Sieben Führungskräfte müssen vor Staatsanwalt am Rechnungshof

Maskenaffäre: Finanzpolizei rechnet mit Schaden von 6,7 Millionen Euro

Mittwoch, 06. Dezember 2023 | 13:46 Uhr

Bozen – Für sieben leitende Angestellte und Funktionäre des Südtiroler Sanitätsbetriebs könnte es nun knüppeldick kommen. Sie wurden nach Ermittlungen der Bozner Finanzpolizei wegen eines mutmaßlichen Schadens in der Höhe von 6,7 Millionen Euro zulasten der öffentlichen Hand vor die Staatsanwaltschaft des Rechnungshofs zitiert. Konkret geht es um die Schutzausrüstung aus China, die während der Corona-Pandemie angekauft worden war.

Laut Anschuldigung soll sich das Material als ungeeignet erwiesen haben, um Ärzte und Pflegepersonal vor der Gefahr einer Ansteckung zu schützen. Die Betroffenen haben nun die Möglichkeit, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft mit Argumenten zu ihrer eigenen Verteidigung zu entkräften.

In den letzten Monaten hat die Finanzpolizei zahlreiche Dokumente sichergestellt sowie Befragungen und weitere Ermittlungen durchgeführt. Demnach beschaffte in den ersten Monaten des Jahres 2020 – also während des Höhepunkts der Notstandsphase – ein bekanntes Bozner Unternehmen im Bekleidungssektor auf Veranlassung der zuständigen Landesbehörde und der Führungsspitze des Sanitätsbetriebs die Schutzausrüstung für das Gesundheitspersonal.

Die Ausrüstung bestand aus über zwei Millionen Stücken, darunter Masken und Schutzanzüge, im Wert von ungefähr neun Millionen Euro und wurde von einem chinesischen Lieferanten bezogen. Ende März 2020 wurde das Material nach Italien importiert und an die Beschäftigten im Sanitärbetrieb verteilt, obwohl es Zweifel gleich in mehrerer Hinsicht gab.

So zeigten sich die zuständigen Mitarbeiter im Sanitätsbetrieb skeptisch, weil offenbar technische Begleitdokumente fehlten, die die Einhaltung von Gesundheits- und Sicherheitsstandards in der EU bescheinigen.

Tests, die vom österreichischen Roten Kreuz an den Masken durchgeführt wurden, fielen negativ aus. Das österreichische Rote Kreuz hatte vom Gebrauch der Masken des Typs FFP1, FFP2 und FFP3 abgeraten.

Auch das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeitsunfälle INAIL hat bescheinigt, dass die Schutzausrüstung nicht den geltenden Normen entspricht, was zu einem Verbot gleichkommt, das Material in Umlauf zu bringen.

Obwohl laut Finanzpolizei die negativen Testergebnisse und die Untauglichkeit der vom chinesischen Lieferanten vorgelegten Bescheinigungen bekannt waren, habe die Spitze des Sanitätsbetriebs die Bezahlung für die Lieferung an das Unternehmen in Höhe von über sechs Millionen Euro angeordnet.

Um sich aus der Zwickmühle zu befreien, hätten sich die Verantwortlichen im Sanitätsbetrieb darauf an eine deutsche Zertifizierungsstelle gewandt, um ein Eignungszertifikat für die importierte Schutzausrüstung zu erhalten. Doch auch in diesem Fall fiel die Antwort negativ aus, da das Material einem Durchlässigkeitstest nicht standgehalten habe.

Die Bozner Finanzpolizei kommt aufgrund der durchgeführten Ermittlungen zum Schluss, dass die Spitze des Sanitätsbetriebs nicht vom Abschluss des Kaufs abgesehen habe, obwohl sie sich des Fehlens von Unterlagen zur Klassifizierung des Materials und zur Bewertung von dessen Qualität voll bewusst gewesen sei. Zumindest seien bei Vertragsabschluss keine Vorkehrungen getroffen worden, um das Interesse des Sanitätsbetriebs und die Gesundheit der Patienten und des Personals zu schützen. Möglich wäre dies zum Beispiel durch das Einfügen von Klauseln gewesen, die ein etwaiges Rücktrittsrecht garantieren.

Vielmehr habe die Finanzpolizei einen Vertrag ohne Unterschrift der Beteiligten vorgefunden, der einseitig vom involvierten Unternehmen abgeändert worden sei und nachteilige Bedingungen für den Sanitätsbetrieb enthielt. Dieser habe aber dennoch die Zahlung der Lieferung angeordnet.

Laut Finanzpolizei sei damit „gegen jeden Grundsatz der Vorsicht eine nicht zu rechtfertigende Haltung der Begünstigung der unternehmerischen Interessen eines Privaten … zum Nachteil des öffentlichen Interesses“ gegeben.

Von: mk

Bezirk: Bozen