Von: APA/dpa
Noch immer brennen in Hongkong mehrere Wohnhäuser, und die Ermittler suchten auch am Donnerstag nach der Ursache für den verheerenden Brand mit mittlerweile mindestens 65 Toten. Die Polizei hat drei Mitarbeiter einer Baufirma unter Verdacht auf fahrlässige Tötung festgenommen. Die Männer im Alter zwischen 52 und 68 Jahren sollen für Befragungen in Gewahrsam bleiben. Büroräume des Unternehmens wurden durchsucht.
Bei dem verheerendsten Brand in der chinesischen Sonderverwaltungsregion seit Jahrzehnten kamen mindestens 65 Menschen ums Leben, wie Hongkonger Medien unter Berufung auf die Feuerwehr berichteten. Die Zahl der Verletzten beläuft sich demnach mittlerweile auf 70, darunter zehn Feuerwehrleute. Wie viele Menschen noch vermisst wurden, blieb offen. Zuvor hatten Medien über mehr als 250 noch Vermisste berichtet. Die Feuerwehr kämpfte am Abend (Ortszeit) weiter gegen einzelne Brandherde.
Feuerwehr rettet weiter Überlebende
Helfer retteten nach eigenen Angaben mehr als 20 Stunden nach Ausbruch des Feuers noch weitere Überlebende aus den betroffenen Gebäuden. Am Abend bargen die Einsatzkräfte einen Mann aus dem 16. Stock eines Gebäudes. Über den Hochhausblöcken der Wohnanlage Wang Fuk Court zogen den gesamten Tag über dichte Rauchschwaden, während die Feuerwehr ihre Löscharbeiten von Drehleitern aus fortsetzte, wie Liveübertragungen zeigten. Wegen der Verkehrsbehinderungen fiel an 13 Schulen der Unterricht aus.
Die dramatischen Bilder des Brandes der höchsten Alarmstufe fünf gingen um die Welt. Das Feuer war am Mittwoch aus bisher noch ungeklärter Ursache an einem Gebäude ausgebrochen, breitete sich rasch an einem Bambus-Baugerüst aus und griff auf die umliegenden Hochhäuser der Wohnanlage aus den 1980er-Jahren über. Sieben der insgesamt acht Gebäude waren betroffen, die alle mehr als 30 Stockwerke hoch sind.
In der Anlage, in der auch viele ältere Menschen lebten, befinden sich fast 2.000 Wohnungen. Die Feuerwehr mobilisierte nach eigenen Angaben mehr als 1.200 Einsatzkräfte und berichtete von extremen Temperaturen in den oberen Stockwerken sowie schwierigen Bedingungen bei der Brandbekämpfung. Mittlerweile brachten die Helfer die Feuer weiter unter Kontrolle, meldeten aber noch Flammen in drei Wohnblöcken.
Beileidsbotschaften aus aller Welt
Aus dem Ausland erreichten Hongkong erste Beileidsbekundungen. Das Generalkonsulat Großbritanniens drückte den Betroffenen und Rettungskräften seine Nähe aus. Hongkong war bis 1997 britische Kronkolonie. Auch die diplomatischen Vertretungen der EU und der USA bekundeten online ihre Anteilnahme. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte sich bereits am Vortag betroffen über den Brand gezeigt und Pekings Unterstützung zugesichert, wie das chinesische Staatsfernsehen berichtete.
Baugerüst im Fokus
Die Behörden prüfen insbesondere die Sicherheitsstandards der traditionellen Bambusgerüste und der daran befestigten Schutznetze, mit denen alle Gebäude wegen Renovierungsarbeiten verkleidet waren. Ermittler fanden Fenster, die mit Polystyrolplatten verbaut und teils blockiert waren – einem leicht entflammbaren Kunststoff, der häufig als Dämmmaterial verwendet wird. Weiter vermuten die Ermittler, dass Schutznetze, Planen und Plastikfolien möglicherweise nicht den Brandschutznormen entsprochen hatten.
Hongkongs Regierungschef John Lee ordnete an, alle Gebäude in der chinesischen Sonderverwaltungsregion, die derzeit großflächig renoviert werden, zu überprüfen. Gegen die traditionell im Hongkonger Bau verwendeten Bambusgerüste gab es immer wieder Bedenken hinsichtlich der Brandschutzsicherheit.
Trauer und Suche nach Vermissten
Nach dem Großbrand blieben laut Lee noch Hunderte Menschen in den neun öffentlichen Notunterkünften. Verzweifelte Menschen suchten dort am Tag nach der Brand-Katastrophe nach Angehörigen, zu denen sie den Kontakt verloren hatten. In der Kwong Fuk Community Hall hingen zudem Fotos der Toten aus. Die obdachlos gewordenen Bewohner sollen laut Lee zunächst in Hostels oder Hotels unterkommen. Anschließend könnten sie in 1.800 subventionierte Übergangswohnungen umziehen, sagte er bei einer Pressekonferenz.
In Hongkong stehen einige der bewohnerreichsten und höchsten Wohnblöcke der Welt. Früher gehörten tödliche Feuer zum Alltag, insbesondere in ärmeren Stadtvierteln. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft, sodass Brände in Wohngebieten heute viel seltener vorkommen.




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