Babler und die wiedergefundene Fröhlichkeit

Wahlkommission erklärt Babler zum SPÖ-Vorsitzenden

Dienstag, 06. Juni 2023 | 22:33 Uhr

Mit drei Tagen Verspätung ist Andreas Babler am Dienstag zum 13. Vorsitzenden der SPÖ gekürt worden. Die Wahlkommission führte notariell begleitet eine Neuauszählung der Stimmen vom Linzer Parteitag durch und kam zum Ergebnis, dass sich der Traiskirchener Bürgermeister dort durchgesetzt hat. Bei der Veranstaltung war noch Hans Peter Doskozil zum Sieger erklärt worden.

Bereits am Montag hatte die Leiterin der Wahlkommission Michaela Grubesa konzedieren müssen, dass die Stimmen falsch zugeordnet worden seien, konkret für Babler die Stimmen Doskozils und vice versa ausgewertet wurden. Der Bürgermeister beauftragte daraufhin eine Neuauszählung, die allerdings nicht unter Grubesas Ägide durchgeführt wurde. Sie übernahm noch am Vormittag die Verantwortung für das Parteitagsdebakel und zog sich zurück.

Babler gab sich am Nachmittag eher ungerührt davon, dass ihm der Triumph vor den gut 600 Delegierten durch das Zahlen-Chaos verwehrt wurde. Vielleicht tröstet er sich damit, dass er den ordentlichen Parteitag vom Frühling 2024 in den kommenden Herbst vorverlegen lässt. Bei dieser Veranstaltung will er die Statuten auch derart ändern lassen, dass künftig die Mitglieder den Parteivorsitzenden wählen und Koalitionsabkommen ebenso der Basis vorgelegt werden müssen.

Für den neuen Vorsitzenden liegt die Partei derzeit “ziemlich am Boden”. Er will der SPÖ Stolz und Würde zurückgeben und sie zu einer Bewegung machen, die sich vor nichts und niemandem fürchte. Das Comeback der Sozialdemokratie starte hier und heute.

Dafür wird Babler ein Team brauchen, das er zwar schon vor Augen hat, heute aber noch nicht präsentierte. Was konkrete Personen anbelangt, hielt er sich bedeckt. Jedenfalls will er aber am morgigen Dienstag eine interimistische Leitung für die Parteizentrale in der Löwelstraße installieren. Namen nannte er in der “ZIB2” keinen, diesen sollen zuerst die Mitarbeiter erfahren.

Morgen könnte auch ein Präsidium tagen, das aber auch noch nicht entscheidungsbefugt wäre. Er selbst wird jedenfalls nicht den Klub vom Bundesrat aus führen. Dafür würden Abgeordnete aus dem Nationalrat zuständig sein, kündigte Babler an. Ohnehin ließ er offen, ob er in der Länderkammer und als Bürgermeister langfristig tätig bleibt. Vorerst werde er beide Funktionen “bis auf weiteres” ausüben.

In Bewegung bleibt der neue Parteivorsitzende jedenfalls. Über den Sommer soll es eine Tour durch ganz Österreich geben. Einbinden in die Partei will er ohnehin alle Lager. Er selbst sei nie Teil eines solchen gewesen, betonte der Liebling des linken Parteiflügels ein weiteres Mal. Zu allererst müsse die Partei jetzt aber einmal auf ihre Mitglieder zugehen. Doskozils Akzeptanz der Niederlage nannte Babler übrigens “konstruktiv”. Den burgenländischen Landeshauptmann telefonisch erreicht hat er bei mehreren Versuchen allerdings nicht.

Auf Koalitionsvarianten ließ sich Babler am Dienstag nur bedingt ein. Die Freiheitlichen schloss er als Partner aus, der ÖVP richtete er aus, diese müsse erst einmal schauen, wieder koalitionsfähig zu werden. Als Doskozil eine Zusammenarbeit mit Freiheitlichen und Volkspartei abgelehnt hatte, hatte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig zuletzt gegrollt. Babler formulierte heute dann schon vorsichtiger.

Auch wenn der neue Chef der Roten heute schon deutlich besser gelaunt als am Vortag und wie üblich vor Selbstbewusstsein strotzend vor die Öffentlichkeit trat, war die Stimmung in der Partei gedämpft und es hagelte Entschuldigungen für das Auszählungsdesaster – so auch vom neuen Parteichef selbst, wiewohl der damit nichts zu tun hatte.

Die Erklärungen abzugeben hatte die neue Leiterin der Wahlkommission Klaudia Frieben. Viel anderes als am Montag Grubesa sagte sie nicht. Alle Stimmen seien zwar in den elf Wahlstraßen korrekt ausgezählt worden, doch habe es beim Übertragen der Ergebnisse in eine Excel-Datei den “fatalen Fehler” gegeben. Dass nicht nachgezählt wurde, nahm Grubesa am Dienstag als Anlass für ihren Rücktritt.

Freilich muteten auch die Ereignisse vom Montag etwas seltsam an. Da im Endergebnis eine Stimme gefehlt hatte, machten sich Parteimitarbeiter daran, die in Paletten von Linz transportierten Stimmzettel neu auszuzählen. Laut Frieben aus eigenem Antrieb, laut Partei auf Ersuchen Grubesas. Dort fand man zwar die fehlende Stimme, merkte aber auch, dass man den falschen Sieger ausgerufen hatte.

Nunmehr steht das Ergebnis jedoch fest: 317 Stimmen gingen an Babler, 280 an Doskozil, fünf Delegierte wählten ungültig. In Prozenten holte der neue Parteichef 52,66 Prozent, Doskozil 46,51. Der Rest war ungültig. Normal werden die Prozente freilich nur von den gültigen Stimmen errechnet. Diesmal entschied man sich anders.

Geschlossenheit als Devise gaben am Abend in der ORF-Sendung “Report” Umweltsprecherin und Babler-Unterstützerin Julia Herr sowie Sozialsprecher und Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch aus. Vorsitzwahl und Parteitag seien “statutenkonform” abgelaufen, das Ergebnis wurde mit einem Notar nachgezählt und “pickt jetzt”, so Herr. Nun gelte es, das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen. Auch Muchitsch verwies darauf, dass das Ergebnis zu akzeptieren sei. Am Ende des Parteitages sei die Geschlossenheit “klar” zu erkennen gewesen. “Ich gehe davon aus, dass es auch jetzt so sein wird.”

Im ORF Burgenland erklärte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag in Andau, wo die LH-Konferenz stattfindet, dass es zwischen ihm und Doskozil kein klärendes Gespräch braucht: “Es gibt einen neuen Bundesparteivorsitzenden der SPÖ. Ich bin überzeugt, dass jetzt alle an einem Strang ziehen werden, um die vergangenen Wochen und Monate vergessen zu lassen.” Ludwig hofft außerdem, dass Doskozil in Zukunft verstärkt vom Burgenland aus die Bundespartei unterstützt. Er verstehe, dass dieser nun Zeit brauche, um die Situation zu verarbeiten. Es werde in den nächsten Tagen Gelegenheit geben, alles weitere zu besprechen, so Ludwig.

Die anderen Parteien sind der Vorsitz-Wechsel in der SPÖ offenbar auch schon müde. Per Aussendung kam nur eine Reaktion der NEOS. Generalsekretär Douglas Hoyos meinte: “Jede Sparvereinswahl läuft professioneller ab als diese Wahl um den SPÖ-Vorsitz.” Von Babler gelte es jetzt rasch klarzustellen, wofür die SPÖ stehe.

Via Twitter gratulierte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) dem neuen SPÖ-Chef und wünschte Babler, “dass wieder Stabilität in die Sozialdemokratie kommt und nun Klarheit geschaffen ist. Für die Demokratie in Österreich und das Vertrauen in sie wäre das wichtig.”

Von: apa