Regionalassessor geht mit Skitourengehern hart ins Gericht – VIDEO

“Hört auf, Lawinenwarnungen zu missachten”

Montag, 03. April 2023 | 08:08 Uhr

Aosta – Wenige Stunden nachdem am Sonntagvormittag Freiwillige des Bergrettungsdienstes des Aostatales die Leichen von zwei unter meterdicken Schneemassen begrabenen Skitourengehern geborgen hatten, platzte Luciano Caveri der Kragen. Der Regionalassessor, der im Aostatal unter anderem für die Berggebiete zuständig ist, machte auf Twitter seinem ganzen Ärger Luft.

„Es ist erschreckend, dass es Skitourengeher gibt, die Gefahrenmeldungen in den Wind schlagen und die Bergretter dem Risiko einer für die Gemeinschaft sehr kostspieligen Rettungsaktion aussetzen. Dies geschieht oftmals leider nur, um die Leichen derjenigen zu bergen, die Opfer ihres eigenen Leichtsinns geworden sind“, übt Luciano Caveri auf seiner Twitter-Seite harte Kritik. Der Tweet von Luciano Caveri löste eine heftige Debatte aus. Während einige den Tweet als pietätlos kritisierten, meinten andere, dass der Regionalassessor das ausgesprochen habe, was viele denken, sich aber nicht zu sagen trauen.

Facebook/Corpo Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico – CNSAS

Am Samstag ging beim Bergrettungsdienst des Aostatales eine Alarmmeldung ein. Freunde hatten berichtet, dass zwei Skitourengeher aus Turin, der 39-jährige Gabriele Del Carlo und der 38-jährige Velio Coviello telefonisch nicht mehr erreichbar seien. Nach dem Auffinden ihres geparkten Autos in der Gemeinde Valtournenche war klar, dass die beiden Skitourengeher zum Château des Dames – einem 3.488 Meter hohen Gipfel der Weisshorn-Matterhorn-Gruppe in den Walliser Alpen – aufgebrochen waren. Die zur Suchaktion alarmierten Bergretter des Bergrettungsdienstes des Aostatales und der Finanzwache, die mit dem Hubschrauber des Zivilschutzes zum Berg geflogen waren, erkannten bald, dass sich unterhalb des Gipfels des Château des Dames eine große Lawine gelöst hatte. In rund 2.400 Metern Seehöhe hatte die Lawine einen meterhohen Lawinenkegel gebildet.

Twitter/Luciano Caveri

Die Bergretter begannen sogleich, im Umfeld des Lawinenkegels nach den beiden vermissten Skitourengehern zu suchen. Allerdings musste die Suchaktion am Samstagabend ergebnislos abgebrochen werden. Kurze Zeit nach der Wiederaufnahme der Suche konnten am Sonntagmorgen die Leichen von Gabriele Del Carlo und Velio Coviello, die von der Lawine unter meterdicken Schneemassen begraben worden waren, geborgen werden.

Den Bergrettern des Aostatales zufolge gilt die Winterbesteigung des Château des Dames als technisch und physisch sehr anspruchsvolle Tour, die nur erfahrenen Skitourengehern vorbehalten sein sollte. Normalerweise werden die zu bewältigenden 1.588 Höhenmeter des Anstiegs zum Gipfel in rund fünf Stunden zurückgelegt.

Der Einsatz am Château des Dames blieb am Samstag allerdings nicht die einzige Rettungsaktion. Drei weitere Gruppen von Skitourengehern waren im Aostatal im Laufe des Samstags von zwei Lawinen erfasst worden. Da sich die Verschütteten aber entweder selbst befreien konnten oder von Bergkameraden sogleich ausgegraben wurden, waren in diesen Fällen zum Glück keine Toten zu beklagen.

Auffallend ist, dass alle Gruppen trotz der Lawinenwarnungen ihre Aufstiege gewagt hatten. Aufgrund der ergiebigen Schneefälle – entlang der Grenze zu Frankreich und zur Schweiz waren oberhalb von 2.300 Metern Seehöhe rund 40 bis 60 Zentimeter Neuschnee gefallen – warnte der Lawinenbericht vor einer großen Wahrscheinlichkeit von Lawinenablösungen. „Touren und Abfahrten abseits der Pisten erfordern Erfahrung und Vorsicht“, hieß es im Bericht, in dem die Lawinengefahr oberhalb der Baumgrenze mit 4 – also groß – und unterhalb der Baumgrenze mit 3 – also erheblich – eingestuft wurde.

Die Bergung der beiden Lawinentoten aus Turin, aber auch die anderen Lawinenabgänge, die zum Glück glimpflich ausgingen, veranlassten den Regionalassessor, der im Aostatal unter anderem für die Berggebiete zuständig ist, zu einer geharnischten Stellungnahme. „Es ist erschreckend, dass es Skitourengeher gibt, die Gefahrenmeldungen in den Wind schlagen und die Bergretter dem Risiko einer für die Gemeinschaft sehr kostspieligen Rettungsaktion aussetzen. Dies geschieht oftmals leider nur, um die Leichen derjenigen zu bergen, die Opfer ihres eigenen Leichtsinns geworden sind“, machte Luciano Caveri auf Twitter seinem ganzen Ärger Luft.

Twitter/Luciano Caveri

Der Tweet von Luciano Caveri löste eine heftige Debatte aus. Während einige den Tweet als pietätlos kritisierten, meinten andere, dass der Regionalassessor das ausgesprochen habe, was viele denken, aber nicht zu sagen trauen. Experten merkten unter anderem an, dass es am Château des Dames noch am Samstagmorgen geschneit habe und dass ein an diesem Tag gewagter Aufstieg „unerklärbar“ sei.

Valanghe in Valle d'Aosta e Alto Adige, quattro sciatori mortiTrovati sepolti sotto la neve i due sciatori torinesi dispersi da ieri in Valtournenche. Altri due morti e un ferito grave in Alto Adige, facevano parte di un gruppo di scialpinisti travolti da una valanga. Massimo Veneziani per il Tg3 delle 12 del 2 aprile 2023

Posted by Tg3 on Sunday, April 2, 2023

In den Antworten unter seinem Tweet erntet Luciano Caveri nur Zustimmung. Neben der Forderung, dass gefährliche und unnötige Einsätze den Geretteten in Rechnung zu stellen seien, beklagen andere Nutzer, dass nicht wenige Skitourengeher zu viel ihrer Athletik vertrauen würden, aber sowohl Bergerfahrung als auch den Respekt vor dem Berg und seinen Gefahren vermissen ließen.

Vor allem fragen sich viele Bergretter, wie solche Tragödien in Zukunft verhindert werden könnten. Sollten saftige Strafen und gesalzene Rechnungen Teil einer solchen Präventionsstrategie werden?

Von: ka