Von: luk
Bozen – Ein fraktionsübergreifender Antrag zum Fortbildungsgutschein für Lehrpersonal stand heute im Landtag auf der Tagesordnung.
Zu Beginn der Sitzung hat das Plenum eine Berichtigung des laufenden Landtagshaushalts vorgenommen (mit 18 Ja und drei Enthaltungen). Wie Präsident Roberto Bizzo erklärte, konnte der Verwaltungsüberschuss des Vorjahres (2.810.380 Euro) aufgrund der neuen Buchhaltungsregeln nicht in den Haushaltsvoranschlag übernommen werden und musste nun als Berichtigung auf der Einnahmenseite eingetragen werden. Die neuen Regeln würden generell dazu führen, dass der Landtag zu Beginn mehr als nötig vom Land fordern müsse, um das Geld dann am Ende als Überschuss zu verrechnen.
Beschlussantrag Nr. 925/18: Einführung der “Carta del docente” in Südtirol (eingebracht von den Abg. Foppa, Artioli, Dello Sbarba, Heiss, Köllensperger, Mair, Oberhofer, Pöder, Stocker S., Tinkhauser, Urzì und Zingerle am 15.6.2018). Der Landtag möge die Landesregierung mit der sofortigen Einführung der „Carta del docente” beauftragen, auch für die Lehrpersonen in Südtirol, denen damit einen Maximalbetrag von 500 Euro pro Jahr für den Ankauf von unterrichtsbezogenem Material, Hard- und Software, den Besuch von Fortbildungskursen im Ausland bzw. die Bezahlung von Gebühren für online-master etc. zur Verfügung gestellt wird.
“Es handelt sich also um eine Art Kreditkarte, mit der die Lehrpersonen einen Gesamtbetrag von 500 Euro pro Jahr für den Ankauf von Büchern, Zeitschriften, PC-Zubehör und Software sowie Unterrichtsmaterialien ausgeben oder in den Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen, Museen oder jedenfalls in Bildungsmaßnahmen investieren können”, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). “In Südtirol wurde diese Möglichkeit für die Lehrpersonen nicht geschaffen, da man das Personal hier autonom verwaltet. Die Landesregierung hat entsprechende Forderungen bisher stets abgelehnt, mit der Begründung, dass die Fortbildung laut Autonomiestatut Kompetenz des Landes ist und die Fortbildungen für die Lehrpersonen kostenlos sind. Dem widersprechen allerdings Tatsachen, wie etwa dass die Fortbildung mittlerweile nicht nur in Kursen stattfindet, sondern online bzw. im Ausland. Außerdem zwingt die Digitalisierung alle Lehrpersonen, sich mit eigenen Mitteln Hard- und Software anzuschaffen, wofür sie keine finanzielle Unterstützung erhalten. Der „alte” Computerbonus wird schon seit über 10 Jahren nicht mehr gewährt. In allen anderen Regionen Italiens, auch in jenen mit Autonomiestatut, wird den Lehrpersonen aus den genannten Gründen der jährliche Betrag von bis zu 500 Euro gewährt. Es sei das Beispiel des Aostatales erwähnt, wo man bei der Umsetzung des Gesetzes diese Möglichkeit für die Lehrpersonen sehr wohl vorgesehen hat.” Südtirol habe ein gutes Fortbildungssystem, bemerkte Foppa, aber Lehrer müssten sich auch auf anderem Wege kulturell fortbilden, online oder mit Theaterbesuchen und anderem.
Ulli Mair (Freiheitliche) unterstützte den Antrag. Wichtig erschien ihr, dass man auf unterrichtsbezogene Fortbildung ziele. Die Landesregierung plane anscheinend einen Computerbonus, der letztendlich einem IT-Betrieb zugute komme. Besser wäre die individuelle Unterstützung.
Veronika Stirner (SVP) plädierte dafür, über den Antrag hinaus zu gehen. Im Landtag habe jeder ein iPad zur Verfügung, genauso sollte jeder Lehrer einen Laptop gratis zur Verfügung gestellt bekommen. Das müsste eigentlich selbstverständlich sein. Das Fortbildungsangebot sei in Südtirol gut, aber auf eine offizielle Liste beschränkt; man sollte mehr Vielfalt zulassen. Sie bereite sich gerade auf die Rückkehr in die Schule vor und habe festgestellt, wie viel Material es dafür brauche. Es sei Arbeitsmaterial, für das man eigentlich nicht bezahlen müssen sollte.
Ihre Fraktion habe den Antrag nicht unterzeichnet, da man von dem, was aus Rom mit dem Gesetz zur “guten Schule” komme, nicht überzeugt sei, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). Unterstützung für den Ankauf von Material und Geräten sei aber sinnvoll, daher werde man dem Antrag zustimmen. Man sollte im Zuge dieser Maßnahmen auch das Problem mit der Anerkennung von Fortbildung in Österreich oder Deutschland lösen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) wies Stirner darauf hin, dass mit dem Bonus auch Computer angekauft werden könnten, es werde eine Vielfalt an Möglichkeiten geboten. Der Unterricht sei mit den Jahren komplexer geworden, mit nackten Händen sei er nicht mehr zu schaffen.
Andreas Pöder (BürgerUnion) bemerkte, dass es nicht ein Geschenk aus Rom sei, sondern unser Geld, das man sich wieder hole. Das Recht auf Ausstattung mit Arbeitsmitteln sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
Magdalena Amhof (SVP) sah es als Notwendigkeit, die Lehrerinnen und Lehrer wenigstens mit digitalem Grundmaterial auszustatten. Sie wies darauf hin, dass bereits heute der Besuch von Kursen außerhalb des Landesprogramms zum Teil vergütet werde. Im Softwarebereich seien die jährlichen Lizenzen das Teuerste, diese sollten vergütet werden.
Auch Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) unterstützten den Antrag. Es sei eine Anerkennung für unser Bildungssystem.
Es sei wichtig, die Schüler auf den Umgang mit der digitalen Welt vorzubereiten, meinte Hannes Zingerle (F). Nicht alle Klassen seien dafür genügend ausgestattet, also gebe es auch hier Nachholbedarf. So hätten die INVALSI-Tests mancherorts wegen schlechter Internetverbindungen nicht funktioniert.
LR Philipp Achammer berichtete, dass der Bonus zu 77 Prozent für den Ankauf von Hard- und Software genutzt werde. Ziel der Maßnahme sei aber mehr die Fortbildung gewesen. Daher habe sich das Land dieser Maßnahme nicht angeschlossen, sondern mehr auf Fortbildung gesetzt. Während in Italien ein regelrechter Fortbildungsmarkt entstanden sei, stehe die Fortbildung in Südtirol kostenlos zur Verfügung. Kurse außerhalb dieses Angebots würden teilweise finanziert. Das genannte Ergebnis von 77 Prozent weise allerdings auf einen Rückstand auch in Südtirol hin, bei der digitalen Ausstattung der Schulen gebe es Nachholbedarf. Man denke derzeit mehrere Modelle durch, unter anderem ein Leihsystem oder die Einbindung der Schülerhardware, die oft auf neuerem Stand sei. In Zukunft müssten die Lehrer viel mehr digital arbeiten. Man wäre rein logistisch nicht imstande, für jeden Lehrer einen Arbeitsplatz an der Schule zur Verfügung zu stellen, aber mit einem Bonus für Hard- und Software und einem Onlinezugang könne man in diese Richtung gehen. Achammer sprach sich schließlich gegen den Antrag aus, die Landesregierung werde aber an einem solchen Bonusmodel arbeiten. LR Christian Tommasini bestätigte Achammers Ausführungen, die für alle drei Schulressorts gälten.
Brigitte Foppa stellte klar, dass es in dem Antrag nicht nur um Computer gehe. Die Lehrpersonen würden jeden Tag viel Material in die Schule schleppen, das alles gekauft werden musste. Lehrpersonen arbeiteten wie Freiberufler. Wenn man sie unterstütze, würden sie auch motivierter arbeiten.
Der Antrag wurde mit 14 Ja und 15 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 790/17: Zuständigkeiten der Autonomie im Bereich Justiz und Strafvollstreckung (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Heiss am 14.6.2017). Die Landesregierung möge verpflichtet werden, erstens noch innerhalb dieser Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf zur Errichtung einer Südtiroler Anwaltschaft für Häftlinge einzubringen, die für das Bozner Gefängnis zuständig ist. zweitens Alle nötigen Schritte beim Staat, bei der Region Trentino-Südtirol und der Sechser- bzw. Zwölferkommission zu veranlassen, damit: a) eine regionale Gefängnisverwaltungsbehörde für die Region Trentino-Südtirol errichtet wird, welche für die Gefängnisse von Trient und Bozen zuständig ist; b) der Region die Zuständigkeit für die Vorstreckung der vom Staat rückzuerstattenden Kosten für die kostenlose Verfahrenshilfe vor dem Friedensgericht übertragen wird. Der Antrag war im Mai bereits andiskutiert worden. Nun haben die Einbringer eine Änderung vorgeschlagen, mit der neben der Volksanwaltschaft auch Kinder- und Jugendanwaltschaft sowie Gleichstellungsrätin eingebunden werden sollen, wie Brigitte Foppa (Grüne) erklärte.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) berichtete von einem Besuch im Bozner Gefängnis, das sich in einem desolaten Zustand gezeigt habe. Schlimm sei nicht nur die Situation der Häftlinge, sondern auch jene des Personals. Mit der neuen Durchführungsbestimmung zum Statut habe das Land die Möglichkeit zur Aufstockung. Laut Gefängnisdirektorin brauche es dazu nur ein Abkommen zwischen Ministerium und Land.
Alessandro Urzì (AAnc) kritisierte den Antrag, der zu sehr auf die Situation der Häftlinge achte. Unterstützung habe vor allem das Wachpersonal nötig, das unter unmöglichen Bedingungen arbeiten müsse. Er legte einen Änderungsantrag vor, laut dem sich die Aufsichtsbehörde auch um deren Arbeitsbedingungen kümmern müsse.
Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte den Antrag. Wer das Bozner Gefängnis einmal besucht habe, müsste eigentlich vor jeder Straftat abgeschreckt sein. Gefängnisse seien keine Wellnessoasen, aber es sollten akzeptable Verhältnisse herrschen, sodass auch eine Resozialisierung möglich sei.
Hans Heiss (Grüne) fragte nach dem neuesten Stand zum Neubau des Gefängnisses. Die Situation am derzeitigen Gefängnis sei unzumutbar. Ein Neubau führe aber nicht automatisch zu einer Lösung, es brauche Begleitmaßnahmen. Eine Anwaltschaft schaffe das dafür nötige Monitoring.
LH Arno Kompatscher berichtete vom Stand der Arbeiten am neuen Gefängnis. Einer Vertragsunterzeichnung stehe nun nichts mehr im Wege, die rechtlichen Hürden seien ausgeräumt. 2019 dürfte der erste Spatenstich erfolgen, zwei Jahre später müsste die Anstalt bezugsfertig sein. Die Durchführungsbestimmungen zur Justiz betreffe auch das zivile Personal der Vollzugsanstalten. Bis jetzt seien 35 neue Mitarbeiter der Justizverwaltung eingestellt worden, und man wolle weitere 70 einstellen, sobald der Staat die entsprechenden Mittel zur Verfügung stelle. Die Verhandlungen seien nicht einfach, in Südtirol sei die Justiz stark unterbesetzt, stärker als im Trentino und in anderen Regionen. Der Staat signalisiere nun Zustimmung zu einem neuen Kompromissvorschlag, laut dem das Land einen Teil bezahle. Trotzdem werde es ein Problem bleiben, Personal zu finden. Man habe auch die Gerichtsgebäude übernommen, teilweise in einem desolaten Zustand, man arbeite nun auf, was 40 Jahre lang nicht gemacht worden sei. Die Landesregierung werde dem Antrag nicht zustimmen, weil er, trotz positiven Ansatzes, einige Fragen offen lasse. Die Hauptforderung lasse sich nicht mit Landesgesetz regeln, dafür brauche es eine Durchführungsbestimmung. Man würde mit diesem Antrag auch der Jugendanwältin Kompetenzen entziehen. Der Änderungsantrag Urzìs sei nicht notwendig, es sei selbstverständlich, dass man an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen arbeite. Man werde dem Thema jedenfalls weiter nachgehen.
Riccardo Dello Sbarba bedauerte das Nein der Landesregierung. Südtirol sei eine der wenigen Regionen ohne Häftlingsanwalt, Trient habe einen. Natürlich seien auch die Arbeitsbedingungen des Personals zu verbessern, aber der Antrag habe ein anderes Thema.
Der Antrag wurde mit fünf Ja, 17 Nein und acht Enthaltungen abgelehnt.