Von: ka
Alpago – Ein alles andere als alltäglicher Prozess beschäftigt die Einwohner der kleinen Berggemeinde Alpago in Venetien. Ein älterer Bauer, der bereits zu Lebzeiten einer um 30 Jahre jüngeren Studentin deren Studiengebühren bezahlt hatte, vermachte ihr sein nicht unerhebliches Vermögen von 400.000 Euro.
Auf Veranlassung der Bank, der einige Transaktionen verdächtig vorkamen, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein. Die Studentin, die der Täuschung eines Unzurechnungsfähigen beschuldigt wird, weist jegliche Schuld von sich. Im Prozess, der weit über Alpago hinaus für Aufsehen sorgt, werden Justizbeobachtern zufolge die Psychiatriegutachter der beiden Streitparteien eine bedeutende Rolle spielen. War es wirklich die Täuschung eines Unzurechnungsfähigen gewesen, oder hatte sich die junge Frau als Einzige selbstlos und liebevoll um den älteren Bauern gekümmert?
Ein wichtiger Prozess wegen angeblicher Täuschung eines unzurechnungsfähigen Menschen beschäftigt die Einwohner der Belluneser Berggemeinde Alpago und das Gericht von Belluno. Es geht um das Vermögen eines inzwischen verstorbenen älteren Bauern und seiner dreißig Jahre jüngeren Universalerbin C. T., die vor Gericht angab, dem älteren Mann aus reiner „Dankbarkeit” verpflichtet zu sein.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt jedoch wegen vollzogener und versuchter Täuschung. Die Frau erlitt durch eine Justizaffäre großes emotionales Leid, äußerte sich jedoch nicht zum Verlauf des Prozesses. Die Verhandlungsphase ist beendet, die nächste Anhörung ist für Oktober angesetzt, danach wird der Fall vor Gericht verhandelt.
Weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung wollten sich auf Anfrage zu den Einzelheiten äußern, doch die Gerichtsaffäre sorgt in Alpago dennoch für viel Gesprächsstoff. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht der riesige Nachlass des Landwirts, zu dem mehr als 400.000 Euro in Bankpapieren sowie zahlreiche weitere Besitztümer gehören. Der ältere Mann hegte den Traum einer sentimentalen Beziehung zu der jungen Frau, obwohl diese offiziell verlobt war. In einer Zeit, in der es dem alten Bauern gesundheitlich sehr schlecht ging, hatte sie sich um ihn gekümmert und ihm beigestanden, wobei sie ihm emotional sehr nahegekommen war.
Vor Gericht bestritt die Frau jedoch jede romantische Beziehung. „Wir haben uns kennengelernt, aber nie über eine echte Beziehung gesprochen. Sagen wir, ich habe ihn wie einen ‚Onkel‘ betrachtet. Er wurde ein Freund der Familie, ja, aber unsere Bekanntschaft ist nie darüber hinausgegangen“, erklärte die Angeklagte.
Die Verteidiger argumentierten, dass der Mann, der als „altmodisch“ und auf seine eigenen Interessen bedacht beschrieben wurde, die Universitätsgebühren der Frau in Höhe von 7.600 Euro für den Studiengang Literatur und Philosophie in Padua aus reiner Zuneigung und dem Wunsch heraus bezahlt habe, sie ihren Abschluss machen zu sehen. Die Frau bestätigte, dass sie ihm die Rechnungen ausgehändigt und es sich um ein Geschenk gehandelt habe. Die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft richtete sich auch auf einige finanzielle Transaktionen. Der ältere Mann hatte sich Sorgen über einen Rückgang seiner Wertpapiere gemacht, den der Bankier jedoch angeblich auf eine „globale Krise“ zurückführte – nicht aber auf den Einfluss und die Bankgeschäfte der Frau.
Die entscheidende Schlüsselepisode geht auf den 1. Oktober 2019 zurück. Einem Bankangestellten kam das Verhalten des älteren Bauern bei der Unterzeichnung einiger Geldtransaktionen verdächtig vor. Er beschloss, alles zu stoppen und den Filialleiter über die Vorgänge in Kenntnis zu setzen. Auf Veranlassung der Bank wurden Ermittlungen aufgenommen, die in einem Justizverfahren mündeten.
Im Prozess, der weit über Alpago hinaus für Aufsehen sorgt, werden laut Justizbeobachtern die Psychiatriegutachter der beiden Streitparteien eine große Rolle spielen. Wie erwartet kommen die Sachverständigen der Anklage und der Verteidigung in ihren psychiatrischen Gutachten zu gänzlich unterschiedlichen Schlussfolgerungen.
So beschrieb der Gutachter der Staatsanwaltschaft, Tullio Franceschini, den Landwirt als „ein Individuum von niedrigem kulturellem Niveau, das an seine Gewohnheiten festhielt”. Er fügte hinzu, dass er sich ab dem Jahr 2018 durch eine „besondere Beeinflussbarkeit auszeichnete, die ihn manipulierbar machte“.
Das von der Verteidigung in Auftrag gegebene Gutachten von Alberto Kirn hingegen bescheinigte dem älteren Bauern nach den Ergebnissen eines Mini-Gehirntests ein „sehr geringes intellektuelles Defizit“. Dieser Expertise zufolge war der inzwischen verstorbene Landwirt eine Person, „die nicht leicht zu täuschen war”.
Laut Prozessbeobachtern wird der Ausgang des Verfahrens davon abhängen, welchem Gutachten die Richter eine größere Glaubwürdigkeit zubilligen. Das Urteil, gegen das die unterlegene Partei fast sicher in Berufung gehen wird, wird unabhängig vom Richterspruch sicherlich für noch größere Diskussionen sorgen.
War es wirklich die Täuschung eines Unzurechnungsfähigen gewesen oder hatte sich die junge Frau als Einzige liebevoll um den älteren Bauern gekümmert?
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