Im Wald entdeckte „Geistergeschwister“ werden zur Adoption freigegeben – VIDEO

„Der Vater war besessen von Corona“

Mittwoch, 02. Juli 2025 | 07:02 Uhr

Von: ka

Lauriano – Die kleine Landgemeinde Lauriano östlich von Turin ist seit der Entdeckung zweier verwahrloster Kinder, die in einem Bauernhaus mitten im Wald leben mussten, weit über das Piemont hinaus in aller Munde. Die beiden Brüder im Alter von neun und sechs Jahren sind in der Gemeinde nicht gemeldet, können weder lesen noch schreiben und tragen trotz ihres Alters Windeln. Sie konnten nur entdeckt werden, weil die Carabinieri den Inhabern nach einer Überschwemmung durch den Po einen Räumungsbefehl zustellen mussten.

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Laut dem Jugendgericht sind die Eltern, ein Paar aus den Niederlanden, das vor seinem Umzug nach Italien in Deutschland lebte, nicht in der Lage, für die Kinder zu sorgen. Das Gericht erklärte die niederländischen Eltern für unfähig, die Kinder zu behalten, und verfügte, dass die beiden Buben, die derzeit in einer geschützten Gemeinschaft leben, zur Adoption freigegeben werden.

Der Grund für dieses den Kindern aufgezwungene „Leben als Waldgeister“ stand bald fest. „Der Vater war besessen von Corona und lebte in der Furcht, dass sich die Kinder anstecken könnten“, hieß es aus Ermittlerkreisen.

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Das Schicksal der beiden Brüder im Alter von neun und sechs Jahren, die bei ihrer Befreiung durch die Carabinieri einen verwahrlosten Eindruck machten, bewegt die italienische Öffentlichkeit weit über die kleine Landgemeinde Lauriano östlich von Turin hinaus. Wäre im April kein Hochwasser des Po aufgetreten, das die Behörden aus Sicherheitsgründen dazu veranlasste, die Evakuierung des Bauernhauses im Wald von Lauriano zu verfügen, wären die beiden Brüder, die sich vermutlich bereits seit fast drei Jahren in Italien befanden, nie entdeckt worden.

Als die Carabinieri, die eigentlich nur den Räumungsbefehl zustellen wollten, vor dem Bauernhaus eintrafen, sahen sie sich zwei Kindern gegenüber, die weder sprechen, noch schreiben oder lesen konnten und trotz ihres Alters noch Windeln trugen. Nach den beiden kleinen Brüdern trafen die Carabinieri auf ihre Eltern. Der 54-jährige Vater, der „Frederik“ heißt, soll ein niederländischer Bildhauer sein, der mit Metall arbeitet. Bei der Mutter soll es sich um eine ebenfalls aus den Niederlanden stammende 38-jährige Frau handeln. Ersten Erkenntnissen zufolge wohnt der Mann, der laut Grundbuch als Eigentümer des Bauernhauses eingetragen ist, seit mindestens drei Jahren in Lauriano.

Die Kinder hingegen waren der Gemeinde Lauriano nie als Ansässige gemeldet worden. Die in Deutschland geborenen Buben waren nach Italien gebracht und im Wald versteckt worden, wo sie niemand bemerken konnte. In all den Jahren hatten sie weder einen Kindergarten noch eine Schule besucht. Zudem wurden sie nie zu einem Kinderarzt gebracht und medizinisch betreut. „Frederik“ gab an, seine Söhne zu Hause unterrichtet zu haben. Die Tatsache, dass die Kinder kaum ein Wort sprechen und weder lesen noch schreiben können, lässt jedoch eher auf eine völlige Verwahrlosung von Schutzbedürftigen schließen.

Der Grund für das den Kindern aufgezwungene „Leben als Waldgeister“ war schnell gefunden. „Der Vater war besessen von Corona und lebte in der Furcht, dass sich die Kinder anstecken könnten“, hieß es aus Ermittlerkreisen. „Frederik“ hatte vor allem Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus, aber auch vor anderen Krankheiten. Deshalb hatte er nicht nur beschlossen, seine beiden Kinder nicht impfen zu lassen, sondern wollte auch verhindern, dass die kleinen Buben Masken tragen müssen. Hinzu kam seine Angst vor Verschwörungen, die angeblich dazu dienten, neue Viren und Krankheiten zu verbreiten. Er sagte, er habe beschlossen, die beiden Kinder von allem und jedem fernzuhalten. Dies war sein Weg, sie vor der Welt und insbesondere vor seinen Ängsten zu schützen.

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Die kleinen Brüder wurden dem Paar entzogen und in die Obhut der Psychologen des Sozialdienstes von Chivasso gegeben, wo sie einer geschützten Gemeinschaft anvertraut wurden. Der Vater, der von der Anwältin Afrikah De Mattia vertreten wird, beteuert, dass er alles getan habe, um die Kinder bestmöglich zu erziehen. Die Verwahrlosung, die mangelnde Hygiene im Haus und die Verletzung der Schulpflicht vermitteln jedoch ein völlig anderes Bild.

Laut dem Jugendgericht sind die Eltern nicht in der Lage, für die Kinder zu sorgen. Sie werden aufgrund mütterlicher Schwierigkeiten – angefangen bei der völligen Abwesenheit der Mutter und ihrem mangelnden Interesse an den Kindern – sowie väterlicher Probleme – Vernachlässigung, Abschottung von der Außenwelt und mangelnde Förderung – als für die Erziehung ihrer Kinder ungeeignet angesehen. Da zuständige Jugendgericht erklärte sie daher für unfähig, die Kinder zu behalten, und leitete daher ein Adoptionsverfahren ein.

Die meisten Italiener begrüßen zwar die Entscheidung des Jugendgerichts, den niederländischen Eltern das Sorgerecht zu entziehen, finden es aber erstaunlich, dass niemandem in der Gemeinde aufgefallen ist, dass mitten im Wald Kinder leben – und das mindestens drei Jahre lang.

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