Noggler wird Landtagspräsident, Mattei und Vallazza sind Vize

Landesregierung, Landtagspräsident und Präsidium gewählt

Freitag, 25. Januar 2019 | 16:49 Uhr
Update

Von: mk

Bozen – Am Nachmittag wurde die Sitzung gleich mit der Abstimmung zur Landesregierung wieder aufgenommen. Von 34 Abgeordneten stimmten 18 für den Vorschlag von Landeshauptmann Arno Kompatscher, 16 dagegen.

Anschließend traten die Mitglieder des Landtagspräsidiums, wie zu Beginn der Legislaturperiode versprochen, von ihrem Amt zurück. Den Vorsitz übernahm vorübergehend Helmuth Renzler als ältester Abgeordneter. Dieser bat die gewählten Mitglieder der Landesregierung an ihren Platz auf der Regierungsbank und ersuchte um Vorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten.

Gert Lanz schlug im Namen der SVP Josef Noggler für das Präsidentenamt vor.

Brigitte Foppa (Grüne) bezeichnete es als gute Gepflogenheit, die Präsidentschaft der Opposition zu überlassen, und schlug Paul Köllensperger als meistgewählten Oppositionsvertreter für dieses Amt vor.

Alessandro Urzì (Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) betonte, dass der Präsident den ganzen Landtag vertritt und daher nach einem Konsensvorschlag gewählt werden sollte. Er sollte nicht Ausdruck der Mehrheit oder der Opposition sein.

Ulli Mair (Freiheitliche) unterstützte Köllensperger. Vor fünf Jahren habe sie auch den meistgewählten Oppositionsvertreter vorgeschlagen, damals Pius Leitner. Köllensperger habe damals Leitner übrigens nicht unterstützt.

Alessandro Urzì kündigte an, sich nicht an der Abstimmung zu beteiligen.

Bei der geheimen Wahl entfielen 19 Stimmen auf Josef Noggler und 15 Stimmen auf Paul Köllensperger.

Landtagspräsident Josef Noggler bedankte sich für das Vertrauen und äußerte seine Hoffnung auf Zusammenarbeit und besonders auf Unterstützung in der ersten Phase seiner Arbeit. Anschließend rief er zur Wahl der beiden Vizepräsidenten auf, die der italienischen bzw. der ladinischen Sprachgruppe angehören müssen.

Carlo Vettori (Lega Alto Adige Südtirol) schlug für das Amt Rita Mattei vor.

Paul Köllensperger (Team Köllensperger) gratulierte Noggler zu seiner Wahl, dieser trage auch ein bisschen Oppositionsgeist in sich. Er schlug dann Riccardo Dello Sbarba vor, den meistgewählten Italiener.

Gert Lanz (SVP) schlug Manfred Vallazza für die ladinische Sprachgruppe vor und unterstützte auch die Wahl von Mattei.

In der geheimen Abstimmung wurde Rita Mattei mit 20 Stimmen zur Vizepräsidentin gewählt. 13 Stimmen entfielen auf Dello Sbarba, 1 Stimmzettel blieb weiß.
In der zweiten Abstimmung wurde Manfred Vallazza für die ladinische Sprachgruppe mit 24 Stimmen zum Vizepräsidenten gewählt. 1 Stimme entfiel auf Daniel Alfreider, 8 Stimmzettel blieben weiß, 1 war ungültig.

Nach der Wahl dankte Rita Mattei für das Vertrauen, auch für jene Stimme von außerhalb der Mehrheit. Sie werde ihr Amt mit höchster Korrektheit und Professionalität ausüben.
Auch Manfred Vallazza dankte für das Vertrauen und richtete noch ein paar Worte auf Ladinisch an die Anwesenden.

Im Namen der SVP schlug Gert Lanz Helmuth Renzler und Franz Locher als Präsidialsekretäre vor, die anschließend in geheimer Abstimmung gewählt wurden. Auf Locher entfielen 27 Stimmen, auf Renzler 22. 1 Stimme entfiel auf Magdalena Amhof, 6 Stimmzettel blieben weiß, 2 waren ungültig.

Alex Ploner (TK) schlug Maria Elisabeth Rieder als Oppositionsvertreterin für das Amt der Präsidialsekretärin vor. Sie wurde mit 30 Stimmen gewählt. 1 Stimme entfiel auf Urzì, 4 Stimmzettel waren ungültig.

Letzter Tagesordnungspunkt war die Namhaftmachung der Landesvertreter im Einvernehmenskomitee für die Staatsstellen.
Sven Knoll schlug als Oppositionsvertreter Andreas Leiter Reber vor, Gert Lanz im Namen der SVP Helmuth Renzler, Brigitte Foppa plädierte für Hanspeter Staffler, Jasmin Ladurner für Carlo Vettori.
Zu Vertretern im Einvernehmenskomitee wurden Carlo Vettori (21 Stimmen), Helmuth Renzler (27) und Andreas Leiter Reber (21) namhaft gemacht.

Präsident Josef Noggler schloss die Sitzung um 16.36 Uhr.

BISHER:

Der Südtiroler Landtag hat am Freitag mit 18 Ja- und 16 Nein-Stimmen den Vorschlag von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) zur Besetzung der neuen Landesregierung und der Zuteilung der Kompetenzen zugestimmt. Ein Abgeordneter hat an der Abstimmung nicht teilgenommen. Damit kann die neue Landesregierung, die sich aus SVP und Lega zusammensetzt, die Arbeit aufnehmen.

Kompatscher gab in seiner Regierungserklärung ein klares Bekenntnis zur Autonomie ab. Sie sei Basis für Kultur und Sprache in diesem Land, aber auch für den wirtschaftlichen Wohlstand und den sozialen Frieden. Deshalb solle sie nicht nur geschützt, sondern weiter ausgebaut und den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Schwerpunkte in der Regierungserklärung setzte der Landeshauptmann bei Europa, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit in allen politischen Feldern.

In der Debatte kritisierte Sven Knoll von der Südtiroler Freiheit die Verteilung der Zuständigkeiten und legte einen Gegenvorschlag vor. Die Bereiche sollten nicht politisch sondern nach Fähigkeiten vergeben werden. Zum Thema der Eingliederung fremdsprachiger Kinder in der Schule verwies er auf das österreichische Modell. Paul Köllnsperger vom Team Köllnsperger bezweifelte, ob die Lega wirklich zu den im Regierungsprogramm festgeschriebenen Werten stehen werde.

Die italienische Opposition kritisierte vor allem die Kompetenzen, die den italienischen Landesräten übertragen werden. Obwohl es in der letzten Landesregierung nur einen italienischen Landesrat gegeben habe, seien diesem mehr Zuständigkeiten übertragen worden, als den beiden Lega-Vertretern heute.

Carlo Vettori von der Lega forderte dazu auf, den Wahlkampf endlich hinter sich zu lassen. Er wies Kritik an der Kompetenzverteilung an seine Partei zurück. Es gehe nicht nur um die Menge der Kompetenzen, sondern auch um eine gute oder weniger gute Verwaltung derselben. Vettori sprach sich dafür aus, dass die jungen Südtiroler in Zukunft beide Landesprachen oder möglichst drei Sprachen beherrschen sollten. Der Weg dorthin führe jedoch nicht über einen Schmelztiegel und eine Vermischung der Kulturen.
In seiner Replik erneute der Landeshauptmann schließlich seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit auch über Prateigrenzen hinweg. Er wies die Kritik zurück, dass das Regierungsprogramm zu wenig konkret sei. Die Maßnahmen im Detail würden im Haushaltsplan und im Mehrjahreshaushalt enthalten sein.

Die Landesregierung besteht aus neun Mitgliedern. Arno Kompatscher (SVP) als Landeshauptmann mit den Kompetenzen Finanzen, Personal und Informationstechnologie, Außenbeziehungen, Universität, Forschung, Innovation, Museen und Sport. Arnold Schuler (SVP), erster Landeshauptmannstellvertreter wird die Landwirtschaftsagenden führen, dazu auch Forstwirtschaft und Zivilschutz sowie Tourismus. Giuliano Vettorato (Lega), zweiter LH-Stellvertreter, übernimmt italienische Bildung und Kultur, Energie und Umwelt. Daniel Alfreider (SVP), dritter LH-Stellvertreter, wird für ladinische Schule, Kultur und Mobilität zuständig sein. Philipp Achammer (SVP) bekommt zu Schule und Kultur auch die Wirtschaft dazu. Massimo Bessone (Lega) übernimmt den Hochbau. Waltraud Deeg (SVP) wird für Soziales, Wohnbau, Familie und Senioren zuständig sein. Maria Hochgruber-Kuenzer (SVP) wird Raumordnung, Landschaftsschutz und Denkmalschutz übernehmen. Für Thomas Widmann (SVP) sind Sanität, Breitband und Genossenschaften vorgesehen.

BISHER:

Der Landtag ist für den heutigen Freitag von 10.00 Uhr bis zum Ende der Arbeiten zur Sitzung einberufen worden, um die Landesregierung zu wählen. Vor der Wahl, die mit einer einzigen, offenen Abstimmung erfolgt, haben die Abgeordneten jeweils 15 Minuten Zeit zur Stellungnahme (und der Landeshauptmann zur Replik).

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat dem Landtag heute sein Team vorgeschlagen. Er erläuterte die einzelnen Zuständigkeiten und das Regierungsprogramm.

LH Arno Kompatscher verwies zu Beginn darauf, dass das Regierungsprogramm bereits breit in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Es sei ein ausgewogenes Programm, das auf Bewährtem aufbaue, aber auch neue Akzente setze, um auf neue Erfordernisse einzugehen. Die Autonomie sei die Grundlage für jedes Handeln der Regierung, durch sie sei es gelungen, Sprache und Kultur der Minderheit zu bewahren, aber auch das Land weiterzuentwickeln. Die Autonomie müsse ständig weiterentwickelt werden, um sich den Rahmenbedingungen anzupassen. Die Autonomie diene auch dem friedlichen Zusammenleben, sie sei ein Beispiel, wie Europa sein könnte. Daher bekenne man sich auch zu einem geeinten Europa, das uns Frieden, Sicherheit und Wohlstand gebracht habe. Man sei deutlich gegen eine Renationalisierung, sondern für ein starkes Europa, in dem sich die Regionen in ihrer Vielfalt entfalten könnten.

Ein wichtiges Thema sei die Chancengleichheit. Man wolle die Voraussetzungen schaffen, dass alle unabhängig von Sprache, Geschlecht und Stand gleiche Chancen haben. Die Sozialpolitik wolle man daher noch zielgenauer weiterentwickeln. Man möchte aber zuerst dafür sorgen, dass möglichst viele auf eigenen Beinen stehen, und dafür seien gute Arbeitsplätze nötig. Auch die Nachhaltigkeit habe man im Auge, bei jeder Entscheidung. Man sei schließlich nicht nur für das heute und nicht nur für dieses Land verantwortlich.

Kompatscher erinnerte an den Jahrestag zur Befreiung aus dem KZ Auschwitz und rief dazu auf, die Politik daran auszurichten, dass die Menschenwürde respektiert und der Hass nicht geschürt werde. Dieses Bekenntnis, das Teil des Regierungsprogramms sei, sei leider wieder notwendig. Dieses Prinzip des gegenseitigen Respekts sollten Regierung wie Opposition beachten. Man sollte sich nicht von den Medien treiben lassen. Die Menschen würden sich von der Politik nicht Streit erwarten, sondern Lösungen.
Die Landesregierung werde aus neun Mitgliedern bestehen. Es habe nicht, wie dargestellt, einen monatelangen Postenschacher gegeben. Man habe lange über das Programm diskutiert und dabei einen gemeinsamen Nenner gefunden. Auf die Namen habe man sich dann sehr schnell geeinigt.

LH Kompatscher stellte anschließend seine Mannschaft vor. Arnold Schuler, erster Landeshauptmannstellvertreter solle die Landwirtschaftsagenden führen, dazu auch Forstwirtschaft und Zivilschutz sowie Tourismus. Das Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft und Tourismus sei wichtig.

Giuliano Vettorato, zweiter LH-Stellvertreter, übernehme italienische Bildung und Kultur, Energie und Umwelt. Die Bildung sei ein wesentliches Element für die Chancengleichheit, der Kenntnis der Zweitsprache werde man verstärkt Aufmerksamkeit widmen. Kompatscher kündigte ein neues Gesetz zur Wasserkraft an, es gebe in diesem Bereich aber auch andere Herausforderungen, etwa die E-Mobilität. Auch der Umweltschutz habe aktuelle Herausforderungen, z.B. die Luftbelastung.
Daniel Alfreider, dritter LH-Stellvertreter, werde für ladinische Schule und Kultur zuständig, Mobilität, welche auch Schiene und BBT beinhalte. Bei der Mobilität sei viel erreicht worden, aber man wolle noch viel mehr.

Philipp Achammer bekomme zu Schule und Kultur auch die Wirtschaft dazu. Die Wirtschaft sei derzeit in Schwung, aber es gebe Fachkräftemangel. Daher sei es gut, wenn diese beiden Zuständigkeiten in einer Hand seien. Arbeit und Integration, auch eine Aufgabe Achammers, gehörten zu diesem Bild dazu.

Massimo Bessone schlage er für den Hochbau zu. Das Land strebe danach, langfristig in eigenen Gebäuden unterzukommen und sich die Mieten zu ersparen. Dieses Vermögen sei jedes Jahr gewachsen und sei nun auch in Wert zu setzen, eventuell auch durch Tausch.

Waltraud Deeg solle für Soziales, Wohnbau, Familie und Senioren zuständig sein. Südtirol habe ein gutes soziales Netz wie wenige Regionen in Europa. Es gehe nun darum, hier gerechter und zielgenauer zu verteilen. Auch beim neuen Wohnbaugesetz sei auf einen guten sozialen Mix zu setzen, damit es nicht zu Gettos komme.

Maria Hochgruber Kuenzer solle Raumordnung, Landschaftsschutz und Denkmalschutz übernehmen. Das neue Raumordnungsgesetz sei nun umzusetzen, wobei man auf die Einhaltung der Grundprinzipen – Nachhaltigkeit, Nutzung des Bestands u.a. – achten müsse. Im Denkmalschutz gehe es auch darum, dass die Menschen mit ihren geschützten Objekten auch eine Freude hätten und nicht nur Auflagen.

Für Thomas Widmann seien Sanität, Breitband und Genossenschaften vorgesehen. Das Gesundheitswesen sei in den vergangenen Jahren oft als schlecht dargestellt worden, aber das treffe die Wahrheit nicht. Es gebe aber einige Probleme, die anzugehen seien, etwa Digitalisierung und Fachärztemangel. Die rechtlichen Voraussetzungen seien nun da, jetzt gehe es an die Umsetzung. Das Breitband sei gemeinsam mit den Gemeinden weiterzubauen, das Genossenschaftswesen habe für Südtirol eine besondere Bedeutung.

Als Landeshauptmann habe er für dafür zu sorgen, dass dieses Programm umgesetzt werde, dazu gebe ihm das Statut auch die Ausrichtungsbefugnis, erklärte Kompatscher. Ebenso sei er als Landeshauptmann für Außenkontakte zuständig, nicht zuletzt für die Verhandlungen mit Rom. Er habe sich auch die Zuständigkeit für die Gemeinden und die Landesverwaltung behalten, jene für Forschung und Universität, für die Museen, die Forschungseinrichtungen seien. Im Sport, eine weitere Zuständigkeit Kompatschers, setze er sein Augenmerk vor allem auf den Breitensport, auf die Unterstützung der Vereine, aber natürlich auch der Athleten. Bei den Großveranstaltungen werde man auf die Nachhaltigkeit setzen und dies auch als Botschaft nach außen tragen. Kompatscher wird schließlich auch für die Chancengleichheit zuständig sein, welche nicht nur ein Frauenthema sei.

LH Kompatscher forderte schließlich dazu auf, gemeinsam an diesen Zielen zu arbeiten, wie es sich die Bürger auch erwarten würden.

Als Folgemaßnahme dieser Wahl ist anschließend das Landtagspräsidium neu zu besetzen.

Aus Dringlichkeitsgründen wurde ein zusätzlicher Punkt auf die Tagesordnung gesetzt: die Namhaftmachung von drei Landtagsabgeordneten als Mitglieder des Einvernehmenskomitees für die Staatsstellen.

Die Sitzung kann wie gewohnt live auf www.landtag-bz.org mitverfolgt werden und nun auch auf der Facebook-Seite des Landtags.

Die Stellungnahmen von Knoll, Staffler, Köllensperger und Rieder

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) kritisierte die Art der Regierungswahl. Mit der Blockabstimmung müsse man die Katze im Sack kaufen und könne nicht bewerten, wer für welches Ressort gut geeignet sei. Er sah es auch als Fehler an, dass das Regierungsprogramm von deutscher und ladinischer Minderheit spreche, da sie im Lande die Mehrheit sein. Im Regierungsprogramm vermisse er Angaben, was man konkret umsetzen wolle. Es fehle auch die Forderung nach der Kompetenz für die Einwanderung, es fehlten Angaben, wie man mit jenen umgehen wolle, die bereits im Land seien. In vielen Grundschulen seien bereits mehr Migrantenkinder als einheimische, hier fehlten Maßnahmen zur Sprachbeherrschung. Knoll fragte auch, was aus den Ergebnissen des Autonomiekonvents geworden sei, und forderte, die Vorschläge für neue Zuständigkeiten umzusetzen.

Die zugeteilten Zuständigkeiten würden nicht die Fähigkeiten der vorgeschlagenen Landesräte widerspiegeln. Kompatscher sollte nicht für Sport und Gemeinden zuständig sein, wohl aber für Zivilschutz. Erste Stellvertreterin sollte Deeg sein, die sehr gut gearbeitet habe. Die Gemeinden wären bei Schuler als ehemaligem Gemeindepräsidenten besser aufgehoben. Alfreider würde er eher die Zuständigkeiten für die digitale Infrastruktur geben als für die Mobilität, Hochgruber Kuenzer eher die Landwirtschaft, Widmann die Mobilität, wo er schon seine Fähigkeiten bewiesen habe. Schließlich nahm Knoll das Angebot Kompatschers zur Zusammenarbeit an.

Hanspeter Staffler (Grüne) bezeichnete das Regierungsprogramm im Vergleich zu jenem Nordtirols als wenig konkret. Die Verteilung der Zuständigkeiten sei aber aussagekräftig. Dass sich der Landeshauptmann um das Personal kümmere, sei positiv. Dass die Sanität aber an einen Vertreter des neoliberalen Wirtschaftsflügels übertragen werde, spreche Bände. Zu befürchten sei eine Verbreitung der sog. Filetmedizin durch private Anbieter. Die Raumordnung in der Hand einer Bauernvertreterin sähen auch SVP-Vertreter besorgniserregend. Tourismus und Landwirtschaft müssten sicher zusammenarbeiten, aber bisher hätten sie sich gegenseitig die Räuberleiter gemacht, um gesetzliche Hindernisse zu überwinden. Die Interessen von Senioren und Arbeitnehmern seien nicht vertreten. Die Kulturpolitik sei aufgesplittert worden, eine zeitgemäße Gestaltung werde dadurch unterbunden. Durch Trennung und Teilung werde eine Schwächung von Kultur, Umwelt und Sozialem angepeilt.

Positiv fielen die weiteren Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr auf, es fehlten aber die konkreten Angaben. Biodiversität und Bewahrung der Schöpfung würden im Programm an prominenter Stelle angesprochen, aber die Gründe für ihre Gefährdung würden nicht angesprochen: Monokulturen, chemische Pestizide usw.
Das Programm habe eine Reihe von positiven Ansätzen, wenn man bestimmte Felder neu organisieren wolle. Es fehle aber der Ansatz, Bewährtes nicht zu gefährden. Die Ankündigungen im sozialen und ökologischen Bereich hielten einer Überprüfung nicht stand. Daher werde man gegen den Vorschlag des Landeshauptmanns stimmen.

Paul Köllensperger (Team Köllensperger) bezeichnete den Wahlmodus als traurig, ein Zeichen der Schwäche und des Misstrauens. Die SVP traue ihren eigenen Mandataren keine geheime Abstimmung zu, wie sie bei Personenwahlen die Regel sei.

Zum Inhalt gebe es nicht viel zu diskutieren, jeder könne sich darin wiederfinden. Es fehle die Glaubwürdigkeit bei den großen Worten. Wenn die SVP der Lega das Bekenntnis zu Europa glaube, wann trete sie dann nicht mit ihr bei den Europawahlen an? Die SVP hole sich als Partner in Südtirol die Feinde Europas und als Partner in Europa die Feinde der Autonomie. Er vermisse die Forderung nach Abschaffung des Regierungskommissars, die Umsetzung der Ergebnisse des Autonomiekonvents, der zur Marketingveranstaltung degradiert werde. Wenn die Mehrheit das Wahlgesetz ändern wolle, sollte sie das auch ins Regierungsprogramm schreiben, ebenso eine Landesparteienfinanzierung, die von Dorfmann angesprochen wurde oder eine Pension für die Bürgermeister. Der SVP-Ausschuss habe der Regierungsmannschaft zugestimmt, aber einige Fragen unbeachtet gelassen, etwa die Hütten Alfreiders. Es sei auch kritisch zu beäugen, wenn Hochgruber Kuenzer die Raumordnung übernehme, die Vorgaben dürften vom Bauernbund kommen. Die Kluft zwischen LH und Parteiobmann sei unleugbar. Achammer werde mit seinen Ressorts zu tun haben und wenig Zeit für anderes haben. Soziales und Sanität würden getrennt, was Vor- und Nachteile habe.

Viele Bürger fühlten sich von der Politik nicht mehr vertreten. Die SVP tue sich mit den Rechtspopulisten zusammen, die eine Folge dieser Entwicklung seien, und übersehe dabei die Hauptgründe. Seine Bewegung wolle die Bürger wieder mehr einbinden. Man werde vor allem eine Kontrollfunktion ausüben und die Regierung an ihren Taten messen.

Maria Elisabeth Rieder (TK) kündigte an, Vorschläge zum Vorteil der gesamten Bevölkerung gerne mitzutragen. Wenn die Menschen sich von der Politik abwendeten, sei dies kein gutes Zeichen, auch ein Zeichen, dass gewisse Versprechen nicht eingehalten wurden. Rieder bezeichnete die hohen Lebenshaltungskosten in Südtirol als großes Problem, hier hätten Gehälter und Renten nicht mitgehalten. Die Landesregierung verspreche mehr Ausgewogenheit, aber sie werde dafür mehr Geld für die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst in die Hand nehmen müssen. Sie sei auch gespannt, wie sie in der Privatwirtschaft höhere Löhne erreichen wolle. Die heutige Wohnbaupolitik, Bausparen inklusive, sei nicht zielführend, um den hohen Wohnungspreisen zu begegnen. Dieses Problem hätten vor allem die Senioren, und hier sei Südtirol mit seinen Programmen in Rückstand. In manchen Gemeinden gebe es dringenden Bedarf an Einrichtungen für Senioren. Viele in Südtirol seien auf Sozialleistungen angewiesen, obwohl sie einer Arbeit nachgingen. 26 Prozent der Familien lebten in Armutsrisiko.

In der Sanität kündige das Programm Verbesserungen an, aber das nütze wenig, wenn das Personal fehle. Neben dem Ärztenotstand bahne sich ein Pflegenotstand an. Es gebe Bemühungen zur Rekrutierung, aber man sollte dabei nicht die derzeitigen Angestellten vergessen. Viele würden derzeit den Betrieb verlassen wegen der Arbeitsbedingungen. Die Chancengleichheit sei ein gutes Ziel. Vor allem an einer geschlechtergerechten Entlohnung sei zu arbeiten. Konkrete Maßnahmen für Unternehmerinnen seien im Programm nicht enthalten.

Man werde im Laufe der Legislatur auch Herausforderungen begegnen, die man heute noch nicht auf dem Radar habe. Nach drei Monaten reden, sollte man nun zur Arbeit übergehen, denn daran werde man die Landesregierung messen, besonders unter dem Aspekt, was sie für den ärmeren Teil der Bevölkerung tun werde.

Stellungnahmen von Dello Sbarba, F. und A. Ploner, Repetto, Unterholzner, Nicolini, Faistnauer, Leiter Reber, Urzì, Vettori und Lanz

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) fragte sich, was ein Regierungsprogramm wert sei. Dieses hier sei wenig konkret. Er kritisierte, dass man sich den europafeindlichsten Partner ausgesucht habe, während Kompatscher sich sehr um gute Kontakte zu Europa bemüht habe. Im Programm rede man von Europa, nicht von der EU. Man rede viel von Traditionen, wenig von Öffnung wie vor fünf Jahren. Man betone die Bedeutung des Einheimischen und grenze sich gegenüber jenen ab, die dazu kämen. In diesem Sinne werde auch die Bedeutung der Ansässigkeit für die Inanspruchnahme von Sozialleistungen betont. Südtirol und Südtirols Wirtschaft seien auf die Einwanderung angewiesen. Man verlange aber von ihnen, dass sie die Tradition des Landes respektierten, was schwer überprüfbar sei, und auch die drei Landessprachen beherrschten, was eine hohe Hürde sei. Er hoffe, dass sich bei all der Propaganda doch der Rechtsstaat durchsetze. Südtirol sei auch weit unter dem UN-Ziel bei den Ausgaben für Entwicklungshilfe. Bei der biologischen Landwirtschaft setze das Programm die Ziele zu tief an, die Wirklichkeit sei hier schon weiter.

Zur Verteilung der Zuständigkeiten stellte Dello Sbarba fest, dass die Lega trotz ihrer Stimmen weniger Agenden bekomme als vorher Tommasini. Die Regierung wolle an ihren Früchten bewertet werden, aber wie die Bibel auch sage, gebe ein schlechter Baum schlechte Früchte. Daher werde man gegen diese Regierung stimmen.

Franz Ploner (Team Köllensperger) verwies auf seine Erfahrung als Arzt im öffentlichen Gesundheitswesen bemerkte ein im europäischen Vergleich bescheidenes Südtiroler Sanitätsbudgets. Dabei gehe es um einen sehr wichtigen Aspekt im Leben der Menschen. Das Personal des Gesundheitsbetriebe bemühe sich täglich und verdiene Anerkennung. Es gebe aber auch Probleme, etwa die langen Wartezeiten, die Baustelle des IT-Systems oder den Personalmangel. Gesundheitspolitisches Handeln habe bereits bei der Prävention anzusetzen, aber im Programm vermisse er eine Gesundheitsförderungsstrategie. Dazu gehörten Gesundheitsprogramme in Schulen, Betrieben usw., aber auch Aufklärungsprogramme. Ein großes Problem seien die psychischen Erkrankungen, die oft nicht wahrgenommen würden. Im Programm fehle ein klares Bekenntnis zur Standorterhaltung der sieben Krankenhäuser, die alle mit einer ärztlichen Leitung ausgestattet sein müssten.  Sie böten die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung und würden auch zur lokalen Wertschöpfung in strukturschwachen Gebieten beitragen. Subsidiarität sei hier gefragt. Die Informatisierung solle nicht nur angekündigt, sondern endlich umgesetzt werden, ansonsten sei eine moderne Versorgung nicht möglich. Gut funktionierende Krankenhäuser seien für Jungärzte attraktiv. Um die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten, sei eine angemessenere Entlohnung nötig, ansonsten würden viele abwandern. Ambulanter und stationärer Bereich seien enger zu vernetzen. Der Einsparungsprozess im Verwaltungsbereich sollte beendet werden, um Ärzte und Pfleger von bürokratischen Aufgaben zu entlasten. Ärzte und Pfleger seien europaweit Mangelware, Südtirol habe zusätzlich das Problem, dass Südtiroler Jungärzte nicht mehr nach Südtirol zurückkehren – hier müsse man die Ausbildungsmöglichkeiten garantieren. Ebenso sei die Zweisprachigkeit zu unterstützen.  Eine Ausbildung könne man im Rahmen der Euregio andenken.

Ploner machte auch einige Vorschläge zu Bereichen der Sanität, auf die das Programm nicht eingehe, etwa zur Nahversorgung in den Gemeinden, zum Rettungswesen, zur Zusammenarbeit mit der Uniklinik Innsbruck. Man müsse den Menschen zeigen, dass sich etwas ändere. Nur so gewinne man das Vertrauen zurück.

Alex Ploner (TK) sah das Regierungsprogramm als Anhäufung von guten Vorsätzen. Alle Gewählten hätten den Auftrag, sich zum Wohle der Bevölkerung einzusetzen. Man sollte sich bewusst sein, dass die Bürger die Chefs seien. Es werde nicht genügen, den Leuten zuzuhören, sie in partizipative Prozesse einzubinden, wenn man danach die Lösungen verzögere oder verwässere.

Ploner sah Nachholbedarf vor allem bei der Beherrschung der Zweitsprache, und das nach 13.000 Unterrichtsstunden bis zur Matura. Er wünsche sich eine Politik des Sprachgruppenzusammenführens und der Wahlmöglichkeit. Die Eltern sollten ihre Kinder in mehrsprachige Kindergärten und Schulen einschreiben können. Man sollte aber Migranten, die schon viele Schikanen hinter sich hätten, nicht mit der Pflicht schikanieren, alle drei Landessprachen zu beherrschen. Das Ehrenamt sei derzeit durch Bürokratie und Rechtsunsicherheit in Bedrängnis. Wenn man hier nicht Sicherheit schaffe, breche dieser Zweig weg. Die Stelle für das Ehrenamt sei ein erster Schritt, die jüngsten Entscheidungen der römischen Regierung aber nicht ermutigend.

Eine weitere Herausforderung sei die Integration von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt, deren Erwähnung im Programm sei lobenswert. Hier sollte man nach dem Vorbild anderer Länder Coaches einsetzen. Ebenso sei in der Barrierefreiheit mehr zu tun. Ploner rief die Landesregierung auf, nicht nur Versprechungen zu machen. Sie habe die Latte auch nicht sehr hoch gelegt. Er möge den Streit nicht, aber er liebe den Wettbewerb, kündigte Ploner an.

Sandro Repetto (Demokratische Partei/Bürgerlisten) wies auf den populistischen Teil der Koalition hin, sah ein Schwächung der italienischen Sprachgruppe und eine Abhängigkeit von Mailänder Befehlen. Die Lege wollte die Zuständigkeit für Soziales, habe sie aber nicht bekommen. Tommasini habe mehr Zuständigkeiten gehabt, jene für den Wohnbau sei verloren gegangen, jede Zuständigkeit in Sachen Wirtschaft, ebenso der Regionalassessor. Er habe kein Vertrauen in Regierungsmannschaft der Lega und wenig Vertrauen in eine Alleinherrschaft der SVP. Man tue groß mit der Agenda für Bozen, beziehe sich in Wahrheit aber nur auf das Mobilitätsprogramm von 2018. Nicht angegangen würden die Finanzierung der delegierten Zuständigkeiten der Autonomie oder das Stadt-Land-Gefälle. Die Stadt habe ihre besonderen Probleme und sei hier auf sich allein gestellt. Bei der Wohnbaupolitik frage er sich, wie man gleichzeitig die Preise senken und die Vermietung fördern wolle. Das Bibliothekszentrum sei endlich zu verwirklichen. Positiv sei die Zuständigkeit für die Museen beim Landeshauptmann, da sie alle Sprachgruppen angehe. Für die Arbeitswelt brauche es Maßnahmen n der Bildung, nicht nur den Technopark.

Die Region habe eine wichtige Rolle der Vermittlung. Repetto fragte, wie die Lega zur Verlegung des Autobahnsitzes nach Bozen stehe. Er zeigte sich kritisch gegenüber der Forderung nach einer Landespolizei, sprach sich aber für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Polizeikräften, auch jener der Gemeinden, aus. Schließlich verwies er auf die antieuropäische Haltung der Lega – das Schicksal Europas sei auch jenes von Südtirol.

Josef Unterholzner (TK) wies auf die Absicht im Regierungsprogramm hin, die Betriebe bei der Einstellung von hoch spezialisiertem Personal zu unterstützen. Vor allem der Bürokratieabbau wäre eine wichtige Unterstützung für die Unternehmen.

Diego Nicolini (Fünf-Sterne-Bewegung) kritisierte die Unbestimmtheit des Regierungsprogramms. Die Vorschläge für die Sanität seien unzureichend. Es genüge nicht die Absicht, die Wartezeiten abzubauen, hier brauche es eine Revolution. Angesichts der Ausgaben seien die Leistungen ungenügend, die Bürger würden in die private Sanität gedrängt.

Die Landesregierung wolle die Mindestrenten erhöhen, vergesse aber, dass Rom ab April in diesem Sinne tätig sein werde. Daher brauche es von Seiten des Landes eine Ergänzung zum staatlichen Programm, was durch das Preisniveau gerechtfertigt wäre. Der Wohnbau gehe an die SVP über, die Lega müsse hier die Interessen der italienischen Sprachgruppe vertreten. Die Förderung der Mehrsprachigkeit und auch eine mehrsprachige Schule wären notwendige Ziele. Die Umwelt werde im Programm wenig angesprochen. Die 5 Sterne Bewegung sei zur Zusammenarbeit bereit, betonte Nicolini schließlich.

Auch Peter Faistnauer (TK) sah das Programm als wenig konkret. Er verwies auf Beispiele von Bauern, die den Betrieb erneuern wollten, jungen Paaren, die einen Beitrag für eine Wohnung bräuchten, Kleinunternehmern im Transportsektor, die alle vor großen Hürden stünden. Ein Problem hätten auch die jungen Mitbürger, die vom Auslandsstudium nicht mehr zurück kämen – ihnen seien bessere Bedingungen zu bieten. Kleine Gemeinden hätten Probleme mit der Finanzierung von Infrastrukturen. Hier werde auch ein Rotationsfonds nicht helfen.

Die Bauern leisteten einen wichtigen Beitrag für dieses Land. Das Programm sage wenig zur Unterstützung der Biolandwirtschaft. Viele Biobauern würden wieder zur konventionellen Landwirtschaft zurückkehren. Viele Milchbetriebe würden aufgeben, denn mit Billigprodukten könne man nicht mithalten. Die Zusammenführung von Tourismus und Landwirtschaft berge ein großes Potenzial, denn nur mit einem Miteinander könne man verhindern, dass ganze Landstriche entvölkert würden.

Die angehende Landesrätin habe vorgeschlagen, die neue Raumordnung erst 2020 in Kraft treten zu lassen. Hier komme die Unsicherheit vieler Bürgermeister vor den anstehenden Wahlen an die Oberfläche. Solche Reformen würden vor allem am Anfang einen erhöhten Personalbedarf bedeuten. Der Zugang zu vergünstigtem Strom werde im Programm nicht angesprochen, aber diese Frage sei für Familien wie Betriebe sehr wichtig.

Faistnauer kritisierte, die erweiterte Möglichkeit zur Nebentätigkeit für Lehrer. Stattdessen sollte man sie besser bezahlen. Im Programm seien bestimmte Täler und Gemeinden erwähnt worden, der Vinschgau und das Wipptal nicht. Er hoffe, das sei kein Vorzeichen. Er werde sich in den kommenden fünf Jahren konstruktiv einbringen und dazu beitragen, dass die richtigen Entscheidungen für das Land getroffen werden.

Andreas Leiter Reber (Die Freiheitlichen) bezeichnete es als üblich, dass sich Regierungen ungern festnageln ließen. Daher das ungenaue Programm. Genauso wie die Landesregierung an ihren Taten gemessen werde, werde die Opposition an ihrer Arbeit und ihren Vorschlägen gemessen.

Für diese Landesregierung habe er einige Wünsche, zunächst die soziale Gerechtigkeit. Südtirol habe sehr hohe Lebenshaltungskosten. Das Land müsse mit gutem Beispiel vorangehen, aber auch in der Privatwirtschaft müsse man sich bemühen. Man sollte aber schon einen Unterschied machen zwischen jenen, die trotz Arbeit nicht genügend Einkommen haben, und jenen, die nicht arbeiten. Die Familienfreundlichkeit werde vor allem in den großen Betrieben gewährleistet, bei den Kleinen bestehe Nachholbedarf. Die Wirtschaft leide unter der Bürokratie, hier sei einiges abzuschaffen, nicht nur neue Belastung zu verhindern. In der Ausbildung sei noch einiges zu tun, auch für die Attraktivität der dualen Ausbildung. Südtirol solle sich um die Zuständigkeit für die Einwanderung bemühen, hier nehme er auch die Lega in die Pflicht. Die Einwanderung in den Arbeitsmarkt, wenn sie nach bestimmten Regeln erfolge, sei nicht das Problem, wohl aber die Einwanderung in unser Sozialsystem.

Ein unabhängiges Land wäre die ideale Lösung, denn bei allen Lösungen stoße man immer an die staatlichen Grenzen. Bis dahin sei aber der mutige Ausbau der Autonomie ein Muss. Er sei froh, dass im Trentino Fugatti an der Regierung sei, der habe sich vor 5 Jahren für Südtirols Unabhängigkeit ausgesprochen. In der Zusammenarbeit zwischen Tourismus und Landwirtschaft gebe es noch großes Potenzial. Die Verdoppelung der Biolandwirtschaft bis 2025 sei ein bescheidenes Ziel, aber diese Zahl sei zusammen mit den Bioverbänden errechnet worden. Leiter Reber kritisierte den Wahlmodus. Eine geheime Abstimmung über Personen sei Standard, auch bei den Vereinen. Mit der Blockabstimmung könne man nicht einzelne Anwärter bewerten. Er wünsche sich, dass auch gute Vorschläge der Opposition angenommen würden.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) kündigte an, in der Opposition zu bleiben. Er werde aber jede einzelne Maßnahme auf ihre Auswirkungen überprüfen, auch nach dem Kriterium, wie man mit Vorschlägen der Opposition umgehe. Die SVP sei ein Chamäleon. Heute behaupte Kompatscher, man wolle die stärkste Vertretung der Italiener in der Regierung haben. In der Vergangenheit habe er das nicht getan. Die SVP solle zu ihrer Entscheidung stehen und sich nicht hinter Ausreden verstecken. Man habe den PD fallen gelassen, was ihn freue, denn der PD sei in den vergangenen 10 Jahren nie präsent gewesen. Es sei schade, dass die Lega nicht auf den ersten LH-Stellvertreter bestanden habe. Der PD habe diesen bekommen, auch wenn er in Wahrheit nie präsent gewesen sei und auch nie in ethnischen Fragen eine Abstimmung nach Sprachgruppen unterstützt habe.

Das Programm sei sehr allgemein gehalten, aber einige Punkte verdienten besondere Aufmerksamkeit, etwa die Forderung nach noch mehr Zuständigkeiten, auch von der Region. Er frage sich, wie sich das mit der Aufstockung der Regionalregierung vertrage. Die Mehrsprachigkeit sei zugunsten der Beherrschung der Zweitsprache aus dem Programm verschwunden. Er sei für eine autonome italienische Schule, die durch Fachunterricht in der anderen Sprache zur mehrsprachigen Schule werden könne. Gegen das Vorhaben einer Landespolizei werde er kämpfen, diese sei gerade angesichts der derzeitigen aktiven Sicherheitspolitik des Innenministers nicht sinnvoll. Stattdessen sollte man sich auf eine neue Sanitätspolitik konzentrieren oder auf die Rolle der Landeshauptstadt. Urzì bedauerte schließlich, dass sein Koalitionsangebot nicht angenommen wurde. Er werde jedenfalls eine unvoreingenommene Oppositionspolitik betreiben.

Carlo Vettori (Lega Alto Adige Südtirol) betonte, dass die Lega-Mannschaft nicht Befehlsempfängerin von Mailand sein werde, und bat, nicht in die üblichen Klischees gegenüber der Lega zu verfallen. Die Lega-Fraktion, auch wenn sie aus vier Neulingen bestehe, werde ihre Zuständigkeiten ausüben, um diesem Land zu dienen, anders als andere, die gerne dabei gewesen wären, aber eine richtige Vertretung der Italiener nicht zustande gebracht hätten. Auch deshalb sei die Erwähnung Europas im Programm nur vage, da man sich auf die konkreten Anliegen vor Ort konzentrieren wolle. Zur Zweisprachigkeit erklärte Vettori, dass die bisherigen Methoden offensichtlich nicht zum Erfolg geführt hätten. Der Wert dieses Landes liege in der Vielfalt seiner Sprachgruppen, aber wenn man konkurrenzfähig sein wolle, müsse man es der Jugend ermöglichen, die anderen Sprachen gut zu erlernen. Auch wer von außen komme, müsse diese Chance bekommen. Er wolle nicht das CLIL abschaffen, sondern es effizienter machen. Die unvoreingenommene Opposition von Urzì sei eine faire Haltung und nachahmenswert. Die Lega sei nicht an der Regierung, weil sie Ängste schüre, sondern vielleicht, weil andere in der Vergangenheit nicht gut gearbeitet hätten.

Gert Lanz (SVP) forderte mehr Respekt ein für seine Partei. Sie sei kein Chamäleon, sie vereinige in sich aber verschiedenste Interessen, was nicht einfach sein. Es sei wichtig, im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen zu treffen, daher sei es nicht sinnvoll, alles schon jetzt im Detail zu regeln.

Er hoffe auf die von vielen angekündigte Zusammenarbeit und dass man heute den Startpunkt für eine neue Politik festlegen könne. Es sei in der Debatte vieles an Südtirol bemängelt worden, aber sehr vieles funktioniere, und man könne es gemeinsam noch verbessern.

Vieles vom Gesagten könne er unterschreiben, meinte LH Arno Kompatscher in seiner Replik. Einiges wollte er aber richtigstellen. Es werde sicher nicht zu einer Filetmedizin kommen, man wolle eine starke öffentliche Gesundheitsversorgung. Es stimme auch nicht, dass das Programm rückwärtsgewandt sei. Man bekenne sich zu Wurzeln und Traditionen, arbeite aber ebenso an mehr Toleranz und Offenheit, ganz im europäischen Sinne.

Ein Regierungsprogramm sei nicht das Auflisten von Beistrichen und Beträgen, das stehe im Haushaltsplan. Das Programm wolle eine Positionierung vornehmen, eine Richtung geben. Mutmaßungen über Dinge, die nicht im Programm stünden, etwa die Bürgermeisterrenten, seien nicht zielführend. Kompatscher bat die Neulinge unter den Abgeordneten, den Erfahreneren nicht die reale Lebenserfahrung abzusprechen. Auch diese stünden in Kontakt mit der Gesellschaft. Er verteidigte die namentliche Abstimmung. Transparent werde immer wieder gefordert, und es sollte auch öffentlich sein, wer zu dieser Regierung stehe und wer nicht.

Bei dem Ruf nach höheren Löhnen bei gleichzeitigem Steuerabbau müsse man Prioritäten setzen. Man müsse auch aufpassen, dass man mit dem Mehr an allem – an Wirtschaft, an Arbeitsplätzen u.a. – nicht die Lebensqualität vergesse. Die Landesregierung wolle für alle in diesem Land arbeiten, nicht nur für einzelne Sprach- und andere Gruppen.

Auf Antrag von Paul Köllensperger wurde die Sitzung für eine Beratung innerhalb der Opposition unterbrochen.

Bezirk: Bozen