist wichtig, aber Hektik und Chaos sind nicht sinnvoll.”
Für die SPÖ kommen die Maßnahmen der Bundesregierung zu spät. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner betonte in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass schon vor einer Woche gehandelt hätte werden müssen, als die Regierung vor dem unkontrollierten Ausbruch der südafrikanischen Virusvariante in Tirol gewarnt worden sei. “Die Bundesregierung hat mit ihrem Zaudern und Zögern wertvolle Zeit verstreichen lassen – Zeit, die das Virus genutzt hat, denn das Virus lässt nicht mit sich verhandeln.” Für Rendi-Wagner stellt sich auch die Frage, ob Maßnahmen, die zudem erst Ende der Woche in Kraft treten sollen, noch ausreichen, um die Mutation auszubremsen und eine Verbreitung über Tirol hinaus zu verhindern. Ihrer Einschätzung nach wäre es effektiver, jene Bezirke, wo die neue Virusvariante am stärksten grassiert, unter Quarantäne zu stellen. “Das wäre der Weg der Sicherheit für Tirol und ganz Österreich.”
Auch für FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer waren die Entscheidungen nicht wirklich nachvollziehbar. “Erst werden Wochen vergeudet, um der in Tirol angekommenen Virusmutation entgegenzuwirken, dann wird mit der zehntägigen Ausreissperre ohne Coronatest eine Placebo-Maßnahme gesetzt, um im offen ausgetragenen Streit mit Tiroler Verantwortlichen einen vermeintlichen Sieg zu erringen”, so Hofer. Auch die Zahlen und Daten sprächen gegen die Verschärfung der Maßnahmen, erinnerte Hofer an die in Tirol niedrigere 7-Tages-Inzidenz als in den meisten anderen Bundesländern.
Von: apa
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13 Kommentare auf "Tirol wird ab Freitag zur Corona-Testpflichtzone"
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Was? Wie bitte?
Kann mir jemand mal bitte erklären ob ich es richtig verstanden habe: Wenn ich von Südtirol nach Bayern mit dem Auto fahre, ohne in Österreich stehen zu bleiben, muss ich einen Negativen Test bei den Österreichen vorzeigen?
Ich bin Pendler und fahre jede Wochen hin und her und wieder zurück. Seit Jahren. Ohne jemals in A anzuhalten.
Hallo @Waldvogel
Durchreise ist frei. Wie sich diese Durchreise gestaltet ist allerdings in der Hand von Wien/Innsbruck.
Kann also eine schriftliche Erklärung der Durchreise sein, es kann der Tankstand kontrolliert werden ob es auch wirklich für eine Durchreise reicht.
Solche Sachen eben..
Für Südtiroler gelten darüberhinaus die Einreisebestimmungen nach D und für die Rückreise die Bestimmungen Südtirols.
Aber Tirol/Österreich hat die Durchreise zu gewähren.
Findet sich hier unter “Uneingeschränkte Einreise für bestimmte Personengruppen”:
https://www.oesterreich.gv.at/themen/freizeit_und_strassenverkehr/reisen_und_ferien/Reisebeschränkungen-durch-das-Coronavirus.html
Aktuell braucht es aber für Bayern sowieso einen Negativtest, egal ob aus A oder Südtirol von daher ist die Diskussion hinfällig..
Gruss nach Südtirol
@Andreas1234567
Vielen Dank Andreas 😉
Waldvogel ist jetzt mit Corona nötig.Hab ich vollstes Verständnis.
Wann schliessen wir endlich den Brenner? Wenn es umgekehrt wäre, wäre dies schon längst geschehen.
Stadtler weil Ihr raus wollt aber kaum Einer rein😂
Die Österreicher drehen auch immer mehr durch.
PeterSchlehmi…vorbildlich und richtig👌.Werdet schon sehn was Ihr von Eurer Ign oranz und Verharmlosung habt.🤨
Der Mutant wurde von den Airlines eingeflogen, jetzt ist er nicht mehr aufzuhalten.
na ja vielleicht sind es die internet einkäufe die den virus überbringen
Für Tirol eine Katastrophe. Keiner wird mehr dort hin fahren, wenn er nicht mehr ihn aktuellen Test zurück kann.
pfalzer….oh doch.Die Südtt.fahren für viele Gründe raus.Da gibt es zu viel auf Das Sie nicht verzichten wollen😅😅
Ich bin lieber noch 2 wochen in Tirol “eingesperrt” als wieder im lockdown… Ich bin italienische Staatsbürgerin und würde nichts lieber tun als meine Verwandtschaft mit meinen Kindern besuchen zu gehen. Mein kleiner Sohn hat seine Oma und seine Tante erst 2 mal gesehen und er 2 Jahre alt…. Aber lieber so als lockdown