Freihandelsabkommen der EU mit dem südamerikanischen Staatenbund

Deutschland: Mercosur-Pakt nur mit Nachhaltigkeit

Freitag, 10. März 2023 | 12:30 Uhr

Der deutsche Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat Bedingungen für eine Zustimmung zum Freihandelsabkommen der EU mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur genannt. “Die Bundesregierung wird nur dann einem Mercosur-Abkommen zustimmen, wenn darin nachhaltige Entwicklung fest und verbindlich verankert ist”, so Özdemir. “Das haben wir auch gegenüber der EU-Kommission klargemacht, die die Verhandlungen führt.” Aus der Austro-Regierung kamen zuletzt unterschiedliche Signale.

Zur Verankerung der Nachhaltigkeit sagte Özdemir weiter: “Das heißt für mich: Abholzung des Regenwalds stoppen.” Dies sei nicht nur ökologischer, sondern auch wirtschaftlicher “Irrsinn”.

Der deutsche Landwirtschaftsminister bricht am Samstagabend gemeinsam mit seinem Parteikollegen, Wirtschaftsminister Robert Habeck und einer Wirtschaftsdelegation zu einer mehrtägigen Reise nach Brasilien und Kolumbien auf. Die Wirtschaftsbeziehungen und die Klimakooperation mit beiden Ländern soll gestärkt werden. Die EU verhandelt seit Jahren über ein Freihandelsabkommen mit dem Mercosur.

Nach der Wahl des neuen brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva habe sich die Tür zum Schutz des für das Weltklima so wertvollen Amazonas-Regenwalds wieder geöffnet, so Özdemir. “Jetzt müssen wir auch gemeinsam mit Brasilien durch diese Tür gehen. Mehr Nachhaltigkeit und strategische Stärkung unserer Handelsbeziehungen – mit dem Mercosur-Abkommen haben wir die Chance, dass beides Hand in Hand geht. Und natürlich muss auch der hohe Schutz unserer heimischen Landwirtschaft gewährleistet bleiben.”

Aus der österreichischen Bundesregierung kamen zuletzt unterschiedliche Signale. Grünen-Chef, Vizekanzler Werner Kogler bekräftigte das “Nein” Österreichs, das im Regierungsprogramm auch festgehalten sei. Zudem gibt es in Österreich auch einen Parlamentsbeschluss aus 2019, der die Regierung gegenüber der EU zu einem Nein verpflichtet. Aus der ÖVP stellte sich Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig gegen das Abkommen, Agrarier sind traditionelle Gegner.

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) will gegebenenfalls eine Neubewertung durchführen, sollten etwaige Verhandlungen der EU-Kommission mit den Mercosur-Staaten Ergebnisse bringen. Auch andere Wirtschaftsvertreter der ÖVP, die NEOS sowie Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer wollen den Pakt. Dagegen sind SPÖ, FPÖ, Gewerkschaften, Arbeiterkammer und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace.

Vehementer Gegner hierzulande ist auch die Landwirtschaftskammer. Sie ist neben dem Handelsverband eine der wenigen Arbeitgeberorganisationen, die den Pakt in derzeitiger Form ablehnt.

Ganz ähnliche Kritik wie von der Landwirtschaftskammer kommt auch von der deutschen Bauernvertretung. Deren Präsident Joachim Rukwied forderte die deutsche Regierung auf, das Mercosur-Abkommen neu zu verhandeln. In der jetzigen Form sei es eine große Bedrohung für die deutsche und europäische Landwirtschaft. “Die EU will mit dem ‘Green Deal’ Vorreiter beim Klima- und Umweltschutz sein. An Agrarimporte werden aber nicht die gleichen hohen EU-Standards angelegt wie an die EU-Landwirtschaft”, sagte Rukwied. Die Ziele des Green Deals, etwa die Minderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, müssten genauso für Importe gelten. Gleiches gelte für Tierwohlstandards.

Der deutsche Landwirtschaftsminister Özdemir sagte weiter, in Brasilien und Kolumbien herrsche Aufbruchsstimmung. “Die neuen, reformorientierten Regierungen sind für uns wichtige Partner auf dem gemeinsamen Weg zu einer nachhaltigen Transformation unserer globalen Agrar- und Ernährungssysteme.” Die bilaterale Zusammenarbeit solle intensiviert werden. “Wir brauchen Zukunftspartnerschaften für eine nachhaltige Landwirtschaft. In Brasilien wollen wir den Agrarpolitischen Dialog ausbauen, gerade auch um die Entwaldung der Regenwälder zu stoppen. Kolumbien setzt auf eine massive Pestizidreduktion in der Landwirtschaft und wir werden mit unserer wissenschaftlichen Expertise unterstützen.”

Von: APA/dpa

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