Von: mk
Bozen/Kathmandu – Ein Team aus Südtirol – bestehend aus Notfallmedizinern und Bergrettern – war in der vergangenen Woche in Nepal im Einsatz. Ziel des mehrtägigen Kurses war es, das Wissen der nepalesischen Rettungskräfte aufzufrischen und zu vertiefen. Die Zusammenarbeit zwischen Eurac Research, dem Bergrettungsdienst im Alpenverein Südtirol, der Internationalen Kommission für Alpine Notfallmedizin und Partnern in Nepal besteht seit über zehn Jahren. Inzwischen bilden viele der nepalesischen Teilnehmer und Teilnehmerinnen selbst Rettungskräfte aus. Die meisten Einsätze führen die Rettungsmannschaften aber nicht auf die Gipfel, sondern in Schluchten – zu Verkehrsunfällen und Bergstürzen, bei denen vor allem Einheimische verunglücken.
Die Schulung ist Teil eines seit 2012 bestehenden, von der Südtiroler Landesregierung unterstützten Kooperationsprojekts zur Verbesserung der alpinen Notfallmedizin in Nepal. Gemeinsam mit der Internationalen Kommission für Alpine Notfallmedizin und lokalen Partnern veranstalteten Eurac Research und der Bergrettungsdienst im Südtiroler Alpenverein AVS den einwöchigen Fortbildungskurs für nepalesische Ärztinnen, Ärzte und Bergretter. Die Inhalte reichten von der Versorgung bei Höhenkrankheit und Erfrierungen bis hin zur Rettung aus extremer Höhe – ein Thema, das durch die technischen Möglichkeiten moderner Helikopter immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Neben dem medizinischen Wissenstransfer standen praktische Übungen im Vordergrund: In kleinen Gruppen wurde Schmerztherapie trainiert, es ging um Schienung, Traumaversorgung, Hypothermie-Management und seiltechnische Rettungsmethoden. Ein weiterer Schwerpunkt war die Versorgung von zahlreichen Verletzten bei Katastrophenunfällen. Die Schulungen fanden teilweise im Freien statt – im Gelände rund um Kathmandu. „Gerade bei den Übungen im Gelände zeigt sich, wie wichtig realistische Trainingsbedingungen sind“, sagt Thomas Mair, Ausbildungsleiter des Bergrettungsdienstes im Alpenverein Südtirol. „Die Seiltechnik oder der Umgang mit improvisierten Mitteln können im Ernstfall entscheidend sein – dann zählt jeder Handgriff.“
Erstmals organisierten die nepalesischen Kolleginnen und Kollegen im Vorfeld des Kurses einen Basistrainingskurs in Eigenregie. Damit waren alle Teilnehmenden auf demselben Stand, als das Südtiroler Team die Ausbildung übernahm. „Dass sie inzwischen selbst Instruktoren ausbilden, zeigt, wie viel in den letzten Jahren erreicht wurde“, sagt Hermann Brugger von Eurac Research, der das Ausbildungsprogramm seit Beginn mitbegleitet. Ein weiteres Ziel der Reise war ein sogenanntes Stakeholder-Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern von Feuerwehr, Militär, Polizei, Trekkingagenturen und der Regierung in Anwesenheit des Ministers für Tourismus Badri Prasad Pandey, um die Zusammenarbeit der Rettungsdienste im Katastrophenfall zu verbessern. Auch eine groß angelegte Katastrophenübung in einem Waldgebiet nahe der Hauptstadt war Teil des Programms. Trotz aller Fortschritte: Die logistische Organisation des Rettungswesens in Nepal steht vor großen Herausforderungen. Eine einheitliche Notrufnummer gibt es nicht, viele Hubschrauberunternehmen operieren unabhängig voneinander. Das Erdbeben 2015, große Bergstürze und Lawinenunfälle sowie die Corona-Pandemie haben das Land in seiner Entwicklung Jahre zurückgeworfen.
„Unsere Aufgabe ist es nicht, Lösungen von außen vorzugeben“, sagt Notfallmediziner Michiel van Veelen von Eurac Research, der den diesjährigen Auffrischungskurs leitete. „Wir können Impulse geben und Wissen teilen – aber die Entwicklung muss vor Ort wachsen.“
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