Von: mk
Bruneck – Bei „Forum Gesundheit Südtirol“ informierten Expertinnen und Ärzte aus verschiedenen Fachrichtungen rund um das Thema Rückenschmerzen, eine der häufigsten Volkskrankheiten unserer Zeit. Als wichtigste Maßnahme für Prävention nannten alle vier Referierenden Bewegung.
In Bruneck fand am Donnerstag ein Vortragsabend zum Thema „Das Kreuz mit dem Kreuz“ statt. Sanitätsdirektor Dr. Josef Widmann begrüßte Fachleute des Sanitätsbetriebes aus verschiedenen Diensten und betonte die Wichtigkeit der Veranstaltungsreihe „Forum Gesundheit Südtirol“, um das Wissen in der Bevölkerung zu fördern. Durch ein erhöhtes Bewusstsein für bestimmte Krankheiten kann vermieden werden, dass unnötige diagnostische Untersuchungen nachgefragt werden. Die Veranstaltung richtete sich an die Bevölkerung, um sie in einfacher, verständlicher Sprache zu informieren.
„Rückenschmerzen sind eine Volkskrankheit“, erklärte Dr.in Bettina Wachtler, Primarin der Abteilung Rehabilitation im Gesundheitsbezirk Bruneck. „Nach Erkältung und grippalem Infekt sind Rückenschmerzen der zweithäufigste Grund für einen Hausarztbesuch. 60 Prozent der Bevölkerung ist im Laufe eines Jahres davon betroffen, 70 Prozent betreffen die Lendenwirbelsäule“, sagte Wachtler. Rückenschmerzen verursachen für das Gesundheitssystem hohe Kosten, sie sind der häufigste Grund für Krankenstände und somit auch ein wirtschaftlicher Faktor. Die Schmerzwahrnehmung und die Verarbeitung hängen stark von der individuellen Situation ab, denn Angst, Stress, die seelische Verfassung oder auch frühere Schmerzerfahrungen können sich negativ auswirken, während Ablenkung und positive Gedanken Schmerzen lindern können.
Dr. Michael Kurt Memminger, Primar der Abteilung Orthopädie und Traumatologie am Krankenhaus Bozen, erklärte, dass alle Strukturen, die im Rücken vorhanden sind, weh tun können. „Wenn nach einigen Stunden Gartenarbeit oder nach einer mehrstündigen Autofahrt der Rücken schmerzt, braucht man sich keine Sorgen machen“, so der Primar. Viele dieser Schmerzen sind auf Abnützung und aufs Älterwerden zurückzuführen. Hier spricht man von unspezifischen Schmerzen, es ist also keine klare Ursache erkennbar. „Die gute Nachricht“, so Memminger, „es liegt in der Regel auch keine ernsthafte Erkrankung vor“.
Sowohl Memminger als auch Wachtler rieten bei unspezifischen Rückenschmerzen von bildgebenden Verfahren wie Röntgen und MRT ab. Auch Menschen ohne Beschwerden zeigten häufig Abnützungserscheinungen der Bandscheiben und Wirbel, die mit den tatsächlichen Schmerzen meist nicht in Zusammenhang stehen.
Konservative Therapie ist die Regel
Anders verhält es sich bei spezifischen Rückenschmerzen, für die eine Abklärung unbedingt erforderlich ist. Zu diesen sogenannten „Red Flags“ sprach Dr. Massimo Tripodi, Facharzt für Neurochirurgie am Krankenhaus Bozen. Es ist entscheidend, die „Red Flags“ zu erkennen. Dies sind Warnzeichen für ernsthafte Erkrankungen wie Wirbelfrakturen, Tumore, Infektionen, das Kaudasyndrom oder progressive neurologische Defizite.
Nur bei klaren Indikationen, wie etwa einem Bandscheibenvorfall mit ausgeprägter Lähmung oder dem Kaudasyndrom, ist eine rasche chirurgische Intervention notwendig. In den meisten Fällen sollte jedoch zunächst eine konservative Therapie erfolgen. Erst nach dem Ausschöpfen aller nicht-operativen Optionen sollte eine OP in Betracht gezogen werden.
Praktische Tipps für den Alltag
Thea Leiter, Physiotherapeutin des Reha-Dienstes am Krankenhaus Innichen, betonte die Bedeutung regelmäßiger Bewegung im Alltag. Richtiges Aufstehen, Heben und Tragen sind zentrale Elemente der Vorbeugung. Die wichtigste Botschaft des Abends lautete „Bewegung ist die Medizin des 21. Jahrhunderts“. Deshalb lud Leiter die Teilnehmenden ein, einige Übungen im Sitzen und Stehen direkt mitzumachen.
Beim abschließenden Gespräch am runden Tisch nahm auch Dr. Andreas Schwarz, Primar der Abteilung Neurochirurgie am Krankenhaus Bozen, teil. Er erklärte, dass der Rücken der Bereich ist, in dem die eigenen Beschwerden am stärksten zum Ausdruck kommen. Bei Schmerzen ist die klinische Beurteilung entscheidend, nicht die Diagnostik, so können unnötige Verschreibungen vermieden werden.
Am runden Tisch wurde die Botschaft des Abends wiederholt: Rückenschmerzen sind weit verbreitet und meist sind sie harmlos. Bewegungsmangel, übermäßiges Sitzen und psychosozialer Stress wirken sich negativ aus. Jeder hat seine Gesundheit in den eigenen Händen und kann daher durch regelmäßige Bewegung aktiv vorsorgen.




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