Von: luk
Bozen – Auf die neuen Betreiber des Flughafens kommt eine Hürde zu. Die Flughafenkonzession kann nicht automatisch vom Land auf Private übertragen werden. Darauf weißt der Dachverband für Natur- und Umweltschutz hin.
“Die italienische Antikorruptionsbehörde ANAC stellt bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung zur Abtretung der Quoten an der ABD fest, dass das Vorgehen bei der Ausschreibung vonseiten des Landes nicht dem normativen Rahmen entspricht. Unter anderem deshalb, weil in Folge der Veräußerung der öffentlichen ABD-Gesellschaft an einen Privaten nicht auch automatisch der Anspruch auf Erteilung der zwanzigjährigen Konzession durch das Transportministerium übertragen werden kann. Aber ohne definitive Konzession dürfte das Entwicklungsprogramm und damit der Ausbau des Bozner Flugplatzes mehr als fraglich sein”, so der Dachverband.
Zur Erinnerung: Vor rund eineinhalb Jahren haben Alpenverein Südtirol, Heimatpflegeverband Südtirol, Umweltgruppe Eppan und der Dachverband für Natur- und Umweltschutz bei der italienischen Antikorruptionsbehörde ANAC eine Eingabe zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung zur Veräußerung der Anteile der damals öffentlichen ABD-Gesellschaft eingereicht. Gegenstand der Eingabe seien verschiedene Widersprüche der Ausschreibung gewesen. “Allen voran der Umstand, dass das Land – obwohl es zur Gänze aus der Betreibergesellschaft aussteigt – sich in die zukünftige Führung des Flugplatzes einmischt, indem z.B. eine vom jeweiligen Bieter veranschlagte, höhere Anzahl von Fluggästen zu einer besseren Bewertung des Angebots führt. Zugleich wurden in den Wettbewerbsbedingungen angebliche Verpflichtungen der neuen Gesellschaftseigentümer gegenüber der Flughafenbehörde ENAC aufzeigt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass laut Ausschreibungsunterlagen einerseits ein Anspruch der ABD auf die definitive, zwanzigjährige Konzession samt entsprechenden Verpflichtungen des Betreibers bestehen soll, andererseits aber dieser Anspruch bei der Bemessung des Wertes der zum Verkauf stehenden Gesellschaftsquoten offensichtlich unberücksichtigt geblieben ist – bekanntlich betrug das Mindestgebot im Rahmen der Ausschreibung infolge einer drastischen Herabsetzung sämtlicher Immobilienwerte lediglich 3,8 Mio. Euro.”
Kein automatischer Anspruch auf Erteilung der definitiven Konzession
“In der Folge hat die ANAC ihrerseits Ermittlungen eingeleitet, die nun abgeschlossen sind und in Form eines Beschlusses mitgeteilt wurden. Die ANAC folgt dabei in erster Linie in der Frage des Anspruchs auf eine definitive Konzession den Argumenten der Umweltverbände. Der Antrag auf Erteilung der Konzession für die definitive, zwanzigjährige Führung des Flugplatzes war von der ABD – als diese noch zur Gänze eine Gesellschaft mit öffentlicher Beteiligung war – im Jahr 1999 aufgrund der damals geltenden Gesetzeslage eingereicht worden, welche die Vergabe der Flughafen-Führung im Direktwege (d.h., ohne entsprechende Ausschreibung) vorsah. Grundlage für die Vergabe einer definitiven Konzession war ein Investitionsprogramm, welches über die Jahre von der ABD als Landesgesellschaft mehrmals überarbeitet wurde und neben anderen Dingen auch den Ausbau des Bozner Flugplatzes samt Pistenverlängerung vorsieht. Die ANAC kommt nun zum Schluss, dass mit der Veräußerung der öffentlichen ABD-Gesellschaft an einen Privaten nicht auch automatisch der Anspruch auf Erteilung der zwanzigjährigen Konzession durch das Transportministerium übertragen werden kann. Die Erteilung der genannten Konzession im Direktwege hätte nämlich nur auf der Grundlage des öffentlichen Eigentums an den Gesellschaftsquoten erfolgen können, die private ABD hingegen muss sich bezüglich der Führung des Flughafens dem Wettbewerb stellen. Mit dem Besitzerwechsel der ABD und dem dadurch laut ANAC bedingten Verfall des ursprünglichen Antrages der ABD samt Investitionsprogramm zwecks Erteilung der definitiven Konzession steht plötzlich ein großes Fragezeichen hinter der in der Ausschreibung verbindlich festgeschriebenen Umsetzung des Ausbaus des Flugplatzes”, so der Dachverband.
Das Land kann dem Flugplatz von Rom übernehmen
Fakt sei, dass die Konzession zur Führung des Bozner Flugplatzes laut der Antikorruptionsbehörde ANAC ausgeschrieben werden muss. “Und zwar von der italienischen zivilen Luftfahrtbehörde ENAC. Dieser Umstand ist keine zwingende Folge der Entscheidung der Bevölkerung bei der Volksabstimmung. Völlig unabhängig von der Entscheidung, die Quoten der Gesellschaft ABD zu veräußern, hätte das Land Südtirol Eigentümerin der Flughafen-Infrastruktur hätte werden können (und kann es noch immer). Dabei liegt der große Vorteil in der Tatsache begründet, dass in diesem Zuge das Land selbst die Bedingungen für den Betrieb und die Ausschreibung der Führung des Flughafens festsetzen könnte. Dafür hat der Staat spätestens mit DPR 201/2015 sämtliche Voraussetzungen geschaffen, da alle Flughäfen, die nicht von nationalem Interesse sind, den Regionen und autonomen Provinzen zu übertragen sind. Das Land hat diese Möglichkeit aber trotz der expliziten gesetzlich verankerten Möglichkeit gar nie in Betracht gezogen und ist hierzu in Rom unerklärlicherweise in all den Jahren völlig untätig geblieben, im Gegensatz zu Kasernenarealen, Autobahn-Konzession, primäre Gesetzgebungskompetenzen usw. Auch autonomiepolitisch ist diese Untätigkeit von Seiten der Landespolitik wenig kohärent”, so der Dachverband.
“Eigentum ist nicht gleich Betrieb”
“In diesem Zusammenhang ist es wichtig zwischen Eigentum und Betrieb der Struktur zu unterscheiden. Das Land kann sehr wohl Eigentümer sein (mittels DPR 201/2015), ohne den Flugplatz selbst betreiben zu müssen. Das hätte den großen Vorteil, dass das Land die Konzessionsbedingungen diktieren könnte. Diese Konstellation wäre durchaus mit dem Ausgang der Volksabstimmungen vereinbar, da sich das Land aus dem aktiven Betrieb des Flugplatzes zurückzieht, als Eigentümer aber die berechtigen Interessen der Anrainer und der gesamten Südtiroler Bevölkerung vertritt. Diese sollten nach den mehr als deutlichen Willensbekundungen bei den Volksabstimmungen zum Bozner Flugplatz jedem Volksvertreter klar sein”, so der Dachverband.
Die nächsten Schritte
Die Umweltverbände haben die Entscheidung der ANAC mittlerweile an die ENAC und das Transportministerium weitergeleitet mit dem Ersuchen, etwaige Konzessionsansuchen der nun privaten ABD aufgrund der Entscheidung der ANAC innerhalb von 30 Tagen abzulehnen bzw. zu archivieren.
Zudem haben wurde der Beschluss der ANAC auch an die nationale Wettbewerbsbehörde (AGCM) zur Kenntnis weitergeleitet. “Wir werden die weiteren Entwicklungen bzw. Entscheidungen auf den unterschiedlichen Behörden-Ebenen jedenfalls auch weiterhin aktiv begleiten und mit verfolgen.”
Basierend auf der jetzt vorliegenden Entscheidung der ANAC fordern die Umweltverbände das Land erneut auf, Verhandlungen mit dem Staat aufzunehmen, um Eigentümer der Struktur Flugplatz Bozen zu werden. Damit:
wird das Land endlich Herr im eigenen Haus und die Flächen sowie die Infrastruktur des Flugplatzes gehen in den Besitz des Landes über bzw. zurück
wird eine europaweite Ausschreibung mit unbekannten Ausschreibungs-Modalitäten und Ausgang vermieden.
wird eine Regelung des Betriebes des Flughafens durch das Land möglich, das alle Auflagen und Bedingungen enthält, die von den Anrainern und der Südtiroler Bevölkerung gefordert werden. Die ENAC wäre demnach nur mehr für die technische Überwachung zuständig, jedoch nicht für die strategischen Entscheidungen wie dem etwaigen Ausbau usw.
kann im Sinne der Klima-Verantwortung des Landes auch jedweder Ausbau des Flugplatzes wirksam unterbunden und die negativen Auswirkungen des derzeitigen Betriebes so weit als möglich minimiert werden.
Auch Rudi Benedikter von Projekt Bozen arbeitet auf einen Baustopp hin: In einem offenen Brief heißt es, dass Bozen seine urbanistische Hoheit wahren und Leifers gegen die ABD unterstützen müsse.