Auf der Reise zu sich selbst

“Etwas in mir ist zerbrochen”: Tamara Lunger zieht mit Kamel durch die Mongolei

Dienstag, 26. August 2025 | 17:15 Uhr

Von: mk

Karneid – Tamara Lunger, eine der bekanntesten Alpinistinnen Südtirols, hat sich auf ein Abenteuer eingelassen, das nichts mit dem Erklimmen neuer Gipfel zu tun hat. Sie hat sich entschlossen, auf eine 3.000 Kilometer lange Wanderung durch die Mongolei begeben – nur in Begleitung von einem Kamel namens Tùje „Fast mein ganzes Leben lang trieb mich die Suche nach mehr Geschwindigkeit, Höhe und Distanz an. Berge, Gipfel, Rekorde: Das war mein Ziel. Aber alles änderte sich im Winter 2021 am K2, als eine Tragödie mich bis ins Mark erschütterte. Ich verlor fünf Freunde, ich verlor jemanden, den ich zutiefst liebte, und etwas in mir zerbrochen ist“, erklärt Lunger.

Dadurch sei sie gezwungen worden, sich mit einem Teil ihrer selbst auseinanderzusetzen, den sie nie wirklich angenommen habe: ihre weiblichen, emotionale und intuitive Seite. „Jetzt brauche ich eine andere Art von Expedition. Nicht, um etwas zu erobern, sondern um etwas in mir zu finden. Um nicht den höchsten Punkt zu erkunden, sondern den tiefsten“, erklärt Lunger.

Die Alpinistin aus Karneid sieht das Abenteuer weniger als physischen Kraftakt, sondern vielmehr als “Rebellion gegen die Geschwindigkeit”. Es geht um eine Expedition nach innen.

Ihre Reise begann Ende Juli 2025 am Tavan Bogd, einem imposanten Bergmassiv. Von dort aus wird sie durch Wüsten, über Seen, durch Täler und vorbei an heiligen Stätten bis nach Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, wandern. Ihr Weg ist nicht auf einer detaillierten Karte festgehalten, sondern nur in groben Umrissen. Das wahre Ziel ist es, jeden Augenblick voll auszukosten.

Die Herausforderung ist gewaltig, und erste Schwierigkeiten haben sich bereits gezeigt. Während der anfängliche Plan vorsah, die gesamte Strecke alleine zu bewältigen, wurde dieser durch unerwartete Ereignisse angepasst. In den letzten Wochen haben die Alpinistin und ihr Team Updates in den sozialen Medien veröffentlicht.

Die ersten Tage mit ihrem Kamel Tùje waren nicht einfach, aber langsam entstand ein Vertrauensverhältnis, das Tamara emotional tief berührt hat. Ein ganz besonderer Moment war, als Tùje seinen Kopf in ihren Schoß legte – ein Zeichen der Verbundenheit, das alles für sie bedeutet.

Doch die erste Nacht allein war auch von großer Angst geprägt. Tamara musste drei Männer verscheuchen, die sich ihrem Lager näherten, und schlief die Nacht mit einem Messer neben sich. Diese beängstigende Erfahrung hat sie zutiefst erschüttert. Kurz darauf versagten auch ihre Solarpaneele. Ohne Strom waren ihr GPS-Gerät, ihr Garmin-Notsystem und ihre Kamera nutzlos. Die Angst, zu scheitern, drohte die Oberhand zu gewinnen.

In diesem Moment traf sie eine weise Entscheidung: Sie wählte Sicherheit über Stolz. Sie wird nun von einer Begleitperson unterstützt, die sie mit Wasser, Strom und nächtlichem Schutz versorgt. Diese Entscheidung erwies sich sofort als richtig. Potenziell gefährliche Situationen konnten so ruhig und sicher bewältigt werden.

Trotz der unerwarteten Wendungen und der ständigen Herausforderungen bleibt die Schönheit der Reise im Vordergrund. Tamara hat bereits 360 Kilometer zurückgelegt und folgt dem Rhythmus ihres Kamels. Ihr Weg wird sie noch zum Gipfel des Malchin Peak (4.010 Meter) führen, durch die Mini Gobi und am Ende des Abenteuers, voraussichtlich im Oktober 2025, in das Orkhon-Tal.

Bezirk: Salten/Schlern

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