Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, hat der Ukraine bei einem Besuch in der Hauptstadt Kiew die fortdauernde Unterstützung der USA zugesichert. Die Vereinigten Staaten seien bereit, der Ukraine so lange wie nötig beizustehen, sagte die Diplomatin am Dienstag bei einem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Angaben der US-Mission bei den Vereinten Nationen.
Mit Selenskyj habe sie unter anderem über die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln weltweit gesprochen und darüber, wie das von der UNO vermittelte Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine aufrechterhalten und ausgeweitet werden könnte.
In einem kriminaltechnischen Labor informierte sie sich darüber, wie die Ukrainer Beweise für Gräueltaten der russischen Besatzer sammelten und dokumentierten. Der Krieg werde erst enden, wenn die Verantwortlichen für die Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen würden, sagte die Diplomatin im Anschluss.
Im Zuge des Besuchs kündigten die USA weitere humanitäre Hilfe von 25 Millionen US-Dollar für bedürftige Menschen im nahenden Winter an. Seit dem russischen Einmarsch Ende Februar stellten die USA der Ukraine nach eigenen Angaben bereits mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar an humanitärer Hilfe bereit.
Im Abwehrkampf gegen Russland ist vor allem die amerikanische Militärhilfe für die Ukraine von entscheidender Bedeutung. Der Besuch von Thomas-Greenfield fiel auf den Tag der Zwischenwahlen in den USA. Ihr Ausgang könnte sich auch auf die US-Unterstützung für das angegriffene Land auswirken.
Selenskyj hatte bereits die Hilfsbereitschaft der internationalen Gemeinschaft gelobt. “Die aktuelle Eskalation des russischen Raketen- und Drohnenterrors hat nur dazu geführt, dass die Welt (…) mit neuer Hilfe für die Ukraine antwortet”, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht auf Dienstag. Russland müsse zu ernsthaften Friedensgesprächen gezwungen werden, so Selenskyj.
Am Montagabend hatte Verteidigungsminister Olexij Resnikow über den Erhalt neuer Flugabwehrsysteme aus US-amerikanischer und italienischer Produktion berichtet. Zuletzt hatten russische Raketen- und Drohnenangriffe erhebliche Teile der ukrainischen Strom- und Wasserinfrastruktur zerstört. Mehrere Millionen Ukrainer haben seitdem jeden Tag nur stundenweise Strom.
Die Ukraine ist nach den Worten von Präsidentenberater Mychajlo Podoljak zu Verhandlungen mit Russland bereit – aber nur mit dem künftigen Nachfolger von Präsident Wladimir Putin.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu besuchte unterdessen Angaben aus Moskau zufolge eigene Soldaten in der Ukraine. Sein Ministerium veröffentlichte am Dienstag ein Video, das zeigt, wie Schoigu sich von dem neuen Kommandanten der russischen Truppen im Nachbarland, Sergej Surowikin, die militärische Lage erklären lässt. Zudem zeichnete der Politiker russische Soldaten mit Orden aus. Wo genau in der Ukraine Schoigu sich aufgehalten haben soll, wurde nicht bekanntgegeben.
Das russische Militär griff am Dienstag eine Reihe von Zielen in der Ukraine an. Wie der ukrainische Generalstab mitteilte, seien bei den Angriffen in den Gebieten Charkiw, Donezk, Saporischschja und Cherson sowohl Raketen als auch Kampfflugzeuge zum Einsatz gekommen. “Unter Verletzung des humanitären Völkerrechts und der Regeln der Kriegsführung werden weiterhin kritische Infrastruktur und Wohnhäuser angegriffen”, schrieben die Militärs auf Facebook. Über die Auswirkungen der Angriffe wurden keine näheren Angaben gemacht.
Der Generalstab der Ukraine warf den Behörden des Nachbarlandes Belarus vor, die Angriffe Russlands gegen ukrainische Ziele weiterhin zu unterstützen, indem sie “Infrastruktur, Territorium und Luftraum” zur Verfügung stellten. “Es besteht auch weiterhin die Gefahr, dass der Feind Luftangriffe mit Kampfdrohnen vom Territorium und Luftraum dieses Landes aus startet.”
In der Region um die südukrainische Stadt Cherson registrierte der Generalstab in Kiew die fortgesetzte organisierte Plünderung durch russische Soldaten. So seien am Vortag Konvois mit gestohlenen Haushaltsgeräten und Baumaterialien beobachtet worden, zugleich werde die Demontage von Mobilfunkmasten und -anlagen fortgesetzt. Zudem seien aus dem Regionalmuseum des sowjetisch-ukrainischen Kunstmalers Olexij Schowkunenko “alle Kunstgegenstände und sogar die Möbel” von den Besatzern mitgenommen worden.
Von: APA/dpa/Reuters