Von: luk
Bozen – Der aus dem Iran stammende Bozner Augenarzt Mohammad Mahmudy hat eine dramatische Flucht aus seinem Heimatland hinter sich. Am 13. Juni, während eines Besuchs bei seinen betagten Eltern, wurde das Land von einem israelischen Luftangriff getroffen.
Die plötzliche Eskalation zwang den 65-Jährigen zu einer überstürzten Rückreise, die ihn über mehrere Etappen aus dem Krisengebiet führte.
„Ich war nach Kerman gereist, um meine Eltern im Alter von 87 und 92 Jahren zu besuchen“, berichtet Mahmudy der Zeitung Alto Adige. Der Arzt lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Südtirol. „Der Besuch war ruhig, herzlich, voller Erinnerungen. Doch am 13. Juni wachte ich auf, und meine Schwester sagte nur: ‚Israel hat uns bombardiert. Ich weiß nicht, wie du zurück nach Italien kommst.‘Da der iranische Luftraum nach den Angriffen gesperrt war, war eine Heimreise per Flugzeug unmöglich.” Die italienische Botschaft in Teheran habe ihn nur vage vertröstet, schildert Mahmudy. „Mir war sofort klar: Ich muss selbst eine Lösung finden.“
Weil in Bozen bereits seit Monaten Operationen terminiert waren, war ein längerer Aufenthalt im Iran keine Option.
Mit Unterstützung zweier Neffen machte sich Mahmudy mit dem Auto auf den Weg zum Hafen von Bandar Abbas, um per Schiff nach Dubai zu gelangen. Doch kurz vor Erreichen der Stadt warnte ihn sein Sohn Davide – kürzlich in Bozen in den Gemeinderat gewählt –, dass auch dieser Hafen gerade Ziel israelischer Luftangriffe sei. Die Route musste kurzfristig geändert werden.
„Wir fuhren weiter nach Bandar Lengeh. Nach stundenlanger Fahrt kamen wir dort um 5.00 Uhr morgens an. Es gab ein Schiff und ich bin sofort eingestiegen.“ Der Weg über den Golf war angespannt, denn auch diese Region war im Visier der Angriffe. Am Sonntagabend, dem 15. Juni, erreichte er Dubai, wo er nach langwierigen Kontrollen schließlich ein Flugticket nach Italien bekam. Am 17. Juni kam er in Bozen an. Einen Tag später war er wieder bei der Arbeit.
Trotz der geglückten Rückkehr ist Mahmudy nachdenklich. „Ich hatte Glück. Mein Volk nicht. Es verdient dieses Leid nicht.“ Angesichts der Eskalation und der schweren Angriffe – auch durch die USA – befürchtet er eine internationale Katastrophe: „Wenn die Ayatollahs nicht einlenken, sehe ich schwarz. Wir stehen am Rand eines Weltkriegs.“
Mahmudy hatte den Iran bereits Ende der 1970er-Jahre verlassen, in einer Zeit des politischen Umbruchs nach der Islamischen Revolution. Seine Ausreise war ursprünglich aus Studiengründen erfolgt. Zunächst waren die USA das Ziel, der Zufall führte ihn nach Italien. Nach dem Medizinstudium in Bologna und der Facharztausbildung in Verona führte ihn sein beruflicher Weg schließlich nach Bozen, auf Empfehlung eines renommierten Kollegen.
Heute ist er fest in Südtirol verwurzelt – spricht Italienisch und Deutsch und blickt trotz der jüngsten Ereignisse mit Dankbarkeit auf seine Entscheidung zurück, in Europa ein neues Leben aufgebaut zu haben.
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