Von: mk
Brixen – Nicht genug, dass Innenminister Matteo Salvini eine Falschmeldung nutzt, um seine eigene Politik zu loben. Nach dem Vorfall in der der Flüchtlingsunterkunft in der Ex-Schenoni-Kaserne in Brixen, den Salvini auf Twitter verbreitete, hagelte es nur so an Hass-Tiraden im Internet. Betroffen war allerdings nicht nur der mutmaßliche Täter, sondern auch das Opfer.
Wie sich im Nachhinein herausstellte, wurde Wilma Huber, die Leiterin Einrichtung, nicht vergewaltigt. Ein 19-jähriger Flüchtling aus Nigeria hat ihr seit zwei Tagen nachgestellt und sie begrapscht, als die Carabinieri einschritten. Wie das Tagblatt Dolomiten am Montag berichtet, ist der junge Mann, der ins Gefängnis gebracht wurde, psychisch krank.
Dass sexuelle Gewalt – in welcher Form auch immer – Empörung auslöst, ist verständlich. Traurig ist aber vor allem eines: Im Internet wurde nicht nur der mutmaßliche Täter verteufelt. Für das Opfer gab es kaum Solidaritätsbekundungen. Stattdessen wurden der Frau fast Vorwürfe gemacht.
Die Betroffene hat darauf reagiert: „Glaubt ihr, dass ich es verdient habe. Zu eurem Unglück und zu meinem Glück wurde ich nicht vergewaltigt, sondern musste nur sexuelle Belästigungen von einer psychisch kranken Person erdulden“, schrieb die Frau laut einem Bericht des Fernsehsenders RTTR.
Sie habe sich entschieden, den Fall zur Anzeige zu bringen, um aufzuzeigen, dass gewisse Dinge – trotz Erkrankung – nicht straffrei bleiben dürfen, betonte die Frau. „Bin ich zu gutmütig? Wenn ihr es sagt, werde ich wohl glauben müssen…ich arbeite im Sozialbereich und werde dies auch weiterhin tun“, stellt Huber klar.
Auch Enrico Lillo von Noi per l’Alto Adige verurteilt die Hetze im Netz. Seiner Ansicht nach ging der Tenor vieler Kommentare unter Salvinis Beitrag in die Richtung: „Das geschieht, wenn man ihnen hilft.“ Nicht nur den unverhohlenen Fremdenhass findet Lillo erschütternd.
„Jeder, der sich der Gewalt gegenüber Schwächeren, wie es eine Frau sein kann, schuldig macht, ist ein ekelhafter Wurm. Doch noch viel mehr sind jene ekelhaft, die sich über diese Art von Gewalt freuen, weil das Opfer eine Freiwillige ist, die in einer Flüchtlingseinrichtung arbeitet und sich deshalb so etwas verdient“, erklärt Lillo laut einem Bericht des Alto Adige.
Bedenklich findet Lillo auch das derartige Kommentare auf der offiziellen Seite des Inneministeriums veröffentlicht worden seien. Salvini hatte in den sozialen Medien von Vergewaltigung und nicht von versuchter sexueller Gewalt gesprochen. Sowohl die Carabinieri als auch das Opfer selbst haben dies richtig gestellt. Dass der 19-Jährige psychisch krank ist, hat Salvini ebenfalls nicht erwähnt.