Viele bestehende Gebäude in Südtirol plötzlich automatisch unterversichert

Explodierende Baukosten: Hält die Gebäudeversicherung nicht Schritt, kann es teuer werden

Freitag, 15. April 2022 | 11:04 Uhr

Bozen – Gestörte Lieferketten, erhöhte Nachfrage, Nullzins-Politik und zuletzt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine: Die Entwicklungen der letzten Monate und Jahre haben zu einem enormen Anstieg der Baukosten geführt.

Die explodierenden Kosten für die Baumaterialien und auch das Problem, diese zeitgerecht zu erhalten, stellt die Baubranche sowie die Bauherren derzeit vor großen Herausforderungen. Manche ziehen die Reißleine und pausieren ihr Bauprojekt. In anderen Fällen springen die Firmen ab, weil sie die Preise nicht mehr garantieren können.

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Auch versicherungstechnisch wird die Steigerung der Baukosten zu einem Problem. Hält die Versicherungssumme der Wohngebäudeversicherung mit den aktuellen Baukosten nicht Schritt, muss der Eigenheimbesitzer im schlimmsten Fall für Schäden zumindest zum Teil selbst aufkommen. Das erklärt Versicherungsberater Lukas Widmann von Eisendle Versicherungen gegenüber Südtirol News. Er warnt: Viele bestehende Gebäude in Südtirol seien durch die explodierenden Baukosten plötzlich über Nacht unterversichert.

LW

Der Experte weist darauf hin, dass die Höhe der Versicherungssumme einer Gebäudeversicherung dem Neubauwert bzw. Wiederaufbauwert der Immobilie entsprechen sollte – nicht dem Marktwert. “Im Normalfall werden Gebäudeversicherungen ‘zum Vollwert’ abgeschlossen. Das bedeutet, die Versicherung verpflichtet sich bis zum versicherten Höchstbetrag die Kosten für den Wiederaufbau zu übernehmen. Falls die Versicherungssumme nicht dem Neubauwert des Gebäudes entspricht, dann wird im Schadensfall die sogenannte Proportionalregel angewandt.” Und die kann gewichtige Folgen auch bei kleineren Schadensfällen haben, wie Widmann anhand eines Beispiels erklärt.

“Gehen wir davon aus, dass der Neubauwert einer Immobilie 400.000 Euro beträgt, jedoch nur ein Wert von 200.000 Euro versichert ist – also nur 50 Prozent des Neubauwertes. Im Schadensfall ersetzt die Versicherungsgesellschaft den Totalschaden natürlich nur zu 50 Prozent”, so der Versicherungsexperte und weiter: “Aber auch bei kleineren Schäden – etwa einem Schaden von 20.000 Euro – wird die Proportionalregel angewandt und die Versicherung ersetzt nur 50 Prozent des Schadens.”

Es gebe in den meisten Fällen auch eine zehn- bis 20-prozentige Toleranz zur Proportionalregel, so Widmann. Er rät jedoch, auf jeden Fall die Versicherungssumme der Gebäudeversicherung überprüfen zu lassen und gegebenenfalls an die gestiegenen Baukosten anzupassen.

Von: luk

Bezirk: Bozen