Von: mho
Am Mittwoch hat das Versuchszentrum Laimburg am NOI Techpark eine neue Pilotanlage zur Herstellung von innovativem Trockenobst eingeweiht. Mit der neuartigen Anlage, die auf Kontrollierter Sofortiger Dekompression (DIC) beruht, können besondere Textureigenschaften erzielt werden.
Das Versuchszentrum Laimburg weitet seine Forschungskapazität im Bereich Lebensmittelverarbeitung weiter aus und hat nun eine neuartige Pilotanlage zur Herstellung von Trockenobst und -gemüse eingerichtet. Die eigens für die Forschungszwecke des Versuchszentrums entworfene Anlage beruht auf Kontrollierter Sofortiger Dekompression, kurz DIC (Decompressione Istantanea Controllata). Mit dieser Technologie können Trockenprodukte mit einer besonders porösen, mürben und knusprigen Textur erzielt werden, indem man sich die der Pflanzenstruktur innewohnenden Eigenschaften zunutze macht. Auf diese Weise kann zum Beispiel beim Apfel sogar das Kerngehäuse mitverwendet werden, wodurch der Ausschuss um bis zu 25 % reduziert wird.
Die Investition in die DIC-Pilotanlage wurde von der Südtiroler Landesregierung durch den „Aktionsplan für Forschung und Ausbildung in Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften“ gefördert. Am Mittwoch, 21. Juli 2021 wurde die Pilotanlage am NOI Techpark eingeweiht.
„Der Gesundheitswert des Apfels spielt auch in meinem Strategiepapier für die Südtiroler Landwirtschaft eine besondere Rolle“, unterstrich Agrarlandesrat Arnold Schuler. „Die Aufwertung unserer Lebensmittelprodukte ist von strategischer Bedeutung für unsere heimische Landwirtschaft. Dank der Forschung werden innovative Technologien entwickelt und getestet, um beispielsweise Obst und Gemüse zu verschiedenen Produkten weiterverarbeiten zu können. Mit seiner Forschung leistet das Versuchszentrum Laimburg hier einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der lebensmittelverarbeitenden Betriebe.“
„Der von der Südtiroler Landesregierung lancierte Aktionsplan hat es uns ermöglicht unsere Forschungskapazitäten für die heimische Berglandwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung zu verstärken, auch durch die Investition in innovative Geräte und Technologien. Auf diese Weise können wir neue Forschungsvorhaben für den Lebensmittelsektor in Angriff nehmen, neue Produktionsprozesse entwickeln und prüfen, und neue Erkenntnisse gewinnen, um die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Betriebe zu sichern“, erklärte der Direktor des Versuchszentrums Laimburg, Michael Oberhuber.
Trockenprodukte auf dem Vormarsch
Nahrhafte und gesundheitsfördernde lokale Lebensmittel, Nachhaltigkeit, Minimierung von Abfällen bei der Produktion – das sind einige der Schlagworte, mit denen sich die Lebensmitteltrends der letzten Jahre beschreiben lassen. Neben der Frischware erfreuen sich in Südtirol Trockenprodukte auf Obst- oder Gemüsebasis wie beispielsweise Apfelchips eines steigenden Interesses. Während des traditionellen Trocknungsprozesses gehen dabei jedoch oftmals wichtige Eigenschaften dieser Produkte wie Knusprigkeit oder Mürbheit verloren. Genau hier setzt die Forschung am Versuchszentrum Laimburg an: Die Arbeitsgruppe „Obst- und Gemüseverarbeitung“ unter der Leitung von Elena Venir beschäftigt sich mit der Produktentwicklung und der Verbesserung von Lebensmittelqualität und -sicherheit bei Verarbeitungserzeugnissen von Obst und Gemüse. Ziel ist es, die Verarbeitungsprozesse und die Haltbarkeit dieser Lebensmittel zu verbessern, um sie wettbewerbsfähiger zu machen.
Mithilfe der neuen DIC-Pilotanlage soll nun ein innovatives Verarbeitungsverfahren angewandt und optimiert werden, mit dem die während des Trocknungsprozesses verlorengegangene Struktur der Frucht wiederhergestellt werden kann.
Ein weiterer Vorteil der neuen Technologie besteht darin, dass der gesamte essbare Teil der Frucht – inklusive Schale und Kerngehäuse – verwendet werden kann. „Es handelt sich hier um eine absolute Neuheit, denn bisher gibt es auf dem Markt kein Trockenobst, das auch das Kerngehäuse beinhaltet. Zurückzuführen ist das vor allem darauf, dass infolge der bestehenden Verarbeitungsprozesse dieser Teil als sehr holzig, schwer kaubar und nicht schmackhaft empfunden wurde“, erklärte Elena Venir, Leiterin der Arbeitsgruppe Obst- und Gemüseverarbeitung am Versuchszentrum Laimburg: „Die neuen Methoden, die wir nun mit der DIC-Pilotanlage testen und weiterentwickeln, können neue Wege aufzeigen, um das traditionelle Trockenobst durch neue Produkte mit hohem Nährwert und bisher unerreichten Textureigenschaften zu ersetzen.“
So funktioniert die Kontrollierte Sofortige Dekompression (DIC)
Bei den üblichen Verfahren zur Herstellung von Trockenprodukten kommt es zu einem Strukturkollaps. Infolgedessen verliert das Produkt an Porosität, es bilden sich ungleichmäßige Schichten und das Produkt wirkt gummiartig.
Demgegenüber besteht die Neuerung der DIC-Technologie darin, dass das Produkt durch einen plötzlichen Drucksprung von Überdruckbedingungen auf Vakuumwerte texturiert werden kann. Durch diese Behandlung dehnt sich das Gewebe teilweise aus, wobei die ursprüngliche Struktur wiederhergestellt wird. Dadurch entsteht ein poröseres und durchlässigeres Material, das knuspriger und mürber ist.
Die DIC-Anlage besteht aus drei Teilen: Im Vortrocknungsmodul wird das Produkt auf eine geeignete Feuchtigkeit und eine gummiartige-plastische Konsistenz gebracht.
Im Texturierungsmodul wird mithilfe eines Heißdampfstroms ein Überdruck in der Struktur der Frucht erzeugt. Infolge eines sofortigen Druckabfalls verdampft der Dampf auf der Stelle und bewirkt, dass sich das Gewebe ausdehnt.
Im dritten und letzten Modul wird das texturierte Produkt schließlich fast vollständig dehydriert. Das sich daraus ergebende getrocknete Endprodukt weist einige Verbesserungen im Hinblick auf Konsistenz, Rehydrierbarkeit, und Erscheinungsbild wie z. B. der Farbe auf.
Bei der Herstellung von Apfelsnacks beispielsweise ist es mit dieser Technologie möglich, das Kerngehäuse (ohne Kerne) zu verwerten, da dieses nach der Texturierung besonders mürbe wird und beim Kauen kaum vom Rest der Apfelscheibe zu unterscheiden ist. Dadurch kann der Anteil der bei der Produktion anfallenden Ausschusses auf bis zu 25 % reduziert werden und es ergeben sich gleichzeitig auch weitere qualitative Vorteile. „Unsere ersten Untersuchungen haben wir mit Äpfeln durchgeführt, aber wir werden die DIC-Technologie künftig nicht nur auf Obst und Gemüse, sondern auch auf andere Lebensmittel anwenden“, erklärte Elena Venir.