Von: APA/dpa/Reuters
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat beim G20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer vor erheblichen Risiken für die Weltwirtschaft gewarnt. Die Aussichten für das globale Wachstum seien zwar derzeit einigermaßen beruhigend, sagte sie. Zugleich sei aber das Ausmaß an Unsicherheit auf den globalen Märkten außergewöhnlich hoch. Ein entsprechender Unsicherheitsindex liege aktuell doppelt so hoch wie zu Jahresbeginn.
Dies habe seinen Preis, da infolge von Unsicherheit Investitionen eingefroren würden. Als großen Risikofaktor nannte von der Leyen konkret die anhaltenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte. “Es ist für eine große Volkswirtschaft nicht möglich, einen Anteil an der weltweiten Industrieproduktion zu haben, der zwei- bis dreimal so hoch ist wie ihr Anteil am weltweiten Konsum”, kritisierte sie in Anspielung auf China. Ändern ließen sich diese Ungleichgewichte nur durch einen Politikwechsel. Durch handelspolitische Instrumente von der EU oder von anderen ließen sie sich nicht beheben.
Von der Leyen: Bereit für eine Reform ohne Tabus
Als Grundlage für mehr wirtschaftliche Sicherheit nannte von der Leyen die internationale Zusammenarbeit. “Die Instrumentalisierung von Abhängigkeiten schafft nur Verlierer”, sagte sie. Man müsse zu einem regelbasierten System zurückkehren. Im Zentrum sollte aus EU-Sicht nach einer tiefgreifenden und umfassenden Reform die Welthandelsorganisation (WTO) stehen. Die EU sei bereit, sich ohne Tabus darauf einzulassen, betonte von der Leyen.
Trump, Putin und Xi nicht dabei
Vor dem Hintergrund der Diskussionen über den Ukraine-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump hat der G20-Gipfel begonnen. Trump und dessen Regierung boykottieren das Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer. Neben dem US-Präsidenten haben unter anderem auch die Staatschefs von Russland und China, Wladimir Putin und Xi Jinping, ihre Teilnahme am ersten G20-Gipfel auf dem afrikanischen Kontinent abgesagt.
Trump reist nicht nach Johannesburg, weil er der südafrikanischen Regierung schwere Repressionen gegen weiße Farmer vorwirft. Südafrika weist die Vorwürfe als unbegründet zurück.
Südafrika will Themen Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit
Nach dem Willen von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa als Gastgeber soll es bei dem Gipfel um die Themen “Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit” gehen. Auf der offiziellen Agenda stehen unter anderem Diskussionen über die Erleichterung der Schuldenlast von Schwellen- und Entwicklungsländern, eine gerechte Energiewende, faire und saubere Nutzung seltener Mineralien, faire Lastenteilung beim Klimaschutz und Ernährungssicherheit.
Ramaphosa betonte, dass er sich als Gastgeber für die Wahrung der Integrität und des Ansehens des G20-Formats einsetzen will. Er fügte hinzu, dass die Entwicklung des Globalen Südens und des afrikanischen Kontinents auf der Agenda der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer sehr wichtig seien. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz landete Samstagfrüh in Südafrika und betonte, wie wichtig die multilaterale Abstimmung sei.
Gipfel beschließt Erklärung – trotz Warnung der USA
Der G20-Gipfel hat nach Angaben der südafrikanischen Präsidentschaft am Samstag eine Gipfelerklärung beschlossen. Der Gipfel der wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt habe die Erklärung trotz des Boykotts der USA verabschiedet, sagte der Sprecher von Ramaphosa in Johannesburg. “Wir haben das ganze Jahr auf diese Verabschiedung hingearbeitet, und die vergangene Woche war ziemlich intensiv”, sagte er.
Elemente der Erklärung sind etwa, dass die Stromerzeugungskapazität durch Erneuerbare Energien verdreifacht werden soll. Mit Sorge wird vermerkt, dass sich der Schuldendienst ärmerer Länder in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat. Bei Rohstoffen soll die Wertschöpfung in den Herkunftsländern ausgebaut werden – dies betrifft etwa die Erstverarbeitung. Die Staaten erklären sich bereit, mit den USA über deren G20-Präsidentschaft 2026 zu sprechen.
Russlands Krieg nicht ausdrücklich erwähnt
Die G20-Gruppe verurteilte den seit mehr als dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nur indirekt. In der Erklärung werden Russland oder Kremlchef Wladimir Putin nicht ausdrücklich erwähnt.
Es finden sich allerdings unmissverständliche Hinweise auf das russische Vorgehen in der Ukraine. So bekräftigt die G20-Runde, “dass alle Staaten gemäß der UN-Charta von der Androhung oder Anwendung von Gewalt zur Erlangung von Gebietsansprüchen gegen die territoriale Integrität, Souveränität oder politische Unabhängigkeit eines Staates absehen müssen”.
G20 rufen zur Achtung der Menschenrechte auf
Zudem heißt es, Staaten sollten freundschaftliche Beziehungen untereinander pflegen, unter anderem “insbesondere durch die Förderung und Stärkung der Achtung der Menschenrechte”. Putin werden im Krieg gegen die Ukraine schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.




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