„Hier ist die Pension 10.000 Euro mehr wert“

Durrës/Rom – Immer mehr Italiener genießen ihren Lebensabend in Albanien. Früher hätten sie es sich wohl nie gedacht, nach der Pensionierung ausgerechnet in dieses Land zu ziehen, aber der Ruhestand im kleinen Balkanstaat birgt viele Vorteile.

Dass die Lebenshaltungskosten um rund die Hälfte geringer sind als im Stiefelstaat, ist wenig überraschend, aber der wahre Vorteil liegt darin, dass Inhaber einer italienischen Pension in Albanien keine Steuern zahlen. Die Tatsache, dass die monatlich überwiesene Pension in Albanien brutto bleibt, ließ die Anzahl der italienischen Pensionisten innerhalb von nur zwei Jahren von 300 auf über 2.000 emporschnellen. Diese „wohlsituierten“ Ruheständler frönen in Durrës einem Lebensstil, den sie sich in Italien mit ihrer Rente nie leisten könnten. „Hier ist die Pension 10.000 Euro mehr wert“, erklärt der Präsident der Vereinigung der italienischen Pensionisten in Albanien (AIPA), Carmine Iampietro, gegenüber Today.it.

Schafft man es, gängige Vorurteile hinter sich zu lassen, liegen die Vorteile eines Ruhestands in Albanien klar auf der Hand. Die Miete einer ansehnlichen Wohnung schlägt sich lediglich mit monatlich 300 Euro zu Buche und auch die Ausgaben für Strom, Heizung und Wasser fallen mit zusammen rund 100 Euro gering aus.

Wer hingegen in Durrës eine Wohnung oder ein Haus am Meer erwerben möchte, kommt mit einem Quadratmeterpreis von umgerechnet rund 1.200 Euro recht günstig zu einem Eigenheim. Auch Gourmets kommen auf ihre Kosten. Für einen Besuch in einem guten Restaurant gibt ein Paar in der albanischen Hafenstadt gemeinsam nur 20 bis 25 Euro aus.

Es sind aber insbesondere die steuerlichen Vorteile, die die italienischen Ruheständler nach Albanien locken. Während in Italien von einer Bruttopension von 1.500 Euro netto nur mehr 1.150 übrig bleiben, wird den italienischen Pensionisten, die einen Wohnsitz in Albanien und eine Aufenthaltsgenehmigung vorweisen können, steuerfrei die gesamte Summe von 1.500 Euro überwiesen. Der Präsident der Vereinigung der italienischen Pensionisten in Albanien (AIPA), Carmine Iampietro, wird nicht müde, die Vorteile eines Ruhestands in Albanien aufzuzählen.

Nach 48 Jahren harter Arbeit als Motorradmechaniker in Novara gehörte Carmine Iampietro vor zehn Jahren zu den ersten Italienern, die auf die andere Seite der Adria wechselten. Bis zum Jahr 2018 wurde die Steuerbefreiung der italienischen Renten in Albanien nicht anerkannt. „Dreizehn Monate lang habe ich mit dem NISF von Novara einen Streit ausgefochten, den ich am Ende aber gewonnen habe. Dann habe ich den Verein gegründet und dafür gekämpft, dass alle italienischen Rentner eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, ohne dass sie unbedingt ein Haus kaufen oder im Land eine Arbeit finden müssen“, so der streitbare italienische Pensionist.

In der albanischen Hafenstadt Durrës fühlt sich Carmine Iampietro pudelwohl. Die Gemeinschaft italienischer Pensionisten von Durrës, die aus etwa 70 älteren Paaren besteht, führt ein reges Sozialleben, zu denen vor allem gemeinsame Restaurantbesuche und Spaziergänge am Meer gehören. Da laut dem Präsidenten der AIPA viele Albaner ohnehin Italienisch beherrschen, sind auch die Verständigungsprobleme kleiner, als sie auf den ersten Blick scheinen. Sollten diese trotzdem vorhanden sein, ist es leicht, einen Dolmetscher aufzutreiben.

Die italienischen Rentner sollen auch keine gesundheitlichen Sorgen plagen. Wie der Präsident der AIPA berichtet, besitzt die Vereinigung ein Abkommen mit einer Privatklinik in Tirana, in der viele italienische Ärzte praktizieren, die in beiden Ländern tätig sind. Eine Facharztvisite, für die in Italien etwa 150 Euro berechnet werden, kostet in der Klinik in der albanischen Hauptstadt lediglich 30 bis 35 Euro. Zudem bekommen die Patienten sehr zeitnah einen Termin. „Bei uns muss niemand auf der Warteliste sterben“, betont Carmine Iampietro.

Carmine Iampietro zufolge hat für einen italienischen Pensionisten ein Ruhestand in Albanien nur Vorteile. „Mit 1.500 Euro im Monat kann man hier mehr als anständig leben“, fasst Carmine Iampietro genüsslich das „albanische Wohlfühlpaket“ zusammen.

Die Frage ist nur, wie lange die Steuervorteile bleiben. Wie schnell sich die Lage für ausländische Rentner ändern kann, zeigt sich am Beispiel Portugals. Nachdem die neue portugiesische Regierung alle für ausländische Pensionisten geltenden Steuererleichterungen zusammengestrichen hatte, zog es viele Ruheständler wieder zurück nach Italien. Am Ende bliebe den „albanischen Pensionisten“ nur mehr der Vorteil der geringeren Lebenshaltungskosten, wobei aber zu bedenken ist, dass diese auch in Süditalien recht günstig sind.

Auch in Albanien zieht die Wirtschaft – darunter besonders der Tourismus – stark an. Bei den von den Pensionisten bisher gewohnten günstigen Preisen dürfte es daher nicht mehr lange bleiben.

 

Von: ka