Von: mk
Bozen – In einem sensiblen Lebensraum wie den Alpen ist das hydrogeologische Risiko nicht nur an Schlechtwettertagen ein hochaktuelles Thema. Von 16. bis 18. Oktober tauschen sich Forschende der unibz und lokale und internationale Experten zu aktuellen Forschungsergebnissen und Erfahrungen mit der Überwachung und dem Umgang mit Naturgefahren aus.
Auch die Freie Universität Bozen nimmt dank des Wissenstranfers ihrer Forschenden an der italienweiten Zivilschutzwoche teil: Von Mittwoch bis Freitag dieser Woche findet am Campus Bozen die Tagung “Early Warning Systems for Debris Flows: state of the Art and Challenges” („Frühwarnsysteme für Muren: Stand der Technik und Herausforderungen”). Organisiert wird die Veranstaltung vom Forscher Velio Coviello, Spezialist auf diesem Forschungsgebiet, sowie Prof. Francesco Comiti, Dozent für “Management von Naturgefahren in Berggebieten” an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik in Zusammenarbeit mit der Agentur für Bevölkerungsschutz. Zwei Tage lange werden Expertinnen und Experten von Forschungseinrichtungen, Universitäten und Zivilschutzabteilungen verschiedener italienischer Regionen ihre jüngsten Forschungsarbeiten und Best Practices in der Prävention und Eindämmung potenzieller Naturkatastrophen wie Erdrutsche und Muren präsentieren. Neben Referenten aus dem nahen Ausland wie Österreich und der Schweiz und dem restlichen Europa werden auch Wissenschaftler aus ferneren Ländern in Mittelamerika oder Asien anreisen.
Das Forschungsteam von Comiti – River Basin Dynamics and Natural Hazards Mitigation (Dynamiken in Flusseinzugsgebieten und Minderung von Naturgefahren) ist bereits seit mehreren Jahren in Südtirol aktiv. Schwerpunkt ihrer Forschung ist das Geschiebemanagement in Flüssen und Bächen. Nicht zuletzt aufgrund der Gletscherschmelze im Zuge des Klimawandels unterliegen die Bewegungen von Geröll oder Schlamm großen Schwankungen. Jüngste Katastrophenereignisse wie die Erdrutsche und Überschwemmungen im Eggental und am Antholzsee im vergangenen Juli zeigen, dass es Überwachungs- und Vorwarnsysteme braucht, um Schäden an Menschen und Material möglichst gut vorzubeugen.
„In der Vergangenheit haben sich Maßnahmen zur Reduzierung des geohydrologischen Risikos vor allem auf strukturelle Schutzbauten beschränkt. Einfach gesagt, ging es darum, große Becken zu schaffen, in denen das Geschiebe aufgefangen wurde, bevor es Straßen oder bewohnte Siedlungen erreichte”, erklärt Francesco Comiti. „Doch solche Eingriffe sind nicht immer möglich oder aus finanzieller Sicht vertretbar, oft ist der Einsatz von mit Sensoren ausgestatteten Vorwarnsystemen die bessere Option.“ Denn durch die frühzeitige Meldung drohender Murenabgänge bliebe den Zivilschützern ausreichend Zeit, um beispielsweise betroffene Straßen zu sperren. In diesem Bereich der Prävention arbeitet die Forschungsgruppe der unibz eng mit der Agentur für Bevölkerungsschutz zusammen. Davon zeugt auch die Teilnahme von zwei Experten der Landesverwaltung an der Tagung, Sandro Gius und Volkmar Mair, die Fallbeispiele für strukturelle Schutzbauten und Vorwarnsysteme in Südtirol vorstellen.
Auch der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Rudolf Pollinger unterstreicht, dass die Entwicklung innovativer Lösungen eine der größten Herausforderungen für das Management des hydrogeologischen Risikos darstellt. „Wir haben es hier mit einer historischen und zentralen Aufgabe der Agentur zu tun“, meint Pollinger. „Bereits seit 2010, seit der Einrichtung der Überwachungsstation an der Vinschger Gadria, arbeiten wir bei der Untersuchung von Murenabgängen mit der Freien Universität Bozen zusammen. Tagungen wie diese bezeugen, wie wichtig es ist, in das Verstehen von Naturgefahren und in innovative Technologien zu investieren.“
Am Freitag ist im Rahmen der Tagung eine Exkursion in den Vinschgau geplant, wo die Teilnehmer die Überwachungsstationen besichtigen können, die von der Forschungsgruppe der unibz am Gadriabach installiert wurden.