Luis Durnwalder: Menschenfeindliche Relikte gehören weg

Gedenkfeier im KZ Campo Isarco in Blumau

Sonntag, 24. Oktober 2021 | 18:08 Uhr

Blumau – Menschenfeindliche Relikte gehören weg. Das sagte Altlandeshauptmann Luis Durnwalder bei der vom Gedenkkomitee KZ Campo Isarco am Lager-Gedenkstein in Blumau abgehaltenen Gedenkfeier. Er habe schon als Landeshauptmann den Vorschlag gemacht, das faschistische Alpinidenkmal in Bruneck auf dem Kapuzinerplatz, das den italienischen Kolonialkrieg in Afrika verherrlicht, in einen Kasernenhof zu verbannen.

Er verwies auf die Verbrechen des Faschismus in Afrika, wofür zynischerweise und geschichtsverfälschend die „Divisione Pusteria“ mit einem Denkmal geehrt wurde. Zwangsweise einberufene junge Pusterer gab es in der „Pusteria“ wenige, dafür kamen zahlreiche faschistische Scharfschützen des KZ Campo Isarco aus den Reihen dieser Einheit.

Stellvertretend für alle konnte Roland Lang, Obmann des Südtiroler Heimatbundes und Mitbegründer des Gedenkkomitees, den Vizebürgermeister der Stadt Bozen Luis Walcher, die frühere Landtagsabgeordneten Eva Klotz und den Ehrenobmann der Freiheitlichen, Pius Leitner, den früheren Präsidenten des Kaufleuteverbandes, Werner Schmid, die Galionsfigur der Eisacktaler Heimatverbände, Josef Kaser, einige Vertreter des Kulturverbandes Noi Tirolesi/Wir Tiroler sowie eine katalanische Betreuerin der in Spanien verfolgten katalanischen Freiheitskämpfer begrüßen. Die Gedenkfeier wurde von der Musikkapelle Steinegg musikalisch umrahmt.

Seine Abwesenheit entschuldigte unter anderen Bischof Ivo Muser. Er sandte an die Teilnehmer folgende Grußbotschaft: „[…] Im Gedenken und im Gebet bin ich bei Ihnen und allen, die an dieser Feier teilnehmen, verbunden. Mit Josef Mayr-Nusser sagen Christen ja zu Gott und zur Würde eines jeden Menschen und Nein zu jeder Form von Nationalismus, Totalitarismus und Menschenverachtung. […] Ivo Muser.“

Roland Lang erinnerte daran, dass Mussolini, in dessen Auftrag das, während der Südtiroler Optionszeit und Kriegsplanung der Achsenmächte zur Internierung allerlei Regimegegner der Balkanstaaten und italienischen Kriegsgefangener in Nordafrika auf dem ehemaligen Geländer der Blumauer Bierbrauerei Konzentrationslager „Campo di concentramento Prato d’Isarco“ errichtet wurde, heute noch in vielen Gemeinden Ehrenbürger sei, darunter auch die Stadt Bologna. Wie kampfbereit die faschistischen Radaumacher in Italien noch seien, habe sich erst kürzlich in Rom gezeigt.
Für Lang repräsentiert der Gedenkstein gegen Faschismus und Krieg auch eine Erinnerung an alle jene Menschen, die für die Freiheit und Selbstverwaltung dieses Landes gekämpft haben. Der Obmann des SHB wörtlich: „Vergessen wir in dieser Stunde auch nicht unsere Freiheitskämpfer, die immer noch nach menschenrechtsverachtenden Hassurteilen in den sechziger Jahren ihre Heimat nicht betreten können. Schließen wir in unserem Gedenken auch die katalanischen Patrioten ein, die verfolgten Uiguren und Tibeter, und alle anderen Menschen, die für Freiheit und gegen Unterdrückung kämpfen.“

Die Karneider Vizebürgermeisterin Martina Lantschner sprach über die Bedeutung dieses Konzentrationslager und bedankte sich bei allen für ihren Einsatz, die Erinnerung an Verbrechen der Diktatur wach zu halten.

Die Welschtiroler Heimatforscherin Manuela Sartori rief die Jugend auf, in den Schulen das Studium der Lokalgeschichte zu fordern. Ihr Trentiner Onkel habe im Ersten Weltkrieg für Österreich und Tirol und gegen Italien gekämpft und sei an der Front für immer verschollen. Es sei ein schwerer Fehler, wenn man die Heimatgeschichte ignoriert und nicht studiert. Der Buchautor Günther Rauch hat die Geschichte des Konzentrationslagers und die verborgenen Verbrechen des Faschismus in Südtirol rekonstruiert und damit bewusst gemacht, dass die Schrecken des Faschismus nicht etwas Fernes seien, sondern dass das Böse hier im eigenen Lande geschah. Auch heute müsse man sich mit Teilen einer Vergangenheit auseinandersetzen, die immer wieder auftaucht. Und nur wenn wir die Geschichte und die Geschichten kennen, könne man sie zurückweisen und überwinden. „Nur wenn wir die kleine Geschichte kennen, werden wir die große Geschichte besser verstehen, dann werden wir wieder zu unseren Tiroler Wurzeln finden“, erklärte Manuela Sartori.

Der Wortgottesdienstleiter und frühere Schützenhauptmann Karl Schroffenegger sprach daraufhin ein Gebet. Vor dem Gedenkstein legten junge Schützen einen Kranz nieder. Auf dem in den Tiroler Landesfarben angebrachten Kranzschleifen stand in deutscher, italienischer und englischer Sprache: „Im Gedenken, in ricordo, in memory“.

Die von Major Lorenz Puff angeführten Schützen senkten bei der Generalcharge zur Ehre der in Blumau gehaltenen Regimegegner und allliierten Kriegsgefangenen die Schützenfahnen.

Die Veranstaltung wurde von Dankesworten des Karneider Gemeinderates Karl Saxer abgeschossen, der an Politik und an das Denkmalamt des Landes den Wunsch richtete, das historische Gelände der ehemaligen Brauerei unter Denkmalschutz zu stellen.

Von: mk

Bezirk: Salten/Schlern