Seit 2008 63.000 Geschäfte verloren gegangen

Italienischer Einzelhandel immer stärker unter Druck

Samstag, 09. März 2019 | 07:58 Uhr

Rom – Eine Studie der italienischen Kaufleutevereinigung „Confcommercio“ zeigt einmal mehr auf, wie stark der Einzelhandel in Italien in den letzten Jahren unter Druck geraten ist. Während in der italienischen Politik und Öffentlichkeit der ewige Streit um die Sonntagsöffnung noch immer die Schlagzeilen beherrscht, offenbart die Studie, dass seit dem Jahr 2008 nicht weniger als 63.000 Geschäfte und Läden ihre Rollgitter für immer nach unten gezogen haben. Die Ursachen des Ladensterbens sind vielfältig. Neben der Krise, aus der Italien nie wirklich ganz herausgetreten ist, werden als Gründe auch der Onlinehandel und die Entvölkerung der Innenstädte genannt.

Die Zahlen, die in der Studie der italienischen Kaufleutevereinigung Confcommercio genannt werden, sind mehr als bedenklich. Laut der Untersuchung haben in den letzten zehn Jahren fast 63.000 Einzelhandelsbetriebe für immer ihre Tore geschlossen, was an der Gesamtanzahl gemessen einen Rückgang von 11,1 Prozent bedeutet. Von diesem Rückgang besonders betroffen sind die untersuchten, historischen Zentren von 120 mittleren und größeren, italienischen Städten. In diesem Fall beträgt der Verlust annähernd zwölf Prozent. Der einzige Lichtblick ist, dass das Ladensterben in den letzten drei Jahren, seit dem Jahr 2015, an Fahrt verloren hat. Für einige Städte und Geschäftskategorien weist die Studie sogar eine Trendumkehr aus.

Aber das Gesamtbild bleibt düster. Wie die Zahlen zeigen, leiden besonders Büchereien sowie Schuh- und Bekleidungsboutiquen unter der Krise. Aufgrund tendenziell steigender Mieten in den Innenstädten machen diese Einzelhandelsbetriebe entweder Restaurants, kleineren Beherbergungsbetrieben oder Bars Platz oder sie werden gleich in die Einkaufszentren verlegt. Kleineren Elektronikfachgeschäften, Apotheken und den genannten Gastronomiebetrieben scheinen hingegen vom Ladensterben weniger betroffen zu sein. Die Untersuchung verzeichnet seit dem Jahr 2008 für Restaurants, Beherbergungsbetriebe und Bars sogar einen Anstieg von 15 Prozent.

Insgesamt hebt die Studie die schleichende Entvölkerung der italienischen Innenstädte hervor. Sinkende Umsätze und steigende Lokalmieten zwingen nicht wenige Kaufleute, die Innenstädte zu verlassen und in den anderen Stadtvierteln nach günstigerem Mietraum zu suchen. Davon betroffen ist besonders der Süden Italiens. Dort verlieren die Innenstädte im Untersuchungszeitraum sogar 14 Prozent der Einzelhandelsbetriebe.

Der Präsident der italienischen Kaufleutevereinigung, Carlo Sangalli, warnt vor einer „Verarmung unserer Städte“ und fordert eine Neubelebung der italienischen, urbanen Zentren. Carlo Sangalli ist der Meinung, dass ein gesamtstaatlicher Plan, der die Erneuerung der Innenstädte zum Ziel habe, und der die enge Verbindung zwischen Handel und Lebensqualität der italienischen Städte anerkenne und hervorhebe, helfen könne, die Lage zu bessern.

Das ändert aber nichts daran, dass die vielen Ursachen für den Rückgang weiter bestehen bleiben. Neben der Krise, die Italien nie wirklich ganz verlassen hat, wird dabei auch der Onlinehandel genannt. Gerade den Onlineriesen haben die kleinen Einzelhandelsbetriebe wenig entgegenzusetzen.

Angesichts der von der italienischen Kaufleutevereinigung veröffentlichen verheerenden Zahlen meldet sich auch die Verbraucherorganisation „Codacons“ zum Thema Sonntagsöffnung zu Wort. „Am Sonntag die Läden dichtzumachen, wäre ein Wahnsinn“, so die Ansicht der italienischen Verbraucherorganisation. Codacons meint, dass die Sonntagsschließung die Einzelhandelsbetriebe gegenüber dem Onlinehandel weiter benachteiligen würde.

Von: ka