Durch die rasante Entwicklung bei Quantencomputern kommen herkömmliche Verschlüsselungsmethoden unter Druck. “Es ist nicht mehr viel Zeit, um die Infrastruktur quantensicher zu machen, da brennt der Hut”, erklärte der Quantenphysiker und Gründer der Quantum Technology Laboratories (qtlabs), Rupert Ursin, vor Journalisten. Das Wiener Start-up bietet mit seiner im April gegründeten Schwesterfirma Quantum Industries (QI) Quantenkryptographie-Lösungen über Satellit und Glasfaser.
Von immer leistungsfähigeren Quantencomputern wird erwartet, dass sie schon bald bisher sichere Verschlüsselungstechniken in Sekundenschnelle knacken können. “In zwei bis drei Jahren sind die so weit, dass sie die Schlüssel knacken können, die heute in der kritischen Infrastruktur verwendet werden”, so Ursin, der im Bereich Quantencomputer extrem viel Förderung und Risikokapital sieht: “Da sind viel PS unter der Haube”, sagte der Physiker und Gründer am Montag anlässlich einer Veranstaltung der beiden Unternehmen zum Thema “Quantum Ready? Sicherheit trifft Zukunft” am Dienstag in Wien, wo Experten über Bedrohungsszenarien und Lösungen referieren werden.
Die Lösung dafür liegt ebenfalls in den seltsam erscheinenden Phänomenen der Quantenwelt und nennt sich “Quantenkryptographie”, für Ursin “ein sehr disruptives Feld der Digitalisierung”. Genutzt wird dabei das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung: Zwei verschränkte Teilchen, etwa Photonen (Lichtteilchen), bleiben dabei über beliebige Distanzen miteinander verbunden und teilen ihre physikalischen Eigenschaften. Das kann man zur Erstellung eines “Schlüssels” für absolut abhörsichere, prinzipiell unknackbare Datenübertragung nutzen.
Ursin und viele der mittlerweile rund 30 Mitarbeiter von qtlabs kommen aus den weltweit führenden akademischen Quantenphysik-Instituten, etwa der Uni Wien oder der Akademie der Wissenschaften, wo man jahrelang reine Grundlagenforschung in diesem Bereich betrieben hat. Mittlerweile sei das Gebiet allerdings “zu einer echten Ingenieurwissenschaft geworden”, so Ursin, der mit qtlabs Technologien für Satelliten-Quantenkommunikation und -kryptographie über große Distanzen entwickelt. Die von Felix Tiefenbacher gegründete und gemeinsam mit Ursin geleitete QI setzt dagegen auf Quantenkryptographie über Glasfaser.
“Der Steuerzahler hat jahrzehntelang Hochrisikokapital zur Verfügung gestellt, das wir jetzt zurückzahlen”, verweist Ursin darauf, dass es auch in Österreich möglich ist, “Arbeitsplätze aus wissenschaftlichen Erkenntnissen zu kreieren”. So erwartet Tiefenbacher bis 2031 einen Markt von über sechs Mrd. Euro weltweit (ohne China und Russland) für Quantenkryptographie über Glasfaser. Das werde etwa 70 Prozent des gesamten Quantenkryptographie-Markts ausmachen, die restlichen 30 Prozent würden auf Satellitenkommunikation entfallen.
Für diesen Austausch von Schlüssel über Satellit bzw. über sogenannte “horizontale free-space-links”, bei denen die Signale auf der Erde horizontal zwischen Stationen laufen, entwickelt und produziert qtlabs die Quellen für verschränkte Photonen sowie die entsprechenden Boden- bzw. Empfangsstationen. Ähnliches Equipment kommt von QI, dieses soll aber in klassischen Datencenter-Racks Platz finden, Distanzen von zehn bis 15 Kilometer überbrücken und in etwa drei Jahren Schlüssel mit einer Datenrate von 100 Megabit erzeugen können.
“Wir sind aber keine Nerds, die spezielle Geräte zusammenbauen, sondern haben auch eine starke Sales-Komponente”, betonte Ursin. Tiefenbacher erwartet, dass QI bis 2031 rund 1.000 quantensichere Verbindungen zwischen den gespiegelten Datencentern von Unternehmen bzw. Einrichtungen herstellt und damit einen Umsatz von einer Mrd. Euro macht. Diese Verbindungen, über die täglich etwa Backups erfolgen, gelten als kritische Angriffspunkte.
Europa habe “schon oft genug Technologieentwicklungen verschlafen, wir haben aber jetzt echte Chancen, in diesem Bereich etwas Großes zu machen”, sagte Ursin. Speziell Österreich habe mit seiner langen Tradition der Grundlagenforschung im Bereich Quantenphysik hier bessere Karten als etwa die USA, wo schlichtweg Personal fehle. Für die beiden Start-ups sei deshalb auch das akademische Umfeld wichtig, etwa für die Rekrutierung, “wir brauchen Mitarbeiter und in Wien stinkt es nach Quantenphysik”, so Ursin.
Von: apa
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1 Kommentar auf "Quanten-Sicherheit: “Da brennt der Hut”"
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…in dieser Zukunftstechnologie sind sie an TU Innsbruck sehr stark…