Betreiber fürchten Verlust des widerrechtlichen Geschäfts

Strand-Streik inmitten der Hochsaison in Italien

Samstag, 10. August 2024 | 08:09 Uhr

Von: Ivd

Positano – Sonnenschutz könnte in diesem Jahr nicht nur zum Luxus-, sondern auch zum knappen Gut werden: Italiens Strandbäder-Betreiber drohen mitten in der Hochsaison mit einem Streik. Grund dafür ist die EU-Konzessionsreform für die Vergabe von Strandlizenzen, durch die viele der jetzigen Strandbetreiber ihre Existenz bedroht sehen. Sie fordern zwei volle Jahre Umsatz als Entschädigung für den Verlust der widerrechtlich in ihrem Besitz befindlichen Lizenzen.

EU-Druck gegen nationale Trickserei

Die Strände in Italien gehören dem Staat und werden von Gemeinden verwaltet, die die Konzessionen für Strandbäder und gastronomische Einrichtungen vergeben. Diese Lizenzen bleiben oft über Generationen hinweg im Familienbesitz. Nach geltendem EU-Recht müssten diese aber bereits seit 2006 EU-weit frei ausgeschrieben werden, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Diese Richtlinie wurde bislang nicht in italienisches Recht umgesetzt. Grund dafür ist die jahrzehntelange Wehrhaftigkeit verschiedener politischer Akteure bis heute.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs stimmte die Regierung unter Mario Draghi schlussendlich zu, bis Ende 2023 neue Ausschreibungen durchzuführen. Meloni verlängerte die bestehenden Konzessionen jedoch bis Ende 2024 und ließ die italienische Küste neu vermessen, um zu zeigen, dass genug freie Strände vorhanden sind – eine Maßnahme, die in Brüssel auf für Unmut sorgte und den Druck eher noch erhöhte.

“Schmerzensschreie von italienischen Stränden”

Nun kündigte Antonio Capacchione, Präsident des italienischen Verbands der Strandunternehmer, die Schließungen der Strandbäder für zwei bis vier Stunden an mehreren Tagen im August als Streikmaßnahme an. “Wir wollen, dass die Schmerzensschreie von den italienischen Stränden gehört werden”, so Capacchione. Die Branche fordert von der Regierung mehr Unterstützung und Fairness. Zwei Jahre Umsatz fordern sie als Entschädigung für den Verlust ihres Geschäfts mit den unrechtmäßig in ihrem Besitz befindlichen Lizenzen.

Lukratives Geschäft unter Druck

Für viele Touristen könnte der neu aufblühende Wettbewerb von Vorteil sein: Ein Tag am Strand kostet oft zwischen 20 und 30 Euro und kann bis zu 80 Euro teuer werden, während die Betreiber nur rund 7.600 Euro jährlich für ihre Konzession zahlen, jedoch bis zu 260.000 Euro Umsatz machen. Kein Wunder, dass sie die Konkurrenz aus dem In- und Ausland fernhalten wollen. Wieso die Politik die Strandbetreiber derart deckt, ist unklar. Spekulationen zu Folge könnte die Mafia ihre Finger mit im Spiel haben.

Historisches Erbe oder Lizenz zum Gelddrucken?

Immer wieder regen sich Proteste gegen den unfreien Wettbewerb der Strandbetreiber. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bezeichnete die kostenpflichtigen Strandbäder als kulturelles Erbe, doch die EU fordert seit Jahren transparente Ausschreibungen, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Der Staatsrat Italiens forderte dagegen bereits im Frühjahr unverzüglich Ausschreibungsverfahren. Erste Gemeinden bereiten nun eigene Ausschreibungen und Entschädigungsrichtlinien für betroffene Betreiber vor.

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