Der Musiker wurde von den 14.000 Fans frenetisch gefeiert

“Welche Wucht”: Grönemeyer in “seiner” Wiener Stadthalle

Donnerstag, 25. Mai 2023 | 13:24 Uhr

Der Anfang gab das Ende vor: Unter dem tosenden Applaus von 14.000 Besucherinnen und Besuchern schlenderte Herbert Grönemeyer am Mittwochabend gemütlich auf die Bühne der Wiener Stadthalle. Der deutsche Popmusiker musste keinen Ton singen, keine einzige Taste anschlagen, um seine Fans zu begeistern. Natürlich tat er es aber dennoch – und zwar ausgiebig. Die Show im Rahmen seiner aktuellen Tour war ein dreistündiger Triumphzug des Stars zum Anfassen.

Grund für den Besuch ist seine aktuelle, im März erschienene Studioplatte “Das ist los”, die Grönemeyer im Zuge der Mitte Mai gestarteten Konzertreise unter die Anhängerschaft bringt. Das ist natürlich eine Aktion, die unter die Kategorie “Eulen nach Athen tragen” fällt, gab sich das Wiener Publikum doch von Anfang an ungemein textsicher – ganz egal, ob es sich um alte Klassiker wie das früh gebrachte “Bochum” oder den wunderbar reduzierten Einstieg “Tau” vom aktuellen Album handelte. Vor wie auf der Bühne schien man sich einig, dass es ein besonderer Abend werden sollte.

Insofern war es wenig verwunderlich, dass dem 67-Jährigen schnell die Worte fehlten für das, was ihm entgegen gebracht wurde. “Welche Wucht!”, “Unübertroffen!”, “Ihr seid leiwand!” entfuhr es Grönemeyer, als sich die Menge zu seinen Anweisungen im “Schulterwalzer” wiegte (beim neuen Song “Herzhaft”), auch mal die leisen Stimmen ausgepackt wurden (Grönemeyer als Stichwortgeber für das “Sekundenglück”) oder aber die Fans “ihren” Herbert einfach nicht entlassen wollten und den Refrain von “Zeit, dass sich was dreht” immer weiter und weiter in die Halle schmetterten.

So war auch zu verschmerzen, dass angesichts dieser spürbaren Überwältigung die musikalischen Feinheiten und Details ziemlich unter die Räder kamen. Von einer neunköpfigen Band begleitet, gab Grönemeyer großteils den Stadionrocker und ließ nur selten den feinfühligen Poeten durchblitzen. Welch charmanter wie eigenwilliger Entertainer er ist, bewies er aber in allen Lagen. Da wurden die Tanzschritte und Bühnenposen so exaltiert wie eh und je gesetzt, gab es kreischende Selbstanfeuerungen nach jedem Jubelsturm und zwar wenige, dafür aber klug gesetzte Einführungsworte zu manchen Songs.

Von alten, weißen Männern und starken Frauen (“Turmhoch”) war da ebenso die Rede wie von einer jungen Generation, die nur schwer mit ihren Zukunftsängsten klar kommt (“Oh oh oh”). “Es ist Zeit, dass wir der Politik erklären, dass es fünf vor zwölf ist – wenn nicht schon zwölf!”, spielte Grönemeyer auf die Klimakrise an. Es müsse sich etwas ändern, “bevor die Welt überkocht”. Das Stück selbst wurde dann mit einer Animation der Erdkugel als Streichholzkopf, der angezündet wird, illustriert. Themen wie Heimat und Migration klangen wiederum bei “Der Schlüssel” sowie dem tanzbaren “Doppelherz” an.

Neben Futter für den Kopf gab es aber auch reichlich Training für Stimmbänder und Tanzbeine, denn Gassenhauer ließ Grönemeyer keinen im Köcher stecken: Von “Männer” über “Mensch” bis zu “Flugzeuge im Bauch” und “Demo (Letzter Tag)” war eigentlich alles dabei, was man sich wünschen könnte. Dazu gesellte sich eine zwar effektive, aber sehr zurückgenommene Lichtshow und ebensolche Visuals. Alles war der Musik untergeordnet. Wer braucht auch schon ablenkenden Firlefanz, wenn Grönemeyer über die Bühne fegt.

Ein Konzert als kollektives Erlebnis kann kaum etwas ersetzen. “Die letzten drei Jahre waren brutal. Es ist elementar, dass wir zusammenrücken und uns gegenseitig Mut machten”, appellierte der Sänger an seine Fans. In Wien schien man jedenfalls etwas richtig gemacht zu haben. Denn nicht nur gab es das in Österreich obligatorisch auf die Setlist rutschende “Ich hab dich lieb” zu hören, ganz am Ende wurde Herbert Grönemeyer sogar noch für das bisher auf der Tour noch nicht gespielte “Einmal nur in unserem Leben” zurück ans Klavier geklatscht. “Unfassbar, unbegreiflich, wundervoll” war sein Resümee. Nicht wenige werden es wohl ähnlich gesehen haben.

(S E R V I C E – www.groenemeyer.de)

Von: apa