Von: ka
Ravenna/Forlì/Cesena/Faenza – Zehn Tage nach der Flutkatastrophe in der Emilia-Romagna stehen immer noch weite Teile der tieferen Gebiete der Region unter Wasser. Dieses Wasser behindert nicht nur die Hilfe für die Flutopfer, sondern birgt auch erhebliche Gesundheitsrisiken. Die Gesundheitsbehörden der Region sind besorgt.
Am Mittwoch gab der lokale Sanitätsbetrieb von Ravenna einen Ratgeber heraus, in dem die vom Hochwasser betroffenen Bürger vor den Risiken, die vom stehenden Wasser ausgehen, gewarnt werden. Aufgrund der Überflutung vieler Abwasserkanäle, Kläranlagen und Industriebetriebe wird befürchtet, dass das Wasser chemische Substanzen, landwirtschaftliche und industrielle Abfälle und Abwässer sowie für die Menschen gefährliche Krankheitserreger enthält. Um einer möglichen Epidemie entgegenzuwirken, werden auch Tetanusschutzimpfungen angeboten.
Ärzte und Gesundheitsbehörden schlagen Alarm. Nach der Überflutung viele Industriebetriebe, Kläranlagen und Abwasserkanäle gehen die Experten davon aus, dass das seit nunmehr zehn Tagen stehende Wasser und der zurückgebliebene Schlamm nicht nur für die Gesundheit gefährliche chemische Substanzen, sondern auch eine Vielzahl von gesundheitsgefährdenden Bakterien und Viren enthält. Laut Ansicht der Gesundheitsbehörden gilt es nun, diese „indirekten Gefahren“, die von einer Flutkatastrophe ausgehen, zu bannen.
Es wird Tage oder Wochen dauern, bis das stehende Wasser abfließen kann. Aus Sicht der Mediziner ist diese Zeitspanne zu groß, um von der Bevölkerung mögliche Gesundheitsrisiken abzuwenden. „Besonders Kinder und ältere Menschen riskieren, durch Kontakt mit dem Schlamm und dem stehenden Wasser von Noroviren, Hepatitis A-Viren, und Rotaviren, die eine Infektion des Verdauungstrakts auslösen, angesteckt zu werden. Weitere Risiken gehen von Bakterien wie Campylobacter, Escherichia coli und Salmonellen aus, die durch Infektion des Magen-Darm-Trakts ebenfalls durchfallähnliche Krankheiten auslösen können“, warnt der Präsident der italienischen medizinischen Gesellschaft für Umweltmedizin, SIMA, Alessandro Miani. Den Experten zufolge führt das Hochwasser, das auch eine Umweltkatastrophe ist, dazu, dass das Risiko von Magen-Darm-Erkrankungen sowie von Haut- und Bindehautentzündungen massiv ansteigt.
Alessandro Miani unterstreicht, dass auch die Gefahr, die von chemischen Substanzen ausgeht, die die angeschlagene Gesundheit der Flutopfer stark belasten können, nicht unterschätzt werden sollte. Mit Blick auf den nahenden Sommer könnten sich die stehenden Gewässer auch zu Brutstätten von Stechmücken entwickeln. Diese Plagegeister könnten wiederum ihrerseits die Übertragung gleich mehrerer viraler Krankheiten begünstigen. Zudem – so die Mediziner – sorgen die herrschende Wärme und die Feuchtigkeit dafür, dass Schimmelpilze optimal wachsen können. Die Schimmelpilze und ihre Sporen bergen ebenfalls ein hohes Gesundheitsrisiko.
Um diesen Risiken entgegenzuwirken, gab der lokale Sanitätsbetrieb von Ravenna einen Ratgeber heraus, in dem die vom Hochwasser betroffenen Bürger vor den Risiken, die vom stehenden Wasser ausgehen, gewarnt werden. Im Leitfaden der lokalen Gesundheitsbehörde wird dazu geraten, direkten Hautkontakt mit dem Schlamm und dem stehenden Wasser unbedingt zu vermeiden und bei den Reinigungsarbeiten desinfizierbare Bekleidung sowie wasserdichte Stiefel und Handschuhe zu tragen.
Um das Risiko von Magen-Darm-Infektionen zu minimieren, wird dringend davor gewarnt, die Nase, den Mund und die Augen mit schmutzigen Händen zu berühren. Falls dies dennoch geschehen sollte, sollten die Hände sofort mit Wasser und Seife gewaschen werden. Es sei insbesondere auch darauf zu achten, dass Kinder nicht mit dem Schlamm und dem Wasser spielen. Vor der Verwendung des Leitungswassers sind die Einheimischen dazu aufgerufen, sich bei ihrer Gemeinde darüber zu informieren, ob ihr Wasser überhaupt verwendbar sei.
Die Bürger der Überschwemmungsgebiete werden auch dazu aufgerufen, die Gültigkeit ihrer Tetanusschutzimpfung zu überprüfen. Die letzte Auffrischungsdosis sollte innerhalb der letzten zehn Jahre erfolgt sein. Um diesen Schutz zu gewährleisten, bieten die Gesundheitsbehörden der Emilia-Romagna allen Betroffenen die Tetanusimpfung an.
Bei den Gesundheitsbehörden der leidgeprüften Emilia-Romagna ist man zuversichtlich, dass die gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen wie die Tetanusschutzimpfung greifen. Die Verantwortlichen der lokalen Sanitätsbetriebe appellieren an das Verantwortungsgefühl der Einwohner der Romagna. Denn das Letzte, was die Romagna jetzt noch brauchen kann, sind Epidemien der verschiedenen Erreger und Keime.