Von: apa
Die anhaltend schwache Wirtschaftslage in Deutschland und Österreich hat im Vorjahr die gemeinsamen Handelsbeziehungen zum zweiten Mal in Folge schrumpfen lassen. “Deutschland und Österreich müssen gemeinsam mutiger und schneller handeln”, sagte der Präsident der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK) und VW-Aufsichtsratschef, Hans Dieter Pötsch, bei einer Pressekonferenz. Handlungsbedarf gebe es bei den Arbeits- und Energiekosten, Bürokratie und Innovationsförderung.
Deutschland ist für Österreich weiterhin mit großem Abstand der wichtigste Handelspartner. Österreich ist für Deutschland der siebentwichtigste Handelspartner. Die deutschen Exporte nach Österreich und auch die Importe sanken 2024 um 5,7 Prozent. Besonders betroffen vom Rückgang waren laut dem deutschen Statistischen Bundesamt Investitionsgüter wie Maschinen und Werkzeugmaschinen sowie chemische Erzeugnisse. Der Automobilhandel zeigte sich vergleichsweise stabil. Die deutschen Ausfuhren nach Österreich betrugen im Vorjahr 77,2 Mrd. Euro, die Einfuhren 51,5 Mrd. Euro. Laut Handelskammer sind rund 4.900 deutsche Unternehmen hierzulande aktiv. Zu den größten deutschen Unternehmen in Österreich zählt der Handelskonzern Rewe (u.a. Adeg, Billa, Bipa, Penny).
“Echte Zeitenwende” für Deutschland und Österreich
Pötsch sieht angesichts der “neuen geopolitischen Realitäten, des Umbaus der Energieversorgung und strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt eine echte Zeitenwende”. Um die wirtschaftliche Lage in Deutschland und Österreich zu verbessern, brauche es eine Senkung der Energie- und Arbeitskosten, den Abbau von Bürokratie sowie gezielte Investitionsanreize. “Wollen wir die Produktion in unseren Ländern sichern, brauchen wir eine verlässliche Energieversorgung mit berechenbaren Preisen”, sagte der DHK-Präsident bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Außerdem brauche es “Tarifabschlüsse mit Augenmaß und eine Senkung der Lohnnebenkosten”. Für Europa wünscht sich Pötsch “eine echte Deregulierungsoffensive”.
Wifo-Chef Felbermayr verwies auf die wirtschaftlichen Potenziale durch eine Vollendung des EU-Binnenmarkts. Damit könne man Energie- und Finanzierungskosten senken sowie den Fachkräftemangel in der EU bekämpfen. Generell benötige die deutsche und österreichische Industrie “verlässliche Rahmenbedingungen – im In- und Ausland.” Dazu zähle auch der Abschluss von Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und Australien sowie ein “Deal” mit den USA.
Felbermayr: “Wer Stimmung drehen will, braucht einen Plan”
Von den neuen Regierungen in Wien und Berlin erhofft sich Felbermayr einen Kurswechsel. “Wer die Stimmung drehen will, braucht einen Plan.” Dieser müsse bei Unternehmen und Konsumenten wieder “Zuversicht wecken”, so der Wifo-Chef. “Die Chancen stehen gut, dass so eine Agenda in die Umsetzung kommt.” Der designierte deutsche Kanzler Friedrich Merz hat die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungszwecke und ein Sondervermögen für Investitionen in Aussicht gestellt. Ein großer Teil des 500 Mrd. Euro schweren Sondertopfs dürfte in den Verkehr in Deutschland fließen, um marode Brücken und das Schienennetz zu sanieren. Österreichs Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) präsentiert Mitte Mai sein Doppelbudget für 2025/26 inklusive Sparmaßnahmen. Bei den Einsparungen will Marterbauer Konjunktur und Beschäftigung nicht zu sehr belasten.
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