Priska Garbin von der Antidiskriminierungsstelle

„Diskriminierung aufgrund sexueller Identität bleibt oft unsichtbar“

Mittwoch, 25. Juni 2025 | 13:28 Uhr

Von: Ivd

Bozen – Die Verantwortliche der Antidiskriminierungsstelle im Vorfeld des Pride in Bozen: „Sichtbarkeit ist notwendig, um sich gegen strukturelle Diskriminierung zu positionieren.“
„Wenn am kommenden Wochenende die Straßen in Regenbogenfarben erstrahlen, geht es um mehr als nur um Feierlaune. Die Pride Parade ist ein kraftvolles Zeichen für Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Das Thema ist aktueller denn je,“ betont Priska Garbin, Verantwortliche der Antidiskriminierungsstelle, im Vorfeld des Südtirolo Prides, einer Veranstaltung über die Rechte der LGBTQIA+ Community am kommenden Samstag in Bozen.

Im Jahr 2024 wurden der Antidiskriminierungsstelle 18 Fälle gemeldet, in denen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität benachteiligt wurden. „Doch diese Zahl zeigt nur die Spitze des Eisbergs,“ warnt Garbin. Studien zufolge melden über 90 Prozent der Betroffenen ihre Diskriminierungserfahrungen nicht. Die Dunkelziffer ist hoch – das sogenannte „Underreporting“ bleibt ein zentrales Problem.

Ob abfällige Bemerkungen, gezielte Ausgrenzung oder offene Anfeindungen – Menschen, die nicht in das enge Raster gesellschaftlicher Geschlechternormen passen, sind besonders häufig betroffen. „Die Vorstellung, wie „typische“ Männer oder Frauen zu sein haben, ist nicht nur überholt, sondern gefährlich. Sie schafft ein Klima der Angst und Unsicherheit“, so Garbin weiter.

„Ein Fall, der uns besonders beschäftigt hat, zeigt, wie tief Vorurteile im Alltag verankert sind“ berichtet die Verantwortliche der Antidiskriminierungsstelle. „Ein Mitarbeiter wurde am Arbeitsplatz wiederholt von Kollegen wegen seiner Homosexualität belästigt. Zunächst wurden die Vorfälle als „rauer Umgangston“ abgetan. Erst durch ein Interventionsschreiben der Antidiskriminierungsstelle und einer darauffolgenden Mediation konnte eine Veränderung der Situation erreicht werden.“

„Diskriminierung ist kein individuelles Problem: sie ist strukturell“, erklärt Garbin. „Deshalb braucht es klare gesetzliche Regelungen, konsequente Umsetzung und vor allem: Sichtbarkeit. Sichtbarkeit von queeren Lebensrealitäten, von Vielfalt in all ihren Formen. Und eine Gesellschaft, die nicht nur Toleranz predigt, sondern Respekt lebt.“

Pride ist nicht nur ein Fest – es ist ein Aufruf. Für eine Welt, in der jeder Mensch – unabhängig davon, wen er liebt oder wie er ist – sich sicher fühlen und als Teil der Gesellschaft anerkannt werden kann.

Bezirk: Bozen

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