Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 392/21: Familien und Frauen finanziell unterstützen. (eingebracht von den Abg. Knoll und Atz Tammerle am 11.02.2021) befasst.
Der Landtag wolle beschließen: 1. Der Südtiroler Landtag beauftragt die Landesregierung, sich dafür einzusetzen, dass so schnell als möglich die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Erziehungs- und Pflegejahre für die Rente anerkannt werden. 2. Der Südtiroler Landtag beauftragt die Landesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Familien mit einem Jahreseinkommen von bis 55.000 Euro eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 150 Euro pro Kind gewährt werden kann. 3. Der Landtag beauftragt die Landesregierung, gemeinsam mit dem Gemeindenverband nach Möglichkeiten zu suchen, damit – als schnelle Soforthilfe für die Bürger – in diesem Jahr die Gemeindegebühren weitestgehend gesenkt oder gar ausgesetzt werden. 4. Der Landtag beauftragt die Landesregierung, sich dafür einzusetzen, dass den Bürgern im Jahr 2021 zusätzlich zum Sozialbonus eine Reduzierung der Strom- und Gasgebühren gewährt wird. 5. Der Landtag beauftragt die Landesregierung weitere finanzielle Hilfspakete vorzubereiten und hierfür die jährlichen 500 Millionen Euro zur Tilgung der italienischen Staatsschulden in Südtirol einzubehalten, um damit Betriebe und Bürger finanziell zu unterstützen. Der Landtag möge außerdem die Landesregierung auffordern, 1. Die aktuelle Corona-Verordnung dahingehend anzupassen, dass Treffen mit engen Familienangehörigen (Eltern, Geschwister, Großeltern) im ganzen Land wieder zugelassen werden. 2. Die aktuelle Corona-Verordnung dahingehend anzupassen, dass Fahrten mit dem Auto zur Ausübung sportlicher Aktivitäten innerhalb und außerhalb der eigenen Wohnsitzgemeinde wieder erlaubt werden. 3. Sich dafür einzusetzen, dass bei Vorlage eines negativen Corona-Tests die 14-tägige Quarantäneverpflichtung bei der Einreise aus Nord- und Ost-Tirol entfällt sowie, dass grenzüberschreitende Partner- und Familientreffen wieder zugelassen werden.
“Durch die Corona-Krise sind viele Familien in eine finanzielle Notlage geraten”, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). “Viele Elternteile haben ihre Arbeitsstelle verloren oder beziehen nur noch Lohnausgleich und wissen mittlerweile nicht mehr, wie sie ihre monatlichen Fixkosten bewältigen können. Viele Familien fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Auch die Schule bringt durch die Umstellung auf Fernunterricht derzeit für viele Familien in unserem Land erhebliche Kosten mit sich. Zusätzliche Kosten entstehen auch für Menschen, die infolge der Corona-Maßnahmen ins Homeoffice geschickt wurden. Das Arbeiten daheim hat beispielsweise zur Folge, dass Heizungen, Geräte oder Raumbeleuchtungen tagsüber verstärkt laufen, was zusätzlich zu Mehrkosten führt. Eine weitere Veränderung, die Corona mit sich gebracht hat, ist die notwendige Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen daheim. Vor der Corona-Krise war es für die Eltern nach der Geburt ihres Kindes problemlos möglich, in ihren Beruf zurückzukehren. Doch nun hat sich die Situation verändert. Durch die verordneten Betriebsschließungen haben viele Elternteile ihren Arbeitsplatz verloren. Der Appell der Politik, dass Frauen während den Erziehungs- und Pflegezeiten eigenständig in die Rentenkasse einzahlen sollten, ist realitätsfremd und in der derzeitigen Situation für die meisten Frauen unmöglich. Frauen leiden besonders unter der Corona-Krise. Es muss im Interesse aller vertretenen Mitglieder des Südtiroler Landtages sein, Familien und Frauen in dieser schwierigen Zeit so gut als möglich zu entlasten. Das vom Landtag zu beschließende Corona-Hilfspaket ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, wird aber nicht ausreichen, um die aktuellen und die langfristigen finanziellen Schäden für Betriebe und Bürger in Südtirol aufzufangen. Neben den finanziellen Schäden bringt die Corona-Krise aber auch immer größere psychische und physische Schäden mit sich. Die Bewegungsfreiheit der Bürger muss im Landesgebiet schnellstmöglich wieder hergestellt werden und auch Treffen mit den eigenen Familienangehörigen wieder erlaubt werden.”
Die Krise habe viele Schwachstellen offengelegt, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Vor allem einkommensschwache Familien seien betroffen, Kinder sehr oft armutsgefährdet. Auch der Mittelstand sei immer mehr betroffen. Sie hätte sich gewünscht, dass der Recovery Fund mehr die Frauen berücksichtige, die besonders benachteiligt seien. Der Antrag enthalte viele Themen, die anzugehen seien, und verdiene Zustimmung.
Auch Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) fand den Antrag interessant. Im Hilfspaket sei nichts zur Gendergerechtigkeit enthalten. In dieser Krise hätten 800 Frauen die Arbeit verloren, weil sie sich um ihre Kinder kümmern mussten. Er werde den Punkten 1-4 zustimmen, während er den Punkt 5 kritisch sehe, weil er dem Mailänder Abkommen widerspreche. Der zweite Teil des Antrags komme eher den Negationisten entgegen. Zur Unterstützung der Frauen wäre auch eine Sensibilisierungskampagne bei den Vätern nötig, damit diese ihren Teil der Familienarbeit übernehmen. Neben Beiträgen brauche es auch einen Ausbau der Dienste.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah einige Punkte unterstützenswert, nicht aber jene, die die Zuständigkeiten des Landes überschreiten. Punkt 5 spreche etwas an, was vernachlässigt werde: Woher kämen die 500 Millionen für das Hilfspaket? Die Landesregierung sollte dies erklären.
Josef Unterholzner (Enzian) kündigte Zustimmung an. Damit könne auch jenen etwas geholfen werden, die seit Monaten keine Arbeit hätten. 55 Mio. seien nicht viel. Das Land gebe 1,2 Mrd. Euro für Mitarbeiter aus, zusätzlich 64 Mio. für die Generaldirektion. Man sollte jetzt endlich an jene denken, die das Geld für den Landeshaushalt eingezahlt und jetzt kein Einkommen hätten.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) unterstützte einige Punkte des Antrags. Die Anerkennung der Erziehungszeiten sei seit langem ein Thema, aber das Land könne hier nicht selbständig agieren. Das Kindergeld (Punkt 2) sollte unabhängig vom Einkommen gewährt werden.
Magdalena Amhof (SVP) betonte, dass die Familien Unterstützung bräuchten und auch bekämen. Sie zählte eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen auf. Voriges Jahr sei das Kindergeld von 92 Prozent der Familien in Anspruch genommen worden, dazu gebe kostenlos Kindergarten und Schule. Die Covid-Hilfen kämen jetzt dazu. Das Land gebe für die Familien weit mehr aus als 55 Millionen und kompensiere das, was der Staat nicht biete.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) unterstützte das Grundanliegen des Antrags. Kritisch sehe er den Kinderbeitrag ohne Staffelung nach Einkommen und den Eingriff in die Gemeindeautonomie. Er habe bereits gefordert, dass Alperia auf einen Teil der Gewinne zugunsten der Familien verzichtet.
Was derzeit geschehe, sei eine Entrechtung der Bürger, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Andere entschieden darüber, ob wir das Haus verlassen oder unsere Eltern besuchen dürften. Man müsse sich fragen, ob das angemessen sei. Es sollten nur mehr jene Maßnahmen getroffen werden, die unbedingt notwendig seien. Mit den derzeitigen Maßnahmen dränge man die Menschen in die Illegalität. Es gehe nicht an, wenn ältere Menschen wegen eines Spaziergangs bestraft würden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wenn jemand mit negativem Test in Quarantäne müsse.
Natürlich sei man für mehr Unterstützung für Frauen und Familien, Hanspeter Staffler (Grüne), aber in dem Antrag würden zwei große Themen vermischt, um Verwirrung zu schaffen. Die Verordnungen, die Knoll anspreche, seien mittlerweile von Gerichten geprüft worden und da zeichne sich europaweit eine gewisse Linie ab, auf deren Grundlage die neuen Verordnungen getroffen würden. Die STF fordere schnelle Hilfe, aber die Vorschläge, die sie mache, könnten nicht in kurzer Zeit umgesetzt werden, etwa weil sie in die Zuständigkeit des Staates oder der Gemeinden fielen.
Franz Locher (SVP) erinnerte an die Verwunderung über Schließungen von Schulen und Betrieben im Dezember in Deutschland. Südtirol sei es gelungen, vieles lange offen zu halten und Arbeit zu ermöglichen. Jetzt, mit dem Hilfspaket, gehe es darum, jenen zu helfen, die keine Arbeit hatten.
Gerhard Lanz (SVP) verwies auf die Statistik, die einen Wirtschaftsrückgang von rund zehn Prozent aufweise. Das zeige auch, dass 90 Prozent funktioniert hätten. Es habe keinen Sinn, Anträge zu stellen, die nicht erfüllt werden können, nur um morgen das Abstimmungsverhalten der Mehrheit in der Presse anzuprangern. Es brauche Lösungen, die den Menschen helfen, und keine Profilierungsversuche. Der Vorwurf der Freiheitsbeschränkung sei fehl am Platz, hier könne jeder seine Meinung sagen.
LH Arno Kompatscher nahm zu den Punkten fünf bis acht Stellung. Südtirol könne nicht einseitig den Vertrag missachten und die vereinbarten 500 Mio. einbehalten. Dieser Sicherungspakt habe Südtirol viele Vorteile gebracht, der Staat könne z.B. nicht mehr einseitig Gelder einbehalten, wie der Verfassungsgerichtshof geurteilt habe. Man verhandle derzeit mit dem Staat, um für die nächsten Jahre Spielraum zu haben, indem der jährliche Betrag gestundet wird. Andere Punkte des Antrags beträfen die Verordnungen zur Covid-Bekämpfung; der Landtag könne hier nicht einspringen, auch wegen der nötigen Aktualität. Morgen werde der Staat die nächsten Maßnahmen erläutern, dann werde er die nächste Verordnung unterschreiben und dabei soweit möglich den verschiedenen Wünschen und Bedürfnissen nach mehr Freiheit Rechnung tragen.
LR Waltraud Deeg wies darauf hin, dass die Anerkennung der Erziehungszeiten für die Rente Zuständigkeit des Staats seien. Beiträge für Familien gebe es bereits, ebenso wolle man die Betreuungsdienste weiter ausbauen.
Die Rentenabsicherung sei natürlich Staatskompetenz, aber die Landesregierung könne sich in Rom dafür einsetzen, erklärte Myriam Atz Tammerle in ihrer Replik. Der Landtag sei das höchste Organ im Lande und könne die Landesregierung dazu beauftragen. Der vorgeschlagene Kinderbeitrag umfasse auch die technische Ausrüstung, wie vom Kinderlandtag vorgeschlagen. Da die Kinder nicht ständig im Kindergarten sein könnten, könnte die Gebühr gesenkt werden. Es sei nicht verwunderlich, wenn die Bürger das Vertrauen in die Politik verlieren, wenn sie immer mehr in ihrer Freiheit eingeschränkt würden. Der Antrag wurde in Teilabstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 394/21: Initiative des Landes gegen Hass und Sexismus im Internet (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler am 15.02.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen interessierten Stellen, etwa dem Beirat für Chancengleichheit, Medienvertretern, dem Landesbeirat für das Kommunikationswesen, Künstlerinnen und Künstlern, Menschenrechtlern, der Freien Universität Bozen, dem Landesbeirat der Schülerinnen und Schüler, dem Landesbeirat der Eltern, den Verbänden, die sich für die Achtung der Rechte und für Respekt einsetzen, verschiedenen Organisationen, Kompetenzzentren, usw. eine Sensibilisierungskampagne für eine respektvolle und gewaltlose Kommunikation gegen Hass und sexistische Gewalt im Internet umzusetzen; 2. die Welt der Politik, der Kultur, des Journalismus, der Künste sowie Frauen und (vor allem) Männer einzubeziehen, die bereit sind, die Botschafter und Botschafterinnen einer solchen Sensibilisierungskampagne zu werden; 3. die Sensibilisierungskampagne für eine respektvolle und gewaltfreie Kommunikation gegen Hass und sexistische Gewalt im Internet auf allen landesweit verfügbaren Kommunikationskanälen (Zeitungen, Online-Medien, Fernsehen, Radio, sozialen Medien, etc.) zu veröffentlichen.
Der Hass im Internet habe die Grenzen schon seit langem überschritten, meinte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), und in Corona-Zeiten habe die Internetnutzung zugenommen. Oft führe der verbale Hass zu physischen und psychischen Schäden. Frauen seien drei- bis viermal öfter Opfer als Männer, hier komme der Sexismus dazu. Dieser Hass, dieser Sexismus seien keine persönliche Angelegenheit mehr, man dürfe die Opfer nicht allein lassen. Und man müsse mehr tun, als nur den einzelnen Opfern zu helfen, das Land müsse eine Kampagne starten. Man müsse den Hatern gemeinsam zeigen, dass man das nicht mehr hinnehmen wolle. Oft sei der Hass nicht ein persönlicher Ausbruch, sondern organisiert wie der Terrorismus. Die Schule mache bereits Präventionsarbeit, diese wäre aber auch für Erwachsene nötig. Viele wüssten nicht, was sie mit ihren Worten anstellen würden.
Jasmin Ladurner (SVP) zitierte einige unflätige Worte aus den sozialen Netzwerken, die sie in den letzten Tagen gelesen habe. Kritik sei erlaubt, aber das gehe zu weit. Die Bereitschaft zur verbalen Gewalt nehme zu, und darüber müsse man sprechen. Deshalb unterstütze diesen Vorschlag. Es brauche die Unterstützung jedes Einzelnen, aber auch verantwortungsvolle Medien, welche die Moderation in ihren Foren ernst nehmen.
Hassreden beleidigten und bedrohten Personen, aber jeder könne dazu beitragen, auch im Landtag, dass dieser Hass sich nicht weiter verbreitet, meinte Franz Ploner (Team K). Rassismus und Sexismus dürften im Netz keinen Platz haben. Das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Man werde den Antrag mittragen.
Hassreden könnten jede und jeden treffen, das wüssten auch die Politiker, erklärte Hanspeter Staffler (Grüne). Aber auch die Politiker seien nicht immer fair und setzten oft die Hassrede als Argument ein. Wenn man die Diskussionen im Internet verfolge, könne man oft bemerken, wie organisierter Hass einsetze. Wenn man diese Hasspostings teile, helfe man diesen organisierten Gruppen weiter. Es sei die Frage, ob dieser Hass immer schon da gewesen sei oder sich erst in den letzten Jahren entwickelt habe.
Solche Kommentare täten weh und machten mutlos, berichtete Magdalena Amhof (SVP) aus eigener Erfahrung. Die SVP wolle diese Hasswelle nicht mehr akzeptieren und wolle dagegen vorgehen. Ein erster Schritt sei ihr Antrag zur Netiquette gewesen, es würden weitere folgen. Der vorliegende Antrag gehe in dieselbe Richtung. Sie schlug vor, auch die Sozialpartner im Antrag einzubinden, sowie die Sportler und die Wirtschaft.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) zitierte aus Hasskommentaren auf seiner Facebookseite, wo er als Faschist u.a. bezeichnet werde, und berichtete von anonymen Schreiben und Beschädigungen seines Autos. Grund für den Hass sei ein bestimmtes Klima, zu dem auch ein SVP-Obmann beitrage, wenn er Urzìs Partei als neofaschistisch hinstelle. Dennoch werde er dem Antrag zustimmen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sah das Thema als Ausdruck seiner Zeit. Früher sei die Konfrontation auf bestimmte Orte eingeschränkt gewesen, heute gebe es eine konstante Kommunikation in den sozialen Netzwerken und eine größere Bereitschaft zur Konfrontation.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) tat sich mit dem Antrag schwer, auch wenn er die Notwendigkeit verstehe, gegen den Hass vorzugehen. Er selbst sei in seiner politischen Karriere fast immer von Grünen und Linken angegriffen worden. Man müsse sich auch fragen, ob der Hass nicht auf falsche Entscheidungen der Politik zurückgehe. Er sei dagegen, wenn man den Menschen vorschreiben wolle, was sie sagen dürften. Kritik müsse eine Demokratie aushalten, blinde Wut und Hass nicht.
Carlo Vettori (Alto Adige Autonomia) unterstützte den Antrag und sah in den Hasskommentaren Ausdruck von viel Frustration. Foppe habe recht, wenn sie zur Anzeige aufrufe, dann man müsse zu verstehen geben, dass jeder für seine Worte verantwortlich sei. Auch er sei im Netz angefeindet worden. Aber auch die Politik sei nicht ganz unschuldig. Er kündigte an, seinen Antrag zum Thema neu einreichen zu wollen.
Waltraud Deeg (SVP) dankte für den Antrag. Die sozialen Netzwerke wären eigentlich für den Dialog geschaffen, würden aber zweckentfremdet. Es sei schade, wenn sich immer mehr konstruktive Personen zurückzögen, weil sie Angst vor diesem Hass hätten. Wenn die Würde des Menschen verletzt werde, brauche es klare Strafen. Gerhard Lanz (SVP) unterstützte den Antrag und betonte, dass man die Wirtschaft hier mitnehmen müsse, da auch hier vieles in dieser Hinsicht passiere. Verbale Gewalt, die mit dem Thema nichts mehr zu tun habe, sei nicht hinnehmbar. Der Satz “Das musst du schon aushalten” sei kein Argument.
Sie habe immer versucht, junge Frauen zur Politik zu bewegen, berichtete Brigitte Foppa (Grüne), viele hätten sich gerade wegen solcher Kommentare zurückgezogen. Die Frauen seien öfter Opfer als Männer, da komme noch der Sexismus ins Spiel. Diese Hassbotschaften hätten ein klares Ziel. Man müsse diese Welle brechen, damit es die nächsten besser hätten.
Früher hätten Medien diese Rolle eingenommen, meinte Ulli Mair (Freiheitliche). Als sie ihre politische Karriere begonnen habe, seien alle, die gewisse Positionen eingenommen hätten, von den Medien zur Schnecke gemacht worden. Jetzt, wo den Menschen auch der Stammtisch fehle, würden die sozialen Netzwerke dazu genutzt. Hassreden beträfen auch Privatpersonen, nicht nur Politiker. Punkt 1 des Antrags werde sie nicht zustimmen, da hier die Gesprächspartner detailliert festgelegt würden. Sexistische Kommentare bekomme sie oft auf dem Heimweg von Nichtsüdtirolern, aber wenn sie das anprangere, werde sie als Rassistin abgestempelt.
Rita Mattei (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) meinte, alle im Landtag würden hier ähnlich denken, auch wenn sie die Situation anders erlebten. Auch ihre Parteikollegen und Salvini würden Hassreden abbekommen. Leider seien die sozialen Netzwerke außer Kontrolle: jeder dürfe alles schreiben, und die Frauen seien öfter die Opfer, aber auch die Männer hätten es nicht leicht. Sie appellierte an die Abgeordneten der Opposition, mehr Verantwortung zu zeigen und bestimmte Argumente nicht zu instrumentalisieren.
Die Frage betreffe zunächst einmal die Gesellschaft als Ganzes, nicht Individuen oder Gruppen, meinte LH Arno Kompatscher. Das Phänomen habe in letzter Zeit noch einmal zugenommen, auch weil die Menschen mehr unter Druck stünden. Als Landeshauptmann müsse man einiges aushalten, aber er sei auch von anderen darauf hingewiesen worden, dass er es dem Amt schuldig sei, dieses in Schutz zu nehmen. Noch sei es nicht der richtige Moment, zur Anzeige überzugehen. Aber man müsse zeigen, dass die Gesellschaft solches Verhalten nicht toleriere, und gemeinsam ein Statement dazu abgeben. Es werde nicht bei diesem Antrag bleiben, das Thema werde uns auch nach der Krise begleiten. Man müsse es schaffen, wieder zu einem respektvollen Umgang zu kommen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) dankte für die offene Debatte. Es gehe um ein Thema, das viele betreffe, über die Parteigrenzen hinweg. Die Politiker könnten sich noch eher schützen, aber es seien viele andere betroffen, die beleidigt und delegitimiert würden. Ihn trenne vieles von Urzì, aber solche Beleidigungen wie die Hater würde er ihm gegenüber nie verwenden. Es gebe Gruppen, die Hass im Netz als politische Waffe gebrauchten. Das seien keine Frustrierten, das seien Verbrecher. Er sehe die Gefahr einer Radikalisierung der Debatte, die auch ausarten könne. Dello Sbarba nahm die Änderungsvorschläge der SVP an (Nennung von Sozialpartnern, Wirtschaft, Sportlern). Punkt 1 des Antrags wurde mit 31 Ja und vier Enthaltungen angenommen, Punkt 2 ebenso, Punkt 3 mit 32 Ja und zwei Enthaltungen.