EZB-Ratsmitglied Martins Kazaks dringt auf eine baldige Zinserhöhung und sieht Spielraum für bis zu drei geldpolitische Schritten nach oben in diesem Jahr. “Eine Zinserhöhung im Juli ist möglich und vernünftig”, sagte der lettische Notenbankchef Reuters in einem am Dienstag veröffentlichten Interview. Die Märkte gingen von zwei bis drei Erhöhungen im laufenden Jahr aus. Dies sei eine berechtigte Annahme, an der er nichts auszusetzen habe.
Es mache dabei keinen großen Unterschied, ob die erste Anhebung im Juli oder September komme: “Doch ich denke, Juli wäre die bessere Option”, fügte er hinzu.
Kazaks sagte, im Zuge der Normalisierung der Geldpolitik solle der Zins letztlich auf ein neutrales Niveau gehoben werden – also auf einen Stand, der die Wirtschaft weder stimuliert noch bremst. Der Lette betonte, Schätzungen für das neutrale Niveau variierten von 1,0 bis 1,5 Prozent. Derzeit liegt der geldpolitische Schlüsselsatz bei 0,0 Prozent. Zugleich müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten. Dieser sogenannte Einlagesatz liegt bei minus 0,5 Prozent.
Notenbank-Chefin Christine Lagarde hatte am Freitag erklärt, dass die groß angelegten Anleihenkäufe im dritten Quartal enden dürften und eine Zinserhöhung in diesem Jahr wahrscheinlich sei. Kazaks sagte nun, er halte es für angebracht, wenn das Anleihenkaufprogramm APP Anfang Juli beendet werde. “Das APP hat seinen Zweck erfüllt und ist daher nicht mehr notwendig.”
Die EZB sieht sich mit einer Inflation im Euroraum von 7,4 Prozent konfrontiert. Die Teuerung liegt damit weit jenseits der Zielmarke der Währungshüter. Die EZB strebt einen Wert von 2,0 Prozent als optimales Niveau für die Wirtschaft im Euroraum an. Auch Bundesbankchef Joachim Nagel sieht die EZB unter Zugzwang. Anfang des dritten Quartals – also im Juli – könne mit einer ersten Zinsanhebung gerechnet werden, sagte er jüngst.
Von: APA/Reuters