Málaga feiert das skulpturale Werk von Pablo Picasso

Jubiläum: Málaga feiert den “unbekannten” Bildhauer Picasso

Dienstag, 09. Mai 2023 | 05:04 Uhr

Pablo Picasso ist der wahrscheinlich am häufigsten ausgestellte Künstler aller Zeiten. Allein heuer laufen weltweit über 50 Sonderausstellungen, um das 50. Todesjahr des spanischen Malerfürsten zu feiern. Um so unglaublicher, dass es immer noch Facetten und Aspekte in dessen Œuvre gibt, die den meisten relativ unbekannt sind.

So widmete sich Picasso (1881-1973) beispielsweise seit den 1950er Jahren intensiv der Poesie, schrieb Gedichte. Zusammen mit der französischen Modedesignerin Coco Chanel arbeitete er gleich an zwei Theaterstücken, für die er die Bühnenbilder malte. Und was viele nicht wissen: Picasso war auch Bildhauer.

Vom heutigen Dienstag (9. Mai) an bis 10. September gibt das Picasso Museum in Málaga, der Heimatstadt des Künstlers, mit 60 Arbeiten einen faszinierenden wie überraschenden Überblick über das skulpturale Werk zwischen 1909 und 1964. “Picasso Bildhauer: Materie und Körper” ist die erste große Picasso-Jubiläumsausstellung in Spanien, die im Anschluss ins Guggenheim Museum nach Bilbao wandert.

Wir kennen Picasso eigentlich als Maler, als Schöpfer grandioser Gemälde wie “Les Demoiselles d ́Avignon”, mit dem er 1907 den Kubismus einleitete. Bei dem Namen Picasso denkt jeder sofort ans “Guernica”, sein 1937 geschaffenes Monumentalgemälde, mit er auf den Horror des Spanischen Bürgerkriegs reagierte und das zum universalen Antikriegsbild schlechthin avancierte.

Doch eine konkrete Skulptur können die wenigsten mit Picasso in Verbindung bringen. “Dabei hat die Bildhauerei ihn sein Leben lang begleitet. Fast 700 Skulpturen hinterließ uns Picasso”, stellte Ausstellungskuratorin Carmen Giménez im Gespräch mit der APA klar.

Sie gibt zu, dass Picassos bildhauerisches Werk dennoch relativ klein sei, vergleiche man es mit den über 4.500 Gemälden und Tausenden von Zeichnungen, die er fertigte. Die Gründe dafür, dass Picassos skulpturales Werk weithin unbekannt blieb, seien allerdings andere. “Bis 1966 weigerte er sich schlichtweg, seine Skulpturen auszustellen oder sie zu verkaufen. Dadurch kannte auch nur Insider seine bildhauerische Fähigkeit”, so Giménez. 1966 – da war der Künstler bereits 85 Jahre alt.

“Mein Großvater”, erklärte Bernard Ruiz Picasso während der Ausstellungspräsentation, “hatte immer ein persönliches, intimes Verhältnis zu seinen Skulpturen. Er liebte sie, wollte sie nahe bei sich haben”. Doch was war für ihn der Unterschied zwischen Malerei und Bildhauerei? Eigentlich unterschied er gar nicht so sehr zwischen beiden Kunststilen, meint Kuratorin Giménez. Er verband häufig sogar beide Arten der Kreation, bemalte vor allem immer wieder Holzskulpturen wie die aus der Serie “Stehende Frau” von 1953. Für Picasso waren die Übergänge zwischen Malerei und Bildhauerei fließend.

“Was Picasso jedoch an der Skulptur so faszinierte, war ihre Dreidimensionalität, die ihm gerade in seiner kubistischen Anfangsphase beim Zerwürfeln und geometrischen Zerstückeln seiner Figuren und Gegenstände einen unheimlich großen Spielraum gab”, meint die international angesehene Picasso-Expertin.

Picasso war ein Künstler, der sich und seine Kunst immer wieder zerstörte, um sich neu zu erfinden. “Und in der Bildhauerei konnte er sich richtig austoben – ohne Grenze, mit neuen Materialien”. Ob mit Holz, Gips, Bronze, Ton, Zement, Blech oder Eisen. Picassos Experimentierfreude kannte bei der Skulpturen keine Grenzen. Aus einfachen Fundstücken wie einem Fahrradlenker und einem Sattel machte er seinen berühmten “Stierkopf”. Werke, die zu Vorreitern für nachfolgende Collagetechniken und Readymades wurden.

Besonders interessant – und darin sieht Giménez auch die Stärke und Einzigartigkeit von Picassos Skulpturen – sei die Tatsache, dass der Künstler niemals eine akademische Ausbildung in Bildhauerei hatte, sprich sich auch nicht an deren Vorgaben, Techniken und Traditionen hielt. “In dieser Freiheit konnte er das ganze Potenzial seiner künstlerischen Radikalität ausleben”, meint die Kuratorin. Folge: “Wie mit seiner Malerei revolutionierte Picasso auch mit seiner bildhauerische Arbeit wie kein anderer das Konzept der Skulptur”, meint Expertin Giménez.

Seine erster Skulptur “Sitzende Frau” stellte er 1902 im Atelier seines Bildhauerfreundes Emili Fontbona in Barcelona her. Danach entdeckte er im Musée d’Etnographie de Trocadero in Paris die afrikanische und ozeanische Masken- und Figurkunst, die auch großen Einfluss auf sein skulpturales Werk haben sollte.

Bei der Auswahl der Werke für die Schau in Málaga konzentrierte sich Carmen Giménez ausschließlich auf den Körper als “Grundpfeiler von Picassos gesamtes Schaffen”. Dabei gelingt es der Ausstellung bravourös, auch anhand der Skulpturen die unterschiedlichen Stile und Schaffensphasen Picassos nachzuzeichnen. Meistens handelt es sich bei seinen Skulpturen wie in seinen Gemälden um seine Frauen und Affären, um Sexualakte.

Wie in seiner Malerei bediente sich Picasso auch in der Bildhauerei mal realistischer, kubistischer, abstrakter, symbolischer oder surrealistischer Elemente. In seiner letzten Schaffensphase kehrte er zu in der Klassik inspirierter Formen bei Frauenköpfe wie “Sylvette” (1954) oder das von seiner Frau “Jacqueline” (1962) zurück. Doch stellte Picasso während des Zweiten Weltkrieges auch “Totenkopf”-Skulpturen her, “gefesselte Hände”.

Picassos skulpturales Werk ein wenig bekannter zu machen, das ist die Aufgabe dieser Sonderstellung. Selbst in Spanien ist es die ersten Exposition überhaupt, die sich seiner Bildhauerei widmet. Eine Ausstellung, mit welcher das Picasso Museum Málaga gleichzeitig auch sein 20. Jubiläum feiert.

(S E R V I C E – www.museopicassomalaga.org)

Von: apa