Personalmangel auch vor Gericht ein Problem

Scheidung in 24 Stunden: Schwierige Umsetzung in Südtirol

Dienstag, 07. März 2023 | 09:37 Uhr

Bozen – Ab 1. März sind in Italien mit der Reform von Ex-Justizministerin Marta Cartabia die neuen Normen in Kraft getreten, die Trennungen und Scheidungen regeln. Ziel ist es, die Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Umsetzung wird auch in Südtirol jedoch alles andere als einfach.

Ein Knackpunkt ist etwa die Anzahl an spezialisierten Richtern, die mit der Aufgabe betraut werden und die die Anträge stemmen müssen. Allein im Jahr 2021 ließen sich laut Daten des Landesstatistikamtes ASTAT 555 Paare in Südtirol scheiden. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl um 1,4 Prozent zurückgegangen.

Ein Höhepunkt wurde im Jahr 2016 erreicht – mit einem Spitzenwert von 875 Scheidungen. Rund eine von drei geschlossenen Ehen geht mittlerweile in die Brüche. Die Dauer der Ehen beträgt im Durchschnitt 17 Jahre.

Mit der Reform ist es möglich, Trennung und Scheidung vor Gericht in einem einzigen Schritt zu beantragen. Der Antrag muss allerdings vollständig sein und sämtliche Ansuchen beinhalten. Die Anhörung vor dem Richter findet – zumindest laut Gesetz – innerhalb von 90 Tagen nach der Hinterlegung statt.

Hat das Paar Kinder, muss der Scheidungsantrag außerdem einen Plan beinhalten, wie deren Erziehung in Zukunft ablaufen soll. Außerdem muss die Vermögenssituation der letzten drei Jahren offengelegt werden, berichtet die italienische Tageszeitung Alto Adige.

Im Rahmen des Verfahrens werden die Kinder stets angehört – auch wenn sie jünger als zwölf Jahre alt sind. Der Richter erlässt unmittelbar einen vollständigen Bescheid. Außerdem kann er bei der ersten Anhörung provisorische Maßnahmen zur Unterhaltszahlung und zum Sorgerecht erlassen. In Fällen von häuslicher Gewalt sieht die Reform außerdem eine Vorzugsschiene vor.

Scheidungsanwälte haben sich in Südtirol bislang positiv über die Neuerungen geäußert, zumal zumindest theoretisch das gesamte Verfahren innerhalb der ersten Anhörung abgewickelt werden kann. Ein Punkt bleibt allerdings offen: Die Dauer, die ein Scheidungsbegehren in Anspruch nimmt, könnte in der Realität länger ausfallen, als es vom Gesetz vorgesehen ist. Grund dafür ist der Personalmangel in der Gerichtskanzlei.

Dafür, dass es tatsächlich zu einer Scheidung innerhalb von 24 Stunden kommt, muss außerdem die Dokumentation vollständig sein. Trotz allem rechnen Scheidungsanwälte mit einer Beschleunigung der Verfahren – auch, wenn nur ein Partner sich die Trennung will. Gerade in solchen Fällen bleibt das Konfliktpotenzial allerdings hoch.

Von: mk

Bezirk: Bozen