Sacko Soumayla war Gewerkschaftsaktivist – 43-Jähriger der Tat verdächtigt

Mord mit vielen Fragen: Migrant kaltblütig erschossen – VIDEO

Donnerstag, 07. Juni 2018 | 07:21 Uhr

San Calogero – Der kaltblütige und gezielte Mord an einem 29-jährigen ursprünglich aus Mali stammenden Migranten löste weit über Kalabrien hinaus großes Entsetzen aus. Der Mord wirft viele Fragen auf. Wurde Sacko Soumayla, der wie seine Kollegen einen regulären Aufenthaltsstatus besitzt, seine Gewerkschaftstätigkeit oder der Tatort, eine verlassene Fabrik, welche vor Jahren im Mittelpunkt eines Giftmüllskandals gestanden hatte, zum Verhängnis?

ANSA/ MARCO COSTANTINO

In der Nacht vom Samstag auf Sonntag suchte Sacko Soumayla mit zwei weiteren Kollegen in einer verlassenen Fabrik bei San Calogero in Kalabrien nach Blechen und ähnlichem Material, um sich im berüchtigten Zeltlager von San Ferdinando eine Baracke zusammenzuzimmern zu können. Plötzlich blieb in etwa 150 Meter Entfernung ein älteres Modell eines weißen Fiat Panda stehen. Aus dem Fahrzeug stieg ein Mann mit einem Gewehr. Er legte die Waffe sofort an und begann auf die Dreiergruppe zu schießen. Bereits der erste Schuss traf den 29-Jährigen tödlich am Kopf. Daraufhin gab der unbekannte Schütze drei weitere Kugeln ab, welche einen weiteren Migranten am Bein verletzten. Dann suchte der Täter das Weite. Der einzige Unverletzte schlug Alarm und verständigte die Rettungskräfte, aber für Sacko Soumayla kam jede Hilfe zu spät.

Die Carabinieri nahmen umgehend die Ermittlungen auf. Von Anfang an schlossen die Ermittler ein rassistisches Tatmotiv aus, sondern glaubten vielmehr, dass der gezielte und kaltblütige Mord mit seiner Tätigkeit als Gewerkschafter oder mit dem Tatort, eine verlassene Fabrik, welche vor Jahren im Mittelpunkt eines Müllskandals gestanden hatte, zu tun hätte. Dank der Beschreibung des Täters und seines Fahrzeugs geriet bald ein 43-jähriger Kalabrese ins Visier der Ermittler. Der 43-Jährige, der als Hitzkopf gilt und der wegen einiger kleinerer Delikte, wie Besitz- und Grenzstreitigkeiten, bereits polizeibekannt ist, wurde ins Ermittlungsregister eingetragen.

Laut ersten Erkenntnissen soll der mutmaßliche Täter nicht mit dem lokalen organisierten Verbrechen, der ‘ndrangheta, in Verbindung stehen. Allerdings soll ein Verwandter des 43-Jährigen in einen gewaltigen Müllskandal verwickelt gewesen sein. Damals war das gesamte Areal der verlassenden Fabrik beschlagnahmt worden, nachdem dort nicht weniger als 135.000 Tonnen Giftmüll und radioaktiver Schlamm entdeckt worden waren. Über diesen Sachverhalt wahrt die ermittelnde Staatsanwaltschaft von Vibo Valentia strengstes Stillschweigen.

ANSA/ MARCO COSTANTINO

Inzwischen herrscht in der schwarzafrikanischen Gemeinschaft in Kalabrien große Aufruhr. Viele seiner Kollegen glauben, dass der Kampf des 29-Jährigen gegen Ausbeutung und für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen ihm zum Verhängnis wurde. Das Echo der blutigen Tat hallte bis nach Rom. Selbst Regierungschef Conte erwähnte in seiner Regierungsansprache im Senat Sacko Soumayla und verurteilte seinen gewaltsamen Tod aufs Schärfste.

Aber viele Fragen harren noch ihrer Antwort. Wurde Sacko Soumayla wegen seiner Gewerkschaftstätigkeit ermordet oder hatten er und seine Mitstreiter ein Areal, um das viele Millionen Euro kreisen, betreten, das sie nie hätten betreten dürfen. Vieles spricht für letztere Hypothese.

ANSA/ MARCO COSTANTINO

Was bleibt, ist der gewaltsame Tod eines einfachen und ausgebeuteten Landarbeiters, der für sich und seine Kollegen ein besseres und gerechteres Leben erkämpfen wollte.

Von: ka