Wasserknappheit bereitet Sorgen

Darum verbraucht ein Rasen mehr Wasser als ein Schwimmbecken

Freitag, 24. März 2023 | 08:02 Uhr

Bozen – Seit Wochen fällt kaum ein Regentropfen vom Himmel. Neben der erhöhten Waldbrandgefahr treibt auch die zunehmende Wasserknappheit den Südtirolern Sorgenfalten auf die Stirn. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat eine Verordnung erlassen und ruft zu Sparsamkeit beim Wasserverbrauch auf. Im Interview mit Südtirol News erklärt Thomas Senoner, Direktor vom Amt für nachhaltige Gewässernutzung, warum unter Umständen ein Rasen ein größeres Problem als ein Schwimmbad sein kann.

Wo geht am meisten Wasser verloren?

Es gibt einen globalen und lokalen Kreislauf. Bei lokalen Kreisläufen gilt es, vor allem auf die Verdunstung zu achten. Bei der Bewässerung etwa wird das Wasser von den Pflanzen aufgenommen und verdunstet, dabei geht es im lokalen Kreislauf verloren. Anders ist es hingegen beim Trinkwasser oder bei der Stromerzeugung. Dieses Wasser wird wieder an unsere Gewässer zurückgegeben.

Das heißt, man kann den Wasserhahn im Haus rinnen lassen, solange man will, weil sowieso alles wieder zurückfließt?

Nein, so ist das nicht gemeint. Natürlich sollte man im täglichen Verbrauch sparsam mit Wasser umgehen. Wasserverschwendung ist nie sinnvoll, weil sauberes Trinkwasser zu Abwasser wird, das dann auch wieder aufbereitet werden muss. Außerdem kann ein übermäßiger Verbrauch zu Engpässen in der Trinkwasserversorgung führen – speziell, wenn über die Quellen weniger Wasser nachfließt.

Was sollte man bei Lecks in den Wasserleitungen unternehmen? Die gibt es ja auch in Südtirol.

Das Netz der Wasserleitungen ist regelmäßigen Kontrollen und Wartungs- bzw. Sanierungsarbeiten zu unterwerfen. Je nach Material braucht es alle 40 bis 60 Jahre eine Generalsanierung. Daher sind im Laufe der Zeit immer weitere Abschnitte des Leitungsnetzes auszutauschen, um das Netz in Schuss zu behalten.

Die SEAB hat kürzlich mitgeteilt, dass etwa 20 Prozent ihrer Leitungen in Bozen über 50 Jahre alt sind. Zehn Millionen Euro werden zur Sanierung gebraucht. Sollte die SEAB die Investitionen aus eigener Kraft stemmen müssen, brauche sie etwa zehn Jahre dafür. Was sagen sie dazu?

An sich sind Investitionen im Bereich Trinkwasser über den Tarif zu decken. Bozen hat einen im Vergleich zu den meisten anderen Gemeinden Südtirols eher niederen Tarif. Hier gäbe es vielleicht noch Spielraum.

Die Landwirtschaft braucht mit 150 Millionen Kubikmeter Wasser dreimal so viel, wie für die Trinkwasserversorgungversorgung vorgesehen ist. Sollte man nicht auch da den Hebel ansetzen?

Im Unterschied zu privaten Nutzern, die ihre Gartenberegnungsanlagen teilweise Tag für Tag zu bestimmten Uhrzeiten laufen lassen, achtet die Landwirtschaft verstärkt darauf, die eigenen Kulturen nicht übermäßig zu bewässern.

Wie schaut der Wasserverbrauch in der Fleischproduktion aus?

Der Wasserverbrauch bei der Fleischproduktion ist sehr intensiv. Einmal gilt es, das Grünland zu bewässern, von dem sich die Nutztiere, wie etwa die Kühe ernähren. Zudem muss man die Kühe tränken und den Mist wegwaschen. Grundsätzlich gilt: Für ein Kilogramm Rindfleisch braucht man rund 15.000 Liter Wasser, für einen Kilogramm Getreide etwa 700 Liter.

In der neuen Verordnung des Landeshauptmanns angesichts der Wasserknappheit im Land wird die künstliche Beschneiung vorübergehend verboten. Bei den derzeit milden Temperaturen stehen die Schneekanonen sowieso still. Wie sinnvoll ist so ein Verbot?

Es kann durchaus sein, dass es heuer noch einmal kalt wird und angesichts der noch weiterlaufenden Skisaison soll noch klargestellt werden, dass dies nicht mehr gestattet ist.

Nicht verboten ist das Füllen von Schwimmbädern. Ist bei denen der Verbrauch nicht besonders hoch?

Das Wasser bleibt in den Schwimmbädern ja vorerst drinnen. In Ortschaften wie in Dorf Tirol und in Partschins mit einer relativ hohen Dichte an Schwimmbädern und einem relativ kleinen Netz an Quellen ohne Tiefbrunnen macht eine gestaffelte Befüllung durchaus Sinn, weil es sonst zu Versorgungsengpässen kommen könnte. Hier sollen die Betreiber der Trinkwasserleitungen dahingehend sensibilisiert werden, um solche zu vermeiden.

Wie genau könnte es zu Versorgungsengpässen kommen?

Die Quellen schütten eine bestimmte Wassermenge. Bei einer geringeren Wasserverfügbarkeit einerseits und einem größeren Bedarf andererseits, wie dies im Frühjahr generell und heuer besonders der Fall ist, kann es sein, dass die Tagesspeicher der Trinkwasserversorgung nicht rasch genug wieder aufgefüllt gefüllt werden. Die Speicher dürfen auch nicht zu groß sein, weil sonst das Wasser absteht. Die Qualität ist in Südtirol noch vor der Menge das erste und wichtigste Kriterium beim Trinkwasser. Deshalb gilt es bei der Befüllung von Schwimmbecken, auf vorsichtige und kluge Weise vorzugehen. Anders ist die Situation bei großen Netzen wie jenem in Meran, wo es Tiefbrunnen gibt, die deutlich mehr Wasser in kürzerer Zeit zur Verfügung stellen. Hier fällt eine teilweise gleichzeitige Befüllung von Schwimmbädern kaum ins Gewicht.

Von: mk

Bezirk: Bozen