Expertenrunde im Hotel Elephant

Innovative Einblicke in die personalisierte Medizin beim Rotary Club Brixen

Donnerstag, 27. November 2025 | 09:01 Uhr

Von: mk

Brixen – Am Abend des 25. November begrüßte der Rotary Club Brixen illustre Gäste im Hotel Elephant: Dr. Astrid Marsoner, Präsidentin der Südtiroler Ärztekammer, war genauso gekommen wie Univ. Prof. Dr. Markus Paulmichl und seine Ehefrau Dr. Jutta Perkmann.

Ein ausführlicher Vortrag des weltweit geschätzten, aus dem Vinschgau stammenden Pharmakologen Prof. Paulmichl führte in der Folge in das Reich der so genannten „Personalisierten Medizin“ ein. Sie verwendet genetische Information für die Diagnose und Therapie von Krankheiten. Gene sind Orte auf der Erbsubstanz, die die Information für Eiweiße enthalten. Diese Eiweiße sind unter anderem verantwortlich für den Transport und den Abbau von Medikamenten in der Leber. Sie sind vor 500 Millionen Jahren entstanden, um lebende Zellen davor zu schützen, durch Nahrungsmittel vergiftet zu werden. Denn jedes Nahrungsmittel ist auch ein Umweltgift, wenn es in zu großer Konzentration und zu großer Menge auf die Zelle einwirkt. Auch Kochsalz kann töten, wenn zu viel davon da ist.

Moderne Medikamente gibt es erst seit 80 Jahren, aber sie werden auf denselben Wegen in der Leber abgebaut wie alte Nahrungsmittel und Umweltgifte. Eiweiße, die das bewerkstelligen, kommen in verschiedenen Abwandlungen oder Mutationen vor. Manche von ihnen beschleunigen den Abbau, andere halten ihn in einem mittleren Maß, wieder andere verzögern ihn. Entsprechend sind Medikamente wirkungslos, gut wirksam oder verursachen gefährliche Nebenwirkungen.

In Italien gibt es 13.000 registrierte Medikamente, von denen sehr kundige Ärzte höchstens 50 verwenden. Ältere Menschen nehmen bis zu acht verschiedene Medikamente, die oft denselben Abbauweg benutzen und sich gegenseitig im Abbau hemmen, sodass Vergiftungen entstehen können.

Die Pharmakogenetik ist ein Verfahren, das die Erbinformation analysiert, um zu ermitteln, wie gut die Eiweiße in der Leber der einzelnen Person arbeiten. Dadurch kann sie vorhersagen, welche Medikamente beim einzelnen Menschen zu rasch abgebaut werden und deshalb nicht wirken (ultrarapid metabolizers), welche viel zu langsam abgebaut werden und zu Vergiftung führen (poor metabolizers) und welche gut wirken und gut vertragen werden (intermediate and normal metabolizers). Vor allem kann das Verfahren aber auch weitgehend sicher vorhersagen, was passiert, wenn mehrere Medikamente gleichzeitig abgebaut werden müssen. Hemmen sie sich gegenseitig, sodass einige von ihnen ausgetauscht werden müssen, damit sie miteinander verträglich sind?

Diese Fragen werden in der modernen Medizin immer wichtiger. Eine einmalige pharmakogenetische Analyse gilt lebenslang. Wenn sie bei der Geburt bereits durchgeführt würde, wüsste jeder Mensch, welche Substanzen er nehmen darf, welche bei ihm nicht wirken und welche er unbedingt meiden muss. Ihre Auswertung ist aber so komplex, dass Prof. Paulmichl dafür eine Art KI, den Optimizer, in Jahrzehnten entwickelt hat, der den Ärzten inzwischen sagt, welche Substanzen sie verschreiben können und welche nicht, und diese Entscheidung auch genetisch klar begründet. Das öffentliche Gesundheitswesen zahlt diese Analyse zurzeit noch nicht. Verschiedene Versuche damit sind jedoch in Spanien und in Österreich im Gange. Bei uns muss die Untersuchung privat bezahlt werden. Sie besteht in einer einfachen Blut- oder Speichelprobe.

Diese genetischen Verfahren helfen vorherzusagen, ob Nebenwirkungen auftreten werden. Sie sind hingegen noch nicht so weit fortgeschritten, dass sie vorhersagen können, ob ein Medikament beim einzelnen Betroffenen wirkt.

Nach dem köstlichen Essen entstand mit dem Referenten und der Präsidentin der Ärztekammer eine angeregte Diskussion über zukünftige Gesundheitspolitik, ihre Chancen und Grenzen. Mit zehnminütiger Verspätung konnte der Abend durch den Glockenschlag des Präsidenten beschlossen werden.

Bezirk: Eisacktal

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