Microgate entwickelt adaptiven Spiegel für weltgrößtes Teleskop

Spitzentechnologie aus Südtirol

Dienstag, 29. Juli 2025 | 10:56 Uhr

Von: luk

Bozen – Das in Bozen ansässige Hightech-Unternehmen Microgate spielt eine zentrale Rolle beim Bau des derzeit größten Teleskops der Welt. Für das Extremely Large Telescope (ELT), das von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in der chilenischen Atacama-Wüste errichtet wird, liefert Microgate das elektronische Steuerungssystem für den adaptiven M4-Spiegel – ein Schlüsselbauteil zur Korrektur atmosphärischer Verzerrungen bei astronomischen Beobachtungen.

Der Spiegel befindet sich aktuell in der Testphase am Unternehmenssitz in Bozen. Er ist 2,5 Meter groß, nur 1,95 Millimeter dünn und besteht aus sechs Segmenten. Dank 5.352 berührungsloser Aktoren kann seine Oberfläche mehr als 1.000 Mal pro Sekunde in Echtzeit angepasst werden. Ein elektromagnetisches Feld sorgt dafür, dass der Spiegel quasi „schwebt“, ohne mechanischen Kontakt – ein zentrales Element zur Bildstabilisierung.

„Diese Technologie wird helfen, unser Verständnis des Universums neu zu definieren“, erklärt Roberto Biasi, CTO und Mitbegründer von Microgate. Der adaptive Spiegel soll unter anderem die Beobachtung weit entfernter Galaxien und erdähnlicher Exoplaneten ermöglichen.

Die Steuerungstechnologie basiert auf drei Jahrzehnten Forschung und Entwicklung in der adaptiven Optik, an der Microgate maßgeblich beteiligt war. Bereits 1993 entwickelten Biasi und Partner ein erstes numerisches Modell auf Basis eines Konzepts von Prof. Piero Salinari (INAF). Seither kommen Systeme von Microgate in zahlreichen Großteleskopen weltweit zum Einsatz, etwa beim Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile.

Der M4-Spiegel für das ELT ist das bislang ambitionierteste Projekt. Microgate verantwortet gemeinsam mit dem Konsortium AdOptica die gesamte Steuerungselektronik, Simulation und Testung. Die Technologie gleicht nicht nur Turbulenzen der Atmosphäre aus, sondern kompensiert auch mechanische Vibrationen des Teleskops – mit einer Präzision im Bereich von Millionstel Millimetern.

Die aktuellen Tests in Bozen simulieren bereits die klimatischen Bedingungen der Atacama-Wüste. Ende 2025 wird der Spiegel nach Lecco überstellt, wo optische Prüfungen durchgeführt werden. Der Transport zur Teleskopanlage in Chile ist für 2027 geplant.

Microgate wurde 1989 gegründet und gilt heute als international führend im Bereich präziser Steuerungssysteme. Neben Anwendungen in der Astronomie ist das Unternehmen auch in der Sporttechnologie und Medizintechnik tätig. Über Tochterfirmen und Beteiligungen – darunter Micro Photon Devices und der österreichische Zeitmessspezialist Alge-Timing – ist Microgate weltweit präsent.

Bezirk: Bozen

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