Bozen/Terlan – Vor wenigen Tagen hat die Gemeinde Terlan nach einem negativen Gutachten der Landeskommission für Raum und Landschaft beschlossen, das Verfahren zur Ansiedlung des Bozner High-Tech-Unternehmens alpitronic, das in Europa führend in der Herstellung von Elektroschnellladesäulen ist und in Terlan einen neuen, modernen und innovativen Sitz errichten wollte, zu unterbrechen.
Das Präsidium des Unternehmerverbandes Südtirol nimmt dies zum Anlass, um in einem offenen Brief eine zentrale Frage für die Zukunft Südtirols zu stellen. Es folgt der Brief im Wortlaut:
„South Tyrol is more than apple and cows” (Zitat Anna Quinz). Südtirol ist auch geprägt von Industrieunternehmen, die in ihren Marktnischen führend sind; von innovativen Betrieben, die auf den Märkten der ganzen Welt tätig sind; von Unternehmen, die stark in diesem Land verwurzelt sind, wo sie täglich investieren und wo sie dank ihrer hochtechnologischen und qualitativ ausgezeichneten Produkte hochwertige Arbeitsplätze schaffen.
Diese Unternehmen und ihre Produkte sind Botschafter und Imageträger unseres Landes. Leitprodukte und Leuchtturmprojekte – ganz gleich, ob technische, ästhetische, umweltrelevante oder intelligente Denkansätze und Lösungen – prägen ein Land und lassen es zu einem Sehnsuchtsort werden.
Die Tätigkeit der Unternehmen des produzierenden Gewerbes spielt sich auf nicht einmal 0,3 Prozent der Gesamtfläche Südtirols oder vier Prozent der nutzbaren Fläche ab, generiert aber 80 Prozent der Exportleistung und mehr als 70 Prozent der Investitionen in Forschung und Entwicklung. Aber immer öfter werden wir mit der Frage konfrontiert, ob Südtirol wirklich ein Industrie- und Innovationsland bleiben will.
Das Beispiel von alpitronic ist kennzeichnend dafür. Ein ehemaliges Start-up-Unternehmen, das in Südtirol geboren und gewachsen ist und heute in Europa führend in der Herstellung von Schnellladesäulen für E-Autos. Ein Vorzeigebeispiel für nachhaltiges Wirtschaften. Rechnet man die geladene Energie zusammen, die seit 2018 über die alpitronic hypercharger geladen wurde, könnte ein Auto damit ca. 25.000-mal die Erde umfahren, damit konnten verglichen mit einem Diesel- oder Benzin-Fahrzeug mehr als 170.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Wir sprechen also von einem Unternehmen, das führend ist in den Bereichen Nachhaltigkeit und Innovation: genau das, was Südtirol anstrebt.
Für das Unternehmen, das heute knapp 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, sind die Räumlichkeiten in Bozen zu eng geworden. Es handelt sich um junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das Durchschnittsalter liegt bei 33 Jahren –, hoch qualifiziert, mit sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen. In Terlan sollte ein innovatives Projekt entstehen, ein Gebäude, in dem die Entwicklungs- und Verwaltungsabteilungen, die Produktionsstätten und Lager vereint werden sollten. Ein Green-Building, völlig energieunabhängig und klimaneutral. Ein Sitz mit Kita und öffentlicher Kantine. Eine technologisch fortschrittliche Fabrik mit großem Entwicklungspotenzial in einem strategischen Gebiet für die Zukunft nicht nur Südtirols, sondern ganz Europas. Mit großem Mehrwert bei minimalem Flächengebrauch: auf 25.000 Quadratmeter verbauter Fläche für das erste Baulos könnten bis zu 300 weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Ebenfalls wird auf dieser relativ kleinen Fläche ein beträchtlicher Teil des Südtiroler Exports realisiert.
Ein Projekt, das nun aufgrund eines negativen Gutachtens eines Landesamtes zu scheitern droht. Wieder einmal sind wir mit einer Bürokratie konfrontiert, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung bremst. Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir wollen keine Abkürzungen oder Bevorzugungen. Aber von den Institutionen erwarten wir schnelle, transparente und weitsichtige Entscheidungen. In den vergangenen Monaten hat das Projekt von alpitronic ein positives Gutachten des Amtes für Gewässernutzung erhalten. Ebenso ein positives Gutachten des Amtes für Gewässerschutz. Und schließlich ein positives Gutachten vom Labor für Luftanalyse und Strahlenschutz. Nun wurde von einem Amt eine negative Stellungnahme abgegeben und die Gemeindeverwaltung hat beschlossen das Verfahren der Umwidmung einzustellen.
Unsere Frage in Bezug auf den Fall alpitronic, aber auch in Bezug auf viele andere Beispiele innovativer Unternehmen, die sich in Südtirol nicht mehr weiterentwickeln können, lautet: Wollen wir wirklich alles aufgeben? Wollen wir wirklich auf unsere innovativsten Unternehmen verzichten? Auf jene Unternehmen, die entscheidend dazu beitragen werden, den digitalen und vor allem ökologischen Wandel, vor dem wir stehen, erfolgreich zu bewältigen? Welche die besten Arbeitsplätze für unsere Jugend bieten? Die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Gehälter auszahlen, die um 40 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegen? Und die am meisten Steuern und Abgaben zahlen, die dann in den Haushalten der Provinz und der Gemeinden landen?
Es macht wenig Sinn, über Nachhaltigkeit zu sprechen und dazu Festivals zu veranstalten, wenn wir dann gerade jene Unternehmen verjagen, die in diesen Bereichen führend sind. Es nutzt nichts, einen Technologiepark zu finanzieren, wenn wir dann innovativen Unternehmen nicht die Möglichkeit geben, ihre High-Tech-Lösungen in Südtirol zu entwickeln. Es ist überflüssig, Millionen für die Bewerbung unseres Landes auszugeben, um junge Talente wieder nach Südtirol zurückzuholen und neue von außen anzuziehen, wenn wir dann nicht die Schaffung von hochqualifizierten, gut bezahlten Arbeitsplätzen ermöglichen.
Wo will Südtirol hin? Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen.”
Von: mk
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27 Kommentare auf "Unternehmer fragen: Wo will Südtirol hin?"
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Er hat vollkommen recht…. Betriebe die größer werden immer wieder am expandieren gehindert… viele ziehen dann eben ins Ausland… Wenn Bauern wieder einen neuen Stall bauen oder rießen Flächen mit Monokulturen zugepflastert werden ist das nie ein Problem
MartinSchmidt:genau soooooo ist es ,der NOI Park war ein Kind vom LUIS um Millionen zu vernichten……. wie viels andere auch. In Deutschland bekommt jeder Existenzgründer recht schnell 100.000 € Startkapital von der KFW Bank mit fast NULLZINS 🙂
@Franzl…. einwenig verzerrte Sichtweise, betonierte Gebäude und versiegelte Flächen mit “Monokulturen” zu vergleichen? Ein Dorf voller Häuser, ein Wald voller Bäume, eine Wiese voller Gräser, was ist Monokultur? Zwischen den Obstbäumen oder Reben gibt es unzählige Gräser und Kleinleben (wenn man es nur sehen will), dazu Hasen, Mäuse, Vögel und allerhand Wild…. das findet man auf einem Sportplatz, im Schwimmbad, am Kinderspielplatz nicht, oder?
noch ein paar Hotels und Kondominien bauen, die Wohnungen an Auswärtige verkaufen und teuflisch die GIS erhöhen, das hilft sicher, gelle.
…in Südtirol braucht’s nur 5 Sterne Schuppen in Malediven für overtourism, für hightech Industrie hat man hier kein Verständnis…
Es wurde schon zuviel zubetoniert!!!
aber von einem anderen Sektor! Vielleicht sollte man einfach mal umdenken… Industrieunternehmen brauchen am wenigsten Platz (0,3% in Südtirol!), schaffen viele Arbeitsplätze und arbeiten mittlerweile umweltfreundlicher als alle anderen Sektoren! Dieser Sektor konnte während der Pandemie weiterarbeiten, nur wenige mussten in den Lohnausgleich, diese Betriebe erwirtschaften tatsächlich mehr als andere und helfen somit uns allen durch deren Steuerabgaben… und verbrauchen am wenigsten Platz!!
Das sollte uns allen zu denken geben… mehr Platz für solche Unternehmen, die am wenigsten Platz verbrauchen und am meisten generieren
Genau so ist es, das Land bremst mittlerweile zu viel ein. In anderen Ländern werde ein solches Unternehmen mit Handkuss genommen. Dass in Südtirol vieles nicht mehr richtig läuft, liegt auf der Hand…
In einem Land wo man nur Hotels brauch und Kühe mehr wert sind als Menschen stellt sich die Frage erst gar nicht.
aber ein Hotel aufstellen ist kein Problem, sogar im Grünen. Null Problemo.
es wird gemunkelt, es gäbe in diesem Land viele leerstehende Werkhallen…
Da hat er vollkommen Recht….man kann sich auch selbst in das Knie schießen…
Wia bled konnman sein de net mit bauen zu lossn??!!!
Liaber no Stroßen und Lifte af jeden Berg zu bauen!!!
Ajo und die Hotels net vergessen…
…. naja 10 ha mitten im landwirtschaftlichem Grün zuzubetonieren ist schon eine Zumutung! Es gibt genügend bereits ausgewiesene Zonen, die man verwenden könnte …
Glasfaser mit teilweise lächerlichen Bandbreiten (Infranet hat z.B. mickrige 100MBit, die verschmähte TIM aber 1GBit) und die Südtiroler ISPs verlangen teilweise unverschämte Preise. Hab mich deshalb für eine 4G-Lösung entschieden. Funktioniert gut ist schnell und günstig dazu
@tom Genau. Die vergraben seit mehr als 10 Jahren leere Rohre die dann keiner mehr gebrauchen kann. Befürchte, dass es beim BBT genau so sein wird.
@tom frage wie geht das mit der 4 g lösung ?
Gut gebrüllt, Präsident. Nützliche Informationen für die Öffentlichkeit wären die Gründe für das negative Gutachten der Kommission und deren Bedeutung für die Gesamtbeurteilung des Projekts. Vielleicht ist die Gemeinde selbst in einer Zwickmühle. Sie steht unter dem Druck lokaler Interessen und sagt sich, ohne eine klare Vorgabe vom Land können wir eine positive Entscheidung nicht rechtfertigen. Also braucht es für die Gemeinden und die dort tonangebenden Kräfte nachvollziehbare industriepolitische Strategien und ein bisschen mehr Mut zur Zukunft in den Ratsstuben.
Alles schon bedetzt von Malediven Hotels
Wie gesagt: Bill Gates wäre in Südtirol schon in seiner Garge gescheitert. (Man darf hier keine Firma in einer Garage haben)
Das sagt schon alles und junge clevere Leute denken erst gar nicht mehr daran, in Südtirol zu bleiben.
300 Arbeitsplätze?… wer soll den da arbeiten, wenn jetzt schon Fachkräftemängel besteht?
es gibt Arbeitsplätze, die interessanter sind als andere: bessere und flexible Arbeitszeiten, höhere Bezahlung, sichere Stelle… man müsste nur mal aufs beste Pferd im Stall setzen und man könnte auf 1.000 andere lahme Gäule verzichten und damit Platz für Besseres schaffen 😎
Wir dürfen keine Grünflächen mehr zubetonieren !!
Die brauchst ja nicht , die lassen ja alles in china produzieren dann hier alles sau teuer verkaufen