Die Pipeline-Lecks ließen tausende Kubikmeter Gas entweichen

USA: Pro-ukrainische Gruppe hinter Nord-Stream-Sprengungen

Dienstag, 07. März 2023 | 21:05 Uhr

Die Spuren im Fall der durch Explosionen unterbrochenen Nord-Stream-Pipeline in der Ostsee führen laut deutschen und US-amerikanischen Medienberichten in die Ukraine. Die USA vermuteten nach einer Überprüfung durch Geheimdienste, dass eine pro-ukrainische Gruppe hinter dem Anschlag steckt, berichtete die “New York Times” am Dienstag. Es gebe jedoch keine Beweise, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj oder seine führenden Mitarbeiter daran beteiligt gewesen seien.

Auch Recherchen der deutschen Rundfunkanstalten ARD, SWR und der Wochenzeitung “Zeit” ergaben Indizien in Richtung Ukraine. An den Ermittlungen seien Behörden in Deutschland, Schweden, Dänemark, den Niederlanden und USA beteiligt gewesen, berichtete die “Zeit” am Dienstagabend online.

Selenskyjs Berater Mychailo Podoljak sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Regierung in Kiew sei “absolut nicht verwickelt” in den mutmaßlichen Sabotageakt. Laut Medien gibt es auch keine Hinweise, dass Einzeltäter auf Geheiß ukrainischer Regierungsvertreter agiert hätten.

Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte auf einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, er habe keine weiteren Kommentare dazu. Stoltenberg erklärte, man wisse, dass es ein Angriff, eine Sabotage war. Es wäre falsch, vor Abschluss der Untersuchungen darüber zu spekulieren, wer dahinterstecke.

Der “New York Times” zufolge räumten die US-Regierungsvertreter ein, dass vieles noch unklar sei – etwa wer genau die Sprengungen verübt, wer sie angeordnet und wer den Einsatz finanziert habe. Es gebe aber Hinweise darauf, dass es sich um Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin handle. Verantwortlich seien vermutlich ukrainische oder russische Staatsbürger. Britische oder US-Staatsbürger seien nicht beteiligt gewesen.

Die USA und die NATO hatten die Explosion sieben Monate nach Beginn der Invasion der Ukraine als Sabotage bezeichnet. Westliche Politiker spekulierten, Russland könne hinter der Attacke stecken. Die Regierung in Moskau sieht den Westen als Strippenzieher und verlangte im UN-Sicherheitsrat eine unabhängige Untersuchung. Beweise hat keine der beiden Seiten vorgelegt. Am Dienstag bekräftigte der stellvertretende russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Dmitry Poljanskij, die Explosion müsse von unabhängigen Experten untersucht werden.

Seitens der Regierung in Berlin hieß es, dass man die Berichte zur Kenntnis genommen habe. “Der Generalbundesanwalt (GBA) ermittelt seit Anfang Oktober 2022 in der Sache. Er hat damit die Hoheit über das Verfahren. Darüber hinaus laufen Untersuchungen in Schweden und Dänemark zu den Explosionen, jeweils unter Federführung der dortigen nationalen Behörden.”

Die “New York Times” schrieb, aus den neuen Hinweisen gehe nicht hervor, wer für die Anschläge bezahlt oder sie in Auftrag gegeben habe oder aus welchen Mitgliedern sich die pro-ukrainische Gruppe zusammensetze. Auch die “Zeit” berichtete, die deutschen Ermittler hätten bisher keine Beweise dafür gefunden, wer die Zerstörung in Auftrag gegeben hat.

Es sei den Ermittlern aber gelungen, das Boot zu identifizieren, das mutmaßlich für den Einsatz verwendet wurde. Es soll sich um eine Jacht handeln, die von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sei, die offenbar zwei Ukrainern gehört. Der Anschlag soll demnach von sechs Personen durchgeführt worden sein: einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin. Die Gruppe soll am 6. September 2022 von Rostock aus in See gestochen sein.

Durch die Pipeline Nord Stream 1 hatte Russland bis zum Lieferstopp Gas aus Sibirien nach Deutschland und in weitere europäische Länder gepumpt. Nord Stream 2 wurde wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht in Betrieb genommen. Die beiden Doppelröhren waren mit Ausnahme einer Pipeline durch Explosionen im September 2022 beschädigt worden.

Explosionen hatten im September in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Nach Angaben Schwedens steckt Sabotage hinter dem Vorfall. Demnach wurden Sprengstoffreste nachgewiesen.

Über die Frage, wer hinter der mutmaßlichen Sabotage steckt, hat es viele Spekulationen gegeben. Verdächtigt wurde unter anderem Russland selbst – auch wenn unklar blieb, warum die Regierung in Moskau Pipelines sprengen sollte, die für den Export von russischem Erdgas bestimmt sind.

Die russische Regierung hat jegliche Verantwortung von sich gewiesen und mit dem Finger auf Washington gezeigt. Die US-Regierung hatte sich gegen den Bau von Nord Stream 2 gestemmt und das Projekt als geopolitisches Druckmittel des Kreml verurteilt.

Anfang Februar sorgte dann der bekannte US-Investigativreporter Seymour Hersh mit einem Bericht für Aufsehen, demzufolge die USA die Pipelines gesprengt haben sollen. US-Marinetaucher hätten im Juni bei einer vom Weißen Haus angeordneten und vom US-Auslandsgeheimdienst CIA geplanten verdeckten Operation mit Hilfe Norwegens Sprengsätze an den Gaspipelines angebracht. Die Sprengsätze seien dann im September ferngezündet worden.

Die US-Regierung hat dies entschieden zurückgewiesen. “Das ist völlig falsch und eine vollkommene Erfindung”, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Adrienne Watson. Unabhängige Faktenprüfer haben auf Ungereimtheiten in dem Hersh-Bericht hingewiesen. Der Journalist hatte den Bericht nicht in einem großen Medium, sondern auf seinem Blog veröffentlicht. Der 85-Jährige beruft sich zudem nur auf eine anonyme Quelle.

Von: APA/Reuters/dpa/AFP

Kommentare

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17 Kommentare auf "USA: Pro-ukrainische Gruppe hinter Nord-Stream-Sprengungen"


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65Wendi
65Wendi
Grünschnabel
18 Tage 10 h

Also Russland ist zwar kein Unschuldslamm,aber was hätte es davon Ukraine oder USA sind die Einzigen die provetieren aber das wird wohl nie ans Licht kommen ,eher wird ein Sündenbock gesucht um von sich selber abzulenken

Frank
Frank
Universalgelehrter
18 Tage 9 h

Es spricht auch Bände, daß laut verschiedenen beteiligten Ermittlern die Schweden angeblich genauere Erkenntnisse haben, diese aber nicht herausrücken, dafür aber relativ schnell anfangs beteiligte internationale Ermittler ausgeschlossen haben. Si zumindest ein Bericht der ARD im Januar.
Wer mag da wohl die Schweden unter Druck setzen? Und wer möchte nicht mit den Konsequenzen der Aussage, man werde diesen Anschlag auf die Energieversorgung Europas nicht ungestraft lassen, konfrontiert werden?

Gredner
Gredner
Kinig
18 Tage 9 h

Ich hatte von Anfang an auf Polen getippt. Zumindest die verwickelte Yacht scheint nun aus Polen zu kommen… mal sehen…

Hustinettenbaer
18 Tage 8 h

Taraaa: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen // Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Sun
Sun
Universalgelehrter
18 Tage 7 h

Egal wer es war, man hätte bereits 2014 den Bau von Nordstream 2 einstellen müssen.

Gredner
Gredner
Kinig
18 Tage 6 h

@Sun wohlgemerkt: es war die Ukraine, die 2006 den Gasdurchfluss nach Europa unterbrochen hatte. Dies war der Auslöser eine alternative Route zu suchen um nicht von der Laune Ukraines abhängig zu sein. NordStream war die logische Konsequenz. Die Entscheidung damals war mehr als richtig. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Russisch-ukrainischer_Gasstreit

Frank
Frank
Universalgelehrter
18 Tage 9 h

Hmm, komisch, Militärexperten in ganz Europa sind sich einig, daß eine solche Operation nur von einer staatlichen Organisation ausgeführt werden konnte. Von daher klingt die amerikanische Erklärung nicht glaubwürdig.

Neumi
Neumi
Kinig
18 Tage 9 h

Die amerikanische Erklärung sagt im Grunde gar nichts.
Sie sagen nicht, dass es nicht die Ukraine war. Nein, sie sagen, dass keine Verbindung nachgewiesen werden konnte.
Kann stimmen oder nicht, jedenfalls haben sie niemanden beschuldigt oder freigesprochen.

xXx
xXx
Kinig
18 Tage 8 h

Vielleicht sagt man das auch nur um zu beruhigen, weil unsere kritische Infrastruktur so angreifbar ist. Ich wüsste kein Grund warum es dafür einen ganzen Staat oder ein Militär brauchen sollte.
Jeder Hoppyterrorist stellt ohne Probleme Sprengstoff her. Jeder Mensch kann sich ein Boot leihen und kein Mensch kontrolliert da irgendwas. Für Berufstaucher sind arbeiten bis 200 Meter tiefe heutzutage Routine.
Fehlt noch was? 🤔

fingerzeig
fingerzeig
Tratscher
18 Tage 7 h

@Neumi
………………..

Pasta Madre
Pasta Madre
Superredner
18 Tage 10 h

Ich denke es war der BAS.

info
info
Superredner
18 Tage 10 h

BAS sprengt GAS!
Die gingen ja immer schon auf Energielieferwege.

Hustinettenbaer
18 Tage 10 h

Vermutlich waren´s die Dänen. 
Mit der gefürchteten schwedischen Spezialität Surströmming.
🤣🤣🤣

Ischjolougisch
Ischjolougisch
Tratscher
18 Tage 2 h

Sollten die Täter wirklich gefunden werden, verleiht ihnen einen Orden!
Die Russische Regierung kann bei der nächsten Ordensverleihung die sie für Vergewaltiger wie die von Butscha planen ja Alice Schwazer einladen.

N. G.
N. G.
Kinig
17 Tage 23 h

Wie ordnet man diesen Anschlag jetzt ein. Zuerst wurde Russland mit Putin verdächtigt und damit verurteilt und jetzt könnten es Leute aus dem Westen gewesen sein und das macht die Sache dann natürlich zu ner Guten?
Jenachdem wers war, gibt es dann ne andere Beurteilungen!?

Zugspitze947
17 Tage 15 h

Egal wer es war es war sehr gut gegen den Kriegsverbrecher Putin und seine Handlanger 😝👌

Frank
Frank
Universalgelehrter
17 Tage 11 h

Und gut vor Allem gegen die Energieversorgung Europas?
Denkst Du manchmal vor dem Schreiben auch mal nach?

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