Mediziner schlagen Alarm – VIDEO

“Impfgegner verschlingen mehr als die Hälfte der Corona-Medikamente”

Donnerstag, 20. Januar 2022 | 07:05 Uhr

Rom – Ein Großteil der in Krankenhäusern verwendeten Corona-Medikamente wird ungeimpften Patienten verabreicht.

Da sie zum einen knapp und zum anderen gegen die Omikron-Variante kaum wirksam sind, ist für die Medikamente gegen das Coronavirus die Zeit eigentlich noch nicht gekommen. Von den wenigen, die verfügbar sind und deren Einsatz sinnvoll ist, muss mindestens die Hälfte für die Behandlung von erkrankten Impfgegnern verwendet werden. Für diese können Anti-Covid-Medikamente oft lebensrettend sein.

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Die allgemeine Regel, die für die Zuteilung von Arzneimitteln an diesem oder einem anderen Patienten gilt, hat sich nie geändert. Normale Praxis ist, dass die Medikamente jenem Patienten verabreicht werden, bei dem eine konkrete Gefahr besteht, dass er eine schwere Form der Krankheit entwickelt. In dieser Hinsicht werden weder geimpfte noch ungeimpfte Patienten begünstigt.

Der „Zufall“ will es aber, dass die Krankenhauspatienten, die diese Art von Behandlungen benötigen, die ungeimpften Patienten sind. „Ihnen gilt mindestens die Hälfte dieser medikamentösen Behandlungen“, erklärt Francesco Menichetti, der als Experte für Infektionskrankheiten an der Universität Pisa tätig ist. Da Ungeimpfte ein weit höheres Risiko eingehen, sich zu infizieren und zu erkranken, handelt es sich bei denen, für die diese Art von medizinischer Behandlung nötig ist, in der Tat zumeist um Impfgegner. „Und wir könnten gar nicht anders handeln. Manchmal macht uns das wütend, aber wir diskriminieren niemanden“, betont der Leiter der Infektiologie an der Poliklinik Tor Vergata in Rom, Massimo Andreoni.

Wie die vorher genannten Mediziner unterstreicht auch der Fachexperte für Infektionskrankheiten am Krankenhaus von Caserta, Professor Paolo Maggi, einmal mehr, dass die Vorbeugung wichtiger als die Heilung sei, wobei zur Vermeidung eines schweren Verlaufs der Krankheit der dreifachen Coronaschutzimpfung eine ganz besondere Wichtigkeit zukomme.

Dies gilt umso mehr, weil die derzeit benutzten und verfügbaren Corona-Medikamente die Krankheit nicht „entscheidend“ bekämpfen können. Der Einzige der drei verwendeten monoklonalen Antikörper, der wirksam ist, ist unauffindbar, und Molnupiravir – das erste zugelassene Medikament gegen Covid – besitzt eine Wirksamkeit von nur 30 Prozent. Sowohl Paxlovid von Pfizer als auch antiviral wirkende Tabletten stehen erst in den Startlöchern und werden erst in einigen Wochen oder Monaten verfügbar sein. „Um eine Minderheit der Bevölkerung zu behandeln, die sich aus rein ideologischen und irrationalen Gründen nicht impfen lassen will, geben wir enorme Mittel aus“, so Paolo Maggi gegenüber der römischen Tageszeitung La Repubblica.

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Es wundert daher nicht, dass das Gesundheitswesen unter immer größerem Druck gerät. Allein am Dienstag wurden in Italien 150 neue Patienten auf Intensivstationen und 220 auf Covid-19-Normalabteilungen aufgenommen. Da die schiere Mathematik wenig Spielraum lässt und die wenigen wirksamen Medikamente knapp sind, bedeutet das, dass immer weniger Medikamente auf immer mehr Coronapatienten verteilt werden müssen. Je mehr Patienten, desto weniger Medikamente sind vorhanden, und je mehr ungeimpfte Patienten, desto weniger sind Medikamente für andere Patienten verfügbar, so lässt sich das Dilemma, vor dem viele Ärzte stehen, zusammenfassen.

„65 Prozent sind nicht geimpft, 30 Prozent haben nur eine oder zwei Dosen erhalten und nur eine kleine Minderheit, die aber trotzdem schwer erkranken kann, hat den Zyklus abgeschlossen“, so Massimo Andreoni. Hinzu kommt, dass sich die neue Variante schnell verbreitet und auch Patienten mit anderen Krankheiten infiziert.

„Jeder dritte der derzeit stationär behandelten und aus anderen Gründen aufgenommenen Patienten wurde beim Screening positiv getestet. Auf unserer Station sind von 16 Plätzen neun mit neurologischen, zwei mit kardiologischen und zwei mit Patienten mit Zirrhose belegt. Auch wenn sie dreifach geimpft sind und kaum Symptome zeigen, stellen positiv getestete Patienten die Organisation der ganzen Abteilung auf den Kopf. Sofern dort noch Plätze vorhanden sind, werden sie auf die Abteilung für Infektionskrankheiten verlegt. Für uns bedeutet das aber, dass wir alle Patienten mit anderen Krankheiten zu Hause lassen müssen“, so der Facharzt für Infektionskrankheiten, der mit diesem Beispiel veranschaulicht, wie sehr die Pandemie den Normalbetrieb der Abteilungen stört und ganze Krankenhäuser ins Chaos stürzt.

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Der immer größere Andrang von Coronapatienten, von denen der Großteil ungeimpft ist, sowie die geringe Wirksamkeit und große Knappheit der Medikamente stellen die Mediziner manchmal vor schwierigen Entscheidungen. Diejenigen, die im Zusammenhang mit Omikron von einer leichteren oder grippeähnlichen Krankheit sprechen, sollten – so Francesco Menichetti – „uns besuchen kommen“.

„Auch in der Form der neuen Variante bleibt Covid-19 eine Krankheit, der mit großer Vorsicht begegnet werden muss“, betont der Experte für Infektionskrankheiten an der Universität Pisa, der davor warnt, vorschnell von einem Ende der Pandemie auszugehen.

 

Von: ka